Die Stadt will den Ausbau des Radwegenetzes stufenweise weiter entwickeln. Aktuell geht es in die zweite Umsetzungsstufe des städtischen Radkonzepts. Dabei soll auch der Bau von Fahrradstraßen vorangetrieben werden.
Doch der Ausbau von Fahrradstraßen dürfte zu Spannungen führen. Ob es dann zum Kulturkampf kommt Auto gegen Fahrrad wie in vielen anderen Städten, wird man abwarten. Absehbar ist aber: Der Ausbau der Fahrradstraßen dürften in so manchen Straßen mit den Parkplätzen an den Straßenrändern kollidieren.
Denn das Fahrrad soll mehr Platz bekommen. Beispiel Justinus-Kerner Straße in Villingen: Dort ist vorgesehen, Parkplätze abzubauen, damit ein Fahrradstraße durchgeführt werden kann.

Bauamtsleiterin Silvie Lamla stellte stellte die bisherigen Maßnahmen des städtischen Radverkehrskonzepts im Gemeinderat vor und gab einen Ausblick auf die bevorstehenden Maßnahmen.
Das Radverkehrskonzept soll kontinuierlich über mehrere Umsetzungsstufen weiterentwickelt werden. In der zweiten Umsetzungsstufe werden nun Markierungsmaßnahmen und die Umwidmung zu Fahrradstraßen weiter fokussiert, kündigt die Stadtverwaltung an.
Die bereits ausgewählten Vorrangrouten werden systematisch ausgebaut. Außerdem geplant: Die Installation von Dauerzählstellen, mit denen die Radverkehrströme an 365 Tagen im Jahr gemessen werden.
Nachleuchtfarben zwischen Ortschaften
Umsetzen will die Stadt auch die Idee, Verbindungsradwege zwischen den Stadtteilen und Ortschaften mit Nachtleuchtfarbe zu markieren. Um den Radfahrenden auch außerorts bessere Sicht, eine sicherere Fahrt sowie Komfort zu bieten, können die Radwege beidseitig mit einem phosphoreszierenden Begleitstreifen markiert werden. Als Testprojekt bietet sich laut Stadt der 2020 asphaltierte Mooswaldradweg in Schwenningen an.
Piktogrammketten
In der Justinus-Kerner-Straße in Villingen zwischen Kirnacher Straße und Goethestraße werden mit dem Einrichten einer Fahrradstraße keine Kfz-Parkplätze möglich sein, teilt die Stadtverwaltung mit. Das heißt: Dort werden bisherige Parkplätze wegfallen. Bis die Straßendecke in der Justinus-Kerner-Straße in den nächsten Jahren erneuert wird und eine farblich gekennzeichnete Fahrradstraße aufgemalt werden kann, sollen als Zwischenlösung Fahrradpiktogramme auf der Straße markiert werden.
Einfärbung der Radinfrastruktur
Für die nächste Umsetzungsstufe sollen hinsichtlich der Einfärbung der Radinfrastruktur sämtliche Radfahr-und Schutzstreifen überprüft werden. Im Gegensatz zu Radfahrstreifen dürfen Schutzstreifen bei Bedarf von Autofahrern überfahren werden.
Das Problem mit der Straßenbreite
Eine besondere Herausforderung bei dieser Umwidmung stellen in der Regel die Straßenbreiten dar, konstatiert die Stadtverwaltung. Wenn Autos auf beiden Straßenseiten parken, ergibt sich hieraus eine Mindestfahrbahnbreite von insgesamt neun Metern. Bei einseitigem Parken ergibt sich eine Mindestbreite der Fahrbahn von 6,25 Meter. „Im Bestandsnetz ist dies in Summe eine Herausforderung, Fahrradstraßen ohne Entfall von Parkraum anzuordnen“, heißt es in der Sitzungsvorlage. Die Stadt habe sich vorgenommen, so viel Parkplätze wie möglich zu erhalten, berichtete Bauamtsleiterin Lamla.

Doch das wird wohl nicht immer möglich sein. Aktuell prüft die Stadt die Einrichtung von Fahrradstraßen in der Sturmbühlstraße in Schwenningen zwischen Polizeihochschule und Arminstraße) sowie in Villingen in der Martin-Luther-Straße, der Schiller- und Schleicherstraße sowie in der Fördererstraße.

Für Obürgermeister Jürgen Roth ist schon jetzt absehbar: Mit der Anlegung von Fahrradstraßen werden in Zukunft sicherlich auch Parkplätze entlang der Straßen wegfallen müssen. Das dürfte dazu führen, dass parkende Autos in Nebenstraßen verdrängt werden. Die Stadt will im Vorfeld solcher Umgestaltungen die Anwohner ausführlich informieren. „Da werden wir sicher eine eiskalte Brise bekommen“, ist er sicher. Die Stadt werde dies aber im Interesse eines besseren Radverkehrs versuchen durchzufechten.
Ein besseres innerstädtisches Radwegenetz ist auch der Wunsch vieler Mitglieder des Gemeinderates. Gudrun Furtwängler (CDU) lobte die Arbeit der Stadtverwaltung, stelle aber auch fest: „Es ist ein langer und mühsamer Weg.“
Vorrang für Fahrräder verlangt
Constanze Kaiser (Grüne) kritisierte wiederum, ihre Fraktion sei „nicht zufrieden“. Ein großes Konzept sei nicht erkennbar. Das Fahrrad müsse in der Stadt „Vorrang bekommen“.
OB Jürgen Roth widersprach dieser Kritik und empfahl den Grünen, das Radwegekonzept der Stadt ausführlich zu studieren. Darin gebe es eine „ambitionierte Ausweisung von Fahrradstraßen“. Roth: „Nach meiner Wahrnehmung passiert hier sehr, sehr viel.“ Außerdem liege es in der Hand der Fraktionen, bei den Haushaltsberatungen entsprechende Finanzmittel zu beantragen.

Positiv bewertete auch Tobias Kratt (Freie Wähler) die Anstrengungen der Kommune. Aber die Umgestaltung des Straßenraums in den gewachsenen und auf das Auto zugeschnittenen Strukturen sei eine „Mammutaufgabe“. Er zeigte sich aber zuversichtlich: „Wir gehen Schritt für Schritt den richtigen Weg.“
Oskar Hahn (Grüne) setzte sich für bessere und fahrradfreundliche Ausschilderung der Radwege. Werde das Verkehrszeichen für gemischte Geh- und Radwege als Piktogramm auf den Gehweg gemalt, dann habe der Radfahrer die Wahl, hier zu fahren oder aber auf der Straße fahren zu dürfen. Außerdem sei der Radfahrer nicht gezwungen, Schrittgeschwindigkeit zu fahren.
Runder Tisch für Fahrradbeschilderung
Oberbürgermeister Jürgen Roth regte angesichts dieser Rechtsfragen die Einrichtung eines runden Tisches an, damit sich Kommunalpolitiker und Verwaltung über eine sinnvolle und konsistene Ausschilderung verständigen können. Der Vorschlag fand einhellige Zustimmung.