Dort, wo sonst im Spätsommer das Sonnenblumenfeld der Wildis bei den Villinger Bertholdshöfen zum Entspannen einlädt, stehen sie: weiße Container. Sie erinnern beinahe ein bisschen an Forschungsstationen in der Antarktis. Und geforscht wird in ihnen tatsächlich. Hier versuchen Wissenschaftler herauszufinden, wie Gewitter über dem Schwarzwald entstehen.
Dass die Region ein Brennpunkt für schwere Gewitter ist, wissen Villingen-Schwenninger spätestens seit dem schweren Hagelunwetter 2006. Projektkoordinator Lutz Beckebanze vom Karlsruher Institut für Technologie sammelt derzeit Daten, um zu klären, wie „der Schwarzwald die Gewitterbildung“ beeinflusst.
Er geht davon aus, dass ein Teil der Luft in der Rheinebene ansteigt, ein anderer um den Schwarzwald herum strömt. Dahinter erfolgt eine Vereinigung, ein Auslöser für schwere Gewitter. Derzeit steht Grundlagenforschung im Vordergrund, in ein paar Jahren könnten die Erkenntnisse aber auch die Vorhersage von Unwettern verbessern helfen.
Die Hauptaufgabe von Beckebanze und Niklas Weber, einer studentischen Hilfskraft, ist es, neugierig beäugt von Spaziergängern und Hundebesitzern, derzeit, Wetterballons steigen zu lassen. Daran hängt eine Radiosonde. Mit ihrer Hilfe können zum Beispiel Luftdruck, Luftfeuchtigkeit und Temperatur, mit einem GPS-Sender auch Windrichtung- und Windgeschwindigkeit gemessen werden.
Noch ein Ballon im Elsaß
Die Besonderheit: Wenn ein Wetterballon in den Villingen-Schwenninger Himmel steigt, wird auch gleichzeitig einer aus einer automatischen Station im Elsass entsandt. So lassen sich die Datenreihen in verschiedenen Luftsphären gut vergleichen.
Irgendwann platzt der Ballon dann, die Sonde schwebt an einem Fallschirm zurück zur Erde. Eigentlich hat sie dann ihren Dienst für die Wissenschaft getan, doch die Fundstücke rufen Sondenjäger auf den Plan. Die versuchen dann die Radiosonden zu bergen.
Beckenbanze und Weber übernachten in einem Villinger Hotel und fahren täglich an die Bertholdshöfe. Das für ihre Forschungen zentrale Gelände erhielten sie recht problemlos über das Liegenschaftsamt, denn die Stadt ist Eigentümerin des Feldes, und den Garten- und Landschaftsbauer Dietmar Wildi, der es bewirtschaftet. Aktuell lassen die Forscher dreimal pro Tag eine Radiosonde starten. Dazu füllen sie den eigentlichen Ballon mit Wasserstoff, ein paar Minuten später hängen sie die Radiosonde an.
Gibt es schon eine Gewitterwolke?
Schon vorab ist geklärt, dass keine tieffliegenden Hubschrauber den Weg kreuzen, für größere Flugzeuge ist der Wetterballon luftsicher. Es handelt sich um einen Wetterballon, wie ihn auch der Deutsche Wetterdienst Dutzende Mal über Deutschland einsetzt.
Am Effektivsten können die Daten ausgewertet werden, wenn es an dem Tag auch tatsächlich gewittert. Deswegen schauen die zwei Forscher auch hin und wieder neugierig in den Himmel: Zeigt sich eine blumenkohlähnliche Haufenwolke? Die würde das Wissenschaftlerherz erfreuen, Villingen-Schwenninger sehen sie nachvollziehbar nicht so gern.