Ina Klitz

Ob die Sonne am 5. März 1942 auch geschienen hat? An diesem Tag wurde Marian Lewicki durch den Strang an einer Eiche im Tannhörnle hingerichtet. Sein Verbrechen? Er war polnischer Zwangsarbeiter und liebte ein Mädchen aus Villingen.

Das Sühnekreuz steht seit 34 Jahren an dieser Stelle und erinnert an den von den Nazis ermordeten Polen Marian Lewicki. Er hatte sich in ...
Das Sühnekreuz steht seit 34 Jahren an dieser Stelle und erinnert an den von den Nazis ermordeten Polen Marian Lewicki. Er hatte sich in eine junge Villingerin verliebt. | Bild: Ina Klietz

Nach den damals geltenden Rassegesetzen der Nationalsozialisten war dies ein Verstoß gegen das Umgangsverbot. Darauf stand die Todesstrafe. Die 19-jährige Modistin Lina Hildegard Springmann war zu diesem Zeitpunkt bereits im Konzentrationslager in Ravensbrück. Nachdem sie auch das Konzentrationslager Ausschwitz überlebt hatte, kam sie zurück nach Villingen. Hier starb sie in den 1990er-Jahren. Ob sie jemals wieder wirklich glücklich geworden ist?

Erschreckend aktuell

Unter den 80 Teilnehmern an der Gedenkfeier am Samstag, 5. März 2022, waren auch Angehörige von Lina Hildegard Springmann. Was mit dem Mann, den sie liebte geschah, ist auch Teil ihrer Familiengeschichte. Angesichts der Ereignisse in der Ukraine gewinnt das Gedenken 80 Jahre nach der Ermordung des polnischen Zwangsarbeiters Marian Lewicki erschreckend aktuelle Bedeutung.

„Ausgangspunkt damals und heute ist der Rassismus.“
Rupert Kubon

Der ehemalige Oberbürgermeister und jetzige Vorsitzende des Geschichts- und Heimatvereins, Rupert Kubon, stellte die Frage, wie wir heute mit dem Verbrechen von damals umgehen sollen und welche Lehren wir daraus ziehen können. Er wies darauf hin, dass Rassismus damals wie heute eine soziale Funktion habe. „Wirklichen Frieden ohne Gerechtigkeit gab es nie, wird und kann es nicht geben“, erklärte der überzeugte Pazifist.

Stadtmusik begleitet die Gedenkfeier Video: Ina Klietz

Der heutige Gedenktag sei nicht nur Anlass, an die Millionen Opfer des nationalsozialistischen Rassismus zu erinnern. Er solle auch als Aufforderung verstanden werden, rassistischer Gewalt in der Ukraine und an anderen Orten unserer Welt entgegen zu treten.

Eine Aufforderung an die Zukunft

Als Vertreter der Stadt erklärte Bürgermeister Detlef Bührer, das Sühnekreuz erinnere an eine dunkle Seite der Villinger Geschichte. „Wir möchten verdeutlichen, dass das heutige Villingen-Schwenningen zu dieser dunklen Seite seiner Geschichte steht.“ Die Geschichte und das Mahnmal seien Mahnung und Aufforderung zugleich, sich für eine humane Gesellschaft und eine friedliche Gestaltung der Zukunft einzusetzen.

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Auch Bührer schlug den Bogen zu den Geschehnissen in der Ukraine. „Der Verweis von Putin, dass der Angriff der Entmilitarisierung und der Entnafizierung diene, ist zynisch und menschenverachtend.“