Da staunten 600 Katzenball-Besucher nicht schlecht: Plötzlich marschiert am Samstagabend die Villinger Bürgerwehr in der Neuen Tonhalle ein – scheinbar, zumindest. Bei genauerem Hinsehen fiel auf, dass es der Gruppe am sonst so zackigen Gesamtauftritt mangelte. Und wer dann noch genauer hinsah, der begann sich zu wundern: Reihenweise bekannte Blechtrommler der Glonki-Gilde waren es, die hinter diesem Überraschungsauftritt steckten.

Eine der wuchtigsten Villinger Fasnetgruppen hatte sich mit Villinger Traditionsuniformen verkleidet, auch bei Zunft- und Hexenball darf mit weiteren Auftritten gerechnet werden, verriet jetzt der erste Tambour des Trommlerzuges, Kevin Kempf.
Genau genommen sind die Glonkitrommler nicht als Bürgerwehr, sondern als „Biergerwehr“ losgezogen. Die insgesamt 14-köpfige Truppe spielt mit dieser Bezeichnung mit dem eigenen Image als trinkfeste Einheit. Dass sich ausgerechnet die Blechtrommler ins hochoffizielle Wams der Bürgerwehr gehüllt haben, ist eine auch in der Entstehung besondere Story: Kevin Kampf erklärt, dass das Waffenverbot des Rathauses für die Bürgerwehr vor Jahresfrist eigentlich den Anstoß dazu gegeben habe, als die Blechtrommler für die 2020er-Fasnet noch auf Mottosuche gewesen seien. Die Frage, wie der Trommlerzug an diese Verkleidung gelangen kann, wurde auf sehr besondere Weise gelöst: Man hat ganz einfach einen Nähkurs genommen. „Ja, wir haben uns das in Schwenningen zeigen lassen“, bestätigt Kempf. Der Nähkurs sei rasch zum Workshop mutiert, an drei Abenden sei die Bürgerwehrverkleidung komplett gewesen, lacht der Tambour stolz über die Handarbeits-Fähigkeiten.

Spannend wird es für die „Biergerwehr“ am kommenden Wochenende. Beim Zunftball der Narros steht dann das Aufeinandertreffen mit dem Original an. Kevin Kempf muss schmunzeln, wenn er vorab daran denkt: „Mal schauen, vielleicht schaffen wir es ja, dass sich der eine oder andere von uns in die offizielle Truppe auf die Bühne beim Einmarsch schummeln kann“, ulkt er vorab.
Beim eigenen Ball der Glonki-Gilde wolle man aber den eigenen Verein unterstützen und den Abend nicht mit dem „Biergerwehr“-Häs durcheinanderbringen, lässt der Tambour weiter durchblicken. Auch bei Villinger Umzügen sei kein Auftritt in dieser Montur geplant. „Da hätte dann vielleicht auch das Original etwas dagegen“, meint er.
Das Original winkt aber entspannt ab: „Ich habe das Samstag gesehen“, sagt Bürgerwehr-Vorsitzender Karl-Heinz Schwert. Er begreife das als Fasnet-Spaß, sagte er souverän.
Alle, die gute Kontakte in die Blechtrommler-Szene haben, sind jetzt jedenfalls fein raus: Hose zum Kürzen, Frack enger, den losgerissenen Knopf fixieren – Blechtrommler können das jetzt aus dem Eff-Eff. Nach ihren Schwenninger Kurs-Einheiten wurden sie für ihre täuschend echten Häser nämlich vom närrisch gestimmten Villinger Volk bereits gelobt. Und: Keine Angst vor der mit Bajonett bewaffenten „Biergerwehr“, wenn sie nachts im Gässle herbeimarschieren: Die Truppe ist wie immer durch und durch friedlich: „Unsere Bewaffnung ist sicherheitsauflagen-gerecht“, sagt Kevin Kempf. Wer beim Katzenmusikball am Samstag die Gruppe gesehen hat, der weiß: Die Blechtrommler schwingen eine Klinge aus Holz.