Bild 1: Französische Zedern, amerikanische Douglasien oder türkische Tannen: Sieht so der Schwarzwald der Zukunft aus?
Bild: Schönlein, Ute

Wie sieht der Wald der Zukunft aus? Das wissen 100-prozentig noch nicht einmal die Experten. Doch wohin die Reise gehen könnte, erforschen die Fachleute derzeit auf einem Versuchsfeld des städtischen Forstamts am Rande des Villinger Wohngebiets Schilterhäusle. Dort stehen auf etwa einem Hektar Douglasien, französische Zedern und türkische Tannen. Die meisten der rund 3000 Exemplare sind erst kniehoch. Manche sind erst auf dem zweiten Blick erkennbar, behaupten sich mühsam zwischen Gräsern und Brennesseln.

Forstamtsleiter Tobias Kühn vor einer französischen Zeder.
Forstamtsleiter Tobias Kühn vor einer französischen Zeder. | Bild: Hauser, Gerhard

Seit etwa einem Jahr existiert das Versuchsfeld. Forstamtsleiter Tobias Kühn hatte sich schon im Sommer 2019 auf die Suche gemacht, wenig später schlug das auch der Minister für ländlichen Raum allen waldbesitzenden Gemeinden vor. Dabei ist in Villingen-Schwenningen der Leidensdruck noch gar nicht mal so hoch. Viele halten die Doppelstadt für eine „Insel der Seeligen“, gerade wenn man die schlimme Lage am Ober- und Hochrhein betrachtet. Doch die Situation ändert sich, zwei trockene Sommer 2018/19, Spätfrost und null Millimeter Niederschlag im April: Der Klimawandel kommt auch in den höheren Lagen an, der Wald, der nicht nur Holz, sondern auch Erholung liefern soll, muss sich wandeln.

Die Bornmüller-Tanne kommt ursprünglich aus der Türkei.
Die Bornmüller-Tanne kommt ursprünglich aus der Türkei. | Bild: Hauser, Gerhard

Mit im Boot sitzt in Villingen-Schwenningen die Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt (FVA), eine inzwischen über 100 Jahre alte Einrichtung. Von ihr kommt Andreas Ehring, dessen Blick bleibt an einer dürren Douglasie hängen. Erfroren, weil sich in der Senke ein Kaltluftsee gebildet hat. Jetzt werden neue Douglasien angepflanzt, auf diesen Baum setzt Ehring viel Hoffnung, denn dass sich der Schwarzwald ändern wird, steht für ihn außer Frage. Die Douglasie, die es trocken, aber auch warm mag, könnte aus Ehrings Sicht künftig viel stärker genutzt werden, da sie auch ein begehrtes Holz liefert. Doch Monokulturen – die der deutsche Wald vor allem mit den Fichten, die derzeit extreme Probleme haben, in zwei Wellen erlebte – wird es nicht mehr geben, sehr wahrscheinlich breite sich künftig ein Mischwald aus, der an vielen Stellen auch schon im städtischen Forst auftritt, prognostizieren Kühn und Revierförster Jörg Hammes.

Andreas Ehring vor einer Douglasie. Auch dieser Baum könnte gerade in den südwestlichen Lagen des Schwarzwalds künftig öfters gepflanzt ...
Andreas Ehring vor einer Douglasie. Auch dieser Baum könnte gerade in den südwestlichen Lagen des Schwarzwalds künftig öfters gepflanzt werden. | Bild: Hauser, Gerhard

Auf dem Versuchsfeld stehen außerdem drei Zedern-Arten aus Frankreich, deren Ursprung in den marokkanischen Atlas- und Rif-Gebirge liegen und bereits im 19. Jahrhundert zum Beispiel rund um den Mont Ventoux heimisch wurden. In einem weiteren Bereich wachsen Bornmüller-Tannen aus dem türkischen Pontus-Gebirge. Den Namen gab ihnen ein thüringischer Forstwirt, der die Art zum ersten Mal beschrieb.

Amerikanische Douglasien, französische Zedern und türkische Tannen – wo bleiben da die heimischen Baumarten, werden Kritiker fragen? Darum gehe es nicht, Ziel müsse es sein, den Wald als Lebensraum zu bewahren, entgegnet Ehring. Die Alternative: zerstörte, öde Flächen. Kaum eine Baumart wird abgeschrieben, mit der Weißtanne wird ebenfalls experimentiert. Hier besorgte sich die FVA Saatgut aus deutlich trockeneren Gebieten Rumäniens und der Pyrenäen. Diese Exemplare sind allerdings nicht Teil der VS-Pflanzung.

Neue Douglasien zum Anpflanzen laden Sarah Löffler, Andreas Ehring, Tobias Kühn und Jörg Hammes ab.
Neue Douglasien zum Anpflanzen laden Sarah Löffler, Andreas Ehring, Tobias Kühn und Jörg Hammes ab. | Bild: Hauser, Gerhard

Wie geht es nun weiter? Wenn sich im VS-Forst eine geeignete Fläche anbietet, würde Kühn dort mit Zedern beginnen. „Ein Versuch“ wäre es, bei dem auch auf den Untergrund geachtet werden muss, berichtet Hammes. Am Schilterhäusle befinde sich Muschelkalk, im Germanswald Buntsandstein. Wie auch immer es ausgeht: Hammes und Kühn wissen, dass erst die nachfolgenden Generationen von den Versuchen am Rande des Schilterhäusle profitieren werden.