Groß war der Schock unter 92 Beschäftigten des Lebensmittelmarktes Real im Schwarzwald-Baar-Center: Die Geschäftsleitung verkündete am Mittwoch die Schließung des Standortes zum 30. September. Obwohl schon lange klar ist, dass Real seine Lebensmittelmärkte nicht mehr weiter betreiben wird und Käufer sucht, traf die Mitteilung alle Betroffenen wie ein Schlag. „Es flossen viele Tränen“, berichtete Markus Klemt, der zuständige Sekretär der Gewerkschaft Verdi.
„Die real GmbH gibt mit dem heutigen Tag bekannt, dass der operative Geschäftsbetrieb des real Marktes Villingen-Schwenningen, Neuer Markt 1, zum 30. September endet“, heißt es in der Pressemitteilung des Unternehmens. Dann kommt der entscheidende Satz: „Trotz aller bisherigen intensiven Bemühungen und Gespräche konnte für den Markt in Villingen-Schwenningen kein an einer Übernahme interessiertes Unternehmen gefunden werden. Aufgrund der fehlenden wirtschaftlichen Perspektive muss daher der Markt zum 30. September 2021 geschlossen werden.“
„Diese schwere Entscheidung wurde nicht ohne die eingehende Prüfung aller Möglichkeiten getroffen. Durch die schwierige wirtschaftliche Lage aufgrund sehr hoher Verluste in den vergangenen Jahren wäre eine Fortsetzung der Betreibung unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten jedoch nicht verantwortbar“, begründet der Real-Vorstandschef Bojan Luncer diesen Schritt. Für alle Mitarbeiter gelte in diesem Fall ein Sozialplan, der mit dem Real-Gesamtbetriebsrat vereinbart wurde und durch den die 92 Personen der Filiale abgesichert werden.
Am Mittwoch wurde die Belegschaft, überwiegend weibliche Beschäftigte und viele Teilzeitbeschäftigte, von der Geschäftsführung vor Ort informiert. Die kurzfristige Mitteilung hat die Mitarbeiter wie auch die Bezirksstelle der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi kalt erwischt. Gewerkschaftssekretär Markus Klemt äußerte sich schockiert über die Schließung. Er werde jetzt die Möglichkeiten eines Interessensausgleichs zwischen Belegschaft und Unternehmen prüfen, sagte Klemt. Außerdem will er mit dem Betriebsrat prüfen, ob es die Möglichkeit gibt, für die Mitarbeiter eine Transfergesellschaft einzurichten. Diese hätten damit bei laufender Lohnfortzahlung die Möglichkeit, sich fortzubilden und ein Jahr lang nach einer neuen Stelle zu suchen.
Im Moment hegt Klemt wenig Hoffnung, dass die Beschäftigten bei einem Nachfolgebetrieb die Chance auf Weiterbeschäftigung haben. „Der Wettbewerb im Lebensmittelhandel findet fast nur über die Löhne der Mitarbeiter statt“, beklagt er. Besonders ältere Beschäftigte, die etwas mehr verdienen, werden in solchen Fällen oft nicht übernommen.
Negativ überrascht äußerte sich auch Klaus Kricks, der Manager des Schwarzwald-Baar-Centers. Er stehe im ständigen Kontakt mit der Real-Geschäftsführung. Beim letzten Gespräch sei von einer Schließung keine Rede gewesen. Erstaunt zeigte sich Kricks, dass Real die Schließung bereits auf Ende September angekündigt hat. „Das entspricht nicht unserem Mietvertrag“, stellte er klar. Nach SÜDKURIER-Informationen soll Real den Mietvertrag erst vergangenes Jahr um mehrere Jahre verlängert haben. Hier liegt Konfliktpotenzial. „Das wird eine Sache für die Juristen werden“, vermutet er.
Selbstverständlich hat sich die Geschäftsleitung angesichts der Vorgeschichte längst Gedanken gemacht, wie es ohne Real weitergeht. Die Pläne für eine Neuvermietung „liegen in der Schublade“, sagte Kricks. Allerdings seien sie noch nicht spruchreif. Aber die Vermietung „dürfte kein ernsthaftes Problem sein“. Um die Zukunft des Zentrums sei ihm nicht bange. „Der Standort funktioniert“. Der Auszug des Real-Marktes und der bereits vollzogene Wegzug des Aldi-Marktes solle genutzt werden, um die Flächen im Center neu zu ordnen und zu verteilen.
Monopoly im großen Stil
Hintergrund der Schließung: Die Real GmbH, ein Tochterunternehmen der Metro AG (Düsseldorf), wurde von der Konzernmutter an die russische Investorengruppe SCP verkauft. SCP will einen Großteil der ursprünglich 279 Real-Filialen an die Lebensmittelketten Kaufland, Edeka und Globus weiterverkaufen. Bis Mitte 2022 soll der Verkauf von Real komplett abgewickelt sein. Für acht Filialen wurde bereits das Aus verkündet. Jetzt sollen weitere zehn Real-Märkte mit rund 800 Mitarbeitern komplett geschlossen werden, darunter Villingen-Schwenningen.