In der ganzen Stadt nur Tempo 30 – ist das die Zukunft? Grünen-Stadträtin Ulrike Salat stellte in der Sitzung des Technischen Ausschusses den Antrag, dass die Stadt Villingen-Schwenningen sich einer kommunalen Initiative für stadtverträglichen Verkehr anschließt und zur „Modellstadt Tempo 30“ wird. Im Gespräch mit dem SÜDKURIER erläutert sie, was genau hinter der Initiative steckt.
In Weltmetropolen schon üblich
Was in vielen europäischen Großstädten bereits gilt, unter anderem in Rom, London, Basel, Amsterdam und seit September auch in Paris, könnte möglicherweise auch bald in Villingen-Schwenningen gelten. Ulrike Salat wies in der Sitzung des Technischen Ausschusses auf eine kommunale Initiative hin, die erreichen möchte, dass Städte durch angemessene Geschwindigkeiten wieder lebenswerter werden.
Die Botschaft dahinter ist klar. „Lärm für Anwohner reduzieren, Sicherheit für Fußgänger und Radfahrer erhöhen“, fasst Ulrike Salat zusammen, was eine Reduzierung der innerorts erlaubten Höchstgeschwindigkeit von derzeit 50 auf 30 Stundenkilometer bringen würde. Und noch weitere Zusatzaspekte packt sie in ihre Aufzählung mit ein. „Die Lebensqualität für die Anwohner an viel befahrenen Straßen steigt und die Schadstoffe in der Luft werden weniger.“

Der Beitritt zu der Initiative, die bereits von rund 70 Kommunen bundesweit unterzeichnet wurde, auch etlichen aus Baden-Württemberg, darunter Freiburg, Konstanz, Friedrichshafen und Lörrach, sei deshalb notwendig, „da eine Kommune nicht selbst darüber entscheiden darf, wo sie gerne Tempo 30 hätte, sondern dass das beim Regierungspräsidium beantragt werden muss.“
„Der Verkehr würde gleichmäßiger rollen, als wenn man jedes Mal beschleunigen und wieder abbremsen muss.“Ulrike Salat, stellvertretende Fraktionssprecherin der Grünen
Ulrike Salat betont, dass „es mir nicht darum geht, den Verkehr in den Innenstädten komplett zu drosseln.“ Vielmehr solle geprüft werden, in welchen Straßen eine Reduzierung auf Tempo 30 sinnvoll sei. „In vielen Bereichen gilt ja heute bereits Tempo 30, etwa vor Kindergärten und Altenheimen.“ Dies solle man so belassen und die Reduzierung auf Straßen ausweiten, wo Anwohner direkt an stark befahrenen Straßen wohnen. „Die Hauptverkehrsadern sollen schon bei Tempo 50 belassen werden.“
Auswirkungen auf Verkehrsfluss und Schilderwald
Wie sie sagt, würde eine Temporeduzierung auch den Verkehrsfluss erhöhen. „Der Verkehr würde gleichmäßiger rollen, als wenn man jedes Mal beschleunigen und wieder abbremsen muss.“ Auch der Verkehrsschilderwald könne dadurch gelichtet werden.
Automobclub ist dagegen
Automobil- und Fahrradclubs sehen den Vorstoß für eine generelle Temporeduzierung unterschiedlich. Der ADAC begrüßt generell eine einheitliche, innerörtliche Temporegelung, „um die Verkehrssicherheit zu erhöhen und den Schilderwald zu reduzieren“, wie Clemens Bieniger, Vorsitzender des ADAC Südbaden, sagt. Tempo 30 als generelle, innerörtliche Regelgeschwindigkeit einzuführen, sei allerdings weder aus Sicherheits- noch Umweltaspekten zielführend und wäre auf Hauptverkehrsstraßen konterkarierend, um den Verkehr fließen zu lassen. „Dann wären Schleichwege durch sensible Wohngebiete attraktiv.“
Auch die Beeinträchtigungen von Bussen und Straßenbahnen seien durch Fahrzeitverluste und höhere Betriebskosten eher kontraproduktiv. Schließlich halte Bieniger den Umweltaspekt für nicht gegeben. Nach einer ADAC-Studie würde eine Tempodrosselung weder den Ausstoß von Stickoxid noch den des Klimagases Kohlendioxid reduzieren.
„Tempo 30 rettet Menschenleben“
Der Allgemeine Deutsche Fahrrad Club ADFC sowie der Fachverband Fußverkehr Deutschland (FUSS) hingegen begrüßen eine Temporeduzierung im Sinne der Erhöhung von Verkehrssicherheit und Lebensqualität ausdrücklich. „Tempo 30 rettet Menschenleben und ist der Schlüssel zu mehr Sicherheit und Klimaschutz im Verkehr“, so ADFC-Bundesgeschäftsführerin Ann-Kathrin Schneider. Bei geringerer Geschwindigkeit könnten Autofahrer das Verkehrsgeschehen besser überblicken, der Bremsweg verringere sich, die Unfallgefahr nehme ab.
So geht es in VS weiter
Der Antrag von Ulrike Salat, für den sie in der Sitzung des Technischen Ausschuss spontane Unterstützung der SPD-Fraktion erhielt, wird in einer der nächsten Sitzungen des Technischen Ausschusses beraten.