Ingrid Bartels betreibt eine Zahnarztpraxis in der Rutentalstraße in Villingen. Sie hat sechs Mitarbeiter und ist die einzige Zahnärztin. Und weil sie das ist, durfte sie nach Angaben des Gesundheitsamts trotz Kontakts zu einer Corona-positiven Person weiter arbeiten.

Pendlerquarantäne

Was war passiert? „Ich hatte einen Patienten, der drei Tage nach seinem Termin bei uns mitteilte, dass er positiv auf das Coronavirus getestet wurde“, sagt Bartels gegenüber dem SÜDKURIER. Was folgt war Quarantäne. Bei der handelte es sich aber um keine normale, sondern um die sogenannte Pendlerquarantäne: „Das bedeutet, dass ich nur von zu Hause zur Arbeit und zurück darf. Mit dem Hund Gassi gehen darf ich aber nicht“, sagt Bartels weiter.

Ingrid Bartels ist Zahnärztin aus Villingen.
Ingrid Bartels ist Zahnärztin aus Villingen. | Bild: Praxis

Was dagegen erlaubt ist, ist die Behandlung von Patienten. „Ich dachte mir: Das kann doch nicht wahr sein. Ich hatte Kontakt zu einer infizierten Person, darf aber weiter andere Menschen behandeln, die, wie beim Zahnarzt üblich, den Mund auf haben.“

Bartels wandte sich ans Gesundheitsamt des Schwarzwald-Baar-Kreises und fragte genauer nach. Dort hieß es: „Nach interner Rücksprache stimmen wir unter folgenden Voraussetzungen der Pendlerquarantäne zu: Der Arbeitsweg zu Ihrer Praxis muss auf direktem Wege, ohne Zwischen- oder Tankstopps erfolgen, Ihre berufliche Tätigkeit muss dauerhaft unter Vollschutz (FFP2-Maske, Schutzbrille, Handschuhe und Kittel) durchgeführt werden, regelmäßige Durchführung von Schnelltesten vor Arbeitsbeginn.“

Viele Absagen

Die Tests hat Bartels jeden Tag durchgeführt, sie waren immer negativ. Außerdem führte sie ein Quarantäne-Protokoll, wie es vorgeschrieben ist. Ihren Patienten hat sie aber abgesagt. „Ich habe gegenüber den Patienten und meinen sechs Mitarbeitern eine Verantwortung“, sagt sie. Pro Tag hat sie eigenen Angaben zufolge zwischen 20 und 30 Patienten, absagen musste sie Termine für zehn Tage.

Die Folge aus der Entscheidung: Geht es nach der Corona-Verordnung, wird Bartels für die finanziellen Ausfälle, die ihr entstanden sind, nicht entschädigt. „Das ist nur der Fall, wenn die Quarantäne behördlich angeordnet wurde“, sagt Marc Zimmermann, Arbeitsrechtler aus Villingen.

Das könnte Sie auch interessieren

„Ich persönlich kann nicht verstehen, warum bei einer Zahnärztin überhaupt eine Pendlerquarantäne angeordnet wurde“, sagt Zimmermann. Generell besteht laut dem Anwalt das Problem darin, dass es zu kaum einem arbeitsrechtlichen Problem im Bezug auf Corona eine höchstrichterliche Rechtssprechung gibt. Der Zahnärztin rät Zimmermann im Zweifel zu versuchen, die finanziellen Einbußen vor Gericht anzufechten.

Das muss Bartels zum Glück aber nicht mehr: „Ich habe jüngst einen Brief der Polizei in meinem Postfach gehabt. In dem steht, dass ich eine Absonderungspflicht vom 23. April bis 3. Mai hatte.“ Heißt: Da im Nachhinein nun doch eine behördliche Anordnung zur Vollquarantäne kam, werden etwaige finanzielle Einbußen entschädigt. Und noch besser als diese Nachricht: „Mir geht es nach wie vor gut. Meine Quarantäne ist vorbei und ich wurde nie positiv auf das Coronavirus getestet“, sagt die Villinger Zahnärztin abschließend.