Im Stadtbrunnen vor dem Haus ein kurzes Bad nehmen, durch die Gassen stromern, bis zum Uhufelsen oder dem Aussichtssturm auf der Wanne laufen. Und das alles allein oder mit Freunden, ganz ohne Helikoptereltern, von der Rosengasse 20 aus.

Der 69-jährige Roland Flaig erinnert sich noch gut an diese unbeschwerte, wenn auch nicht immer einfache Zeit, als er im Zentrum Villingens aufwuchs. Nun, nach beinahe 70 Jahren, bedeutet das Jahr 2024 für die Familie einen markanten Einschnitt. Die Flaigs haben das charakteristische Eckgebäude verkauft. Es soll jetzt saniert werden.

Was das Haus besonders macht

Das Haus ist aus vielerlei Hinsicht besonders: Zur Bogengasse hin liegt ein verwunschener Garten, an dessen Stirnseite ein Stadtbrunnen, der noch von Flaigs Vater Waldemar, der mit einer eigenen Werkstätte Fensterbauer war, instandgesetzt wurde. Das Gebäude selbst ist sehr alt – bis in das 14. Jahrhundert reichen die Ursprünge zurück, wie das Denkmalamt jetzt wieder feststellte.

Die Fassade ist inzwischen mit Efeu bewachsen.
Die Fassade ist inzwischen mit Efeu bewachsen. | Bild: Roland Flaig

Die Flaigs wurden 1957 Rosengässler, das Haus war „eigentlich immer Baustelle“, erinnert sich Roland Flaig, es wurde aus-, an- und umgebaut. Neue Räume entstanden, ein Mitarbeiter des Vaters musste untergebracht, Zimmer für die vier Kinder hergerichtet werden. In den 1960er Jahren wurde ein schöner Kachelofen herausgeschlagen, was Roland Flaig im Nachhinein bedauert.

So sieht das Haus in der Rosengase von innen aus.
So sieht das Haus in der Rosengase von innen aus. | Bild: Roland Flaig

Vom Funktionsgebäude zum Rückzugsort

Ursprünglich dürfte das Gebäude ein Bauernhaus gewesen sein, vermutet er. Dafür spricht der riesige Speicher, eine ideale Lagerfläche. Im Garten steht ein Anbau, vielleicht wurde dort ein Fuhrwerk untergebracht. Im offenen Bereich wurden Nutzpflanzen gezogen, später, mit der Herrichtung des Brunnens, machten seine Eltern einen mediterran geprägten Rückzugsort daraus.

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Mit dem Aufstieg der Färberstraße zur Kneipenmeile vermüllten Nachtschwärmer den Garten öfters. Vater Waldemar lag das Ambiente dieses Platzes, direkt am Durchgang zur Innenstadt, jedoch immer am Herzen. Anfang der 1980er Jahre säuberte er zunächst in Eigeninitiative, dann auch mit Unterstützung der Stadtverwaltung den Brunnen. Er errichtete eine Sandsteinmauer und ließ ein Mosaik in den Boden ein.

Nicht alltäglich: der einsehbare Garten mitten in der Stadt.
Nicht alltäglich: der einsehbare Garten mitten in der Stadt. | Bild: Roland Flaig

Doch Waldemar Flaig hatte nicht nur eine handwerkliche, sondern auch eine künstlerische Ader. Er war der Neffe des gleichnamigen Villinger Expressionisten, der in den 1920er Jahren aus der Zähringerstadt an den Bodensee zog. So zierten das Haus in der Rosengasse viele Bilder, eigene, aber auch den einen oder anderen echten Flaig, einige Fasnachtsschemen, denn Roland Flaigs Vater war als Zehnjähriger bei der Gründung der Glonkis dabei. Die fünfte Jahreszeit in all ihren Facetten liebte er.

Haus geräumt

Nun ist das sanierungsbedürftige Haus ausgeräumt, nachdem Vater, Mutter und zuletzt die Schwester gestorben waren. Roland Flaig konnte und wollte es allein nicht halten, zwei Brüder wohnen nicht mehr hier.

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Rösser als Namensgeber

Doch die Erinnerung bleibt, immerhin lebte die Familie beinahe sieben Jahrzehnte in der Rosengasse, deren Name sich übrigens nicht von der Pflanze, sondern eher von den Tieren herleitet. Rösser wurden in diesem Gebiet der alten Stadt tatsächlich einmal gezüchtet.