Als Mitte Januar der Vulkan Hunga Tonga-Hunga Ha‘apai unter dem Wasser ausbrach, erfuhr man 16.000 Kilometer entfernt in Europa erst einen Tag später von diesem Ereignis. Dabei konnten Seismologen rund um den Erdball wie bei einem Erdbeben auch Ort und Stärke der Erschütterungen schon früh bestimmen. Aber wer hätte gedacht, dass solch ein Vulkanausbruch auf der anderen Seite der Erdkugel auch im Schwarzwald eine Luftdruckveränderung bewirkt?

Nein, für uns Menschen zu spüren war das natürlich nicht, aber die Sensoren im Hahn-Schickard-Institut in Villingen-Schwenningen konnten dieses Ereignis messen. Unter dem Oberbegriff intelligentes Internet der Dinge (auf Englisch Intelligent Internet of Things, abgekürzt IIoT) werden im Institut Sensoren aller Art entwickelt und gebaut, um Größen wie Temperatur, Feuchtigkeit, Helligkeit und eben auch Luftdruck messen zu können. Solche IIoT-Sensoren sind sehr klein, stromsparend und miteinander vernetzt.
Bei Hahn-Schickard sind unter Federführung von Professor Axel Sikora solche Sensoren aus der hauseigenen Entwicklung im Reinraum des Instituts installiert. Solche Räume müssen sehr präzise klimatisiert und überwacht werden. Sikoras wissenschaftlicher Mitarbeiter Marcus Rüb hat deshalb mittels künstlicher Intelligenz entsprechende Algorithmen entwickelt, um jede noch so kleinste Anomalie automatisch erkennen und melden zu können.
Und so kam es, dass rund 15 Stunden nach dem eigentlichen Vulkanausbruch Sikoras Sensor eine unerwartete und kurze Luftdruckänderung von nur zwei Hektopascal gemeldet hat. Aus den Daten anderen Sensoren konnte man auch feststellen, dass diese kurze und unscheinbare Mini-Druckwelle aus dem Norden kam.

Und nach 21 Stunden lösten die Sensoren dann erneut aus. Dieses Mal kam eine etwas kleinere Druckwelle aus dem Süden.
Nachdem dieses Phänomen auch von anderen Wissenschaftlern in aller Welt festgestellt wurde, kam man dann auch sehr schnell zu der Erkenntnis, dass sich die Druckwelle der Eruption mehrfach um den gesamten Erdball bewegt haben musste.
„Das muss schon ein ziemlicher Rums gewesen sein, dass wir das hier sogar bei uns im Reinraum messen können“, wunderte sich Sikora anfänglich. Inzwischen ist klar, dass dieser Ausbruch einer der heftigsten seit über 30 Jahren war.

Für Menschen direkt war hierzulande also rein gar nichts zu spüren und selbst im Rauschen der Sensor-Daten würde solch ein kurzes Ereignis untergehen. Erst die Vernetzung vieler Sensoren und entsprechende Auswertungsprogramme, basierend auf künstlicher Intelligenz, machen das scheinbar Unfühlbare auch im Schwarzwald bemerkbar. Und das, obwohl es sich 15 Stunden zuvor auf der anderen Seite des Erdballs zugetragen hat.