Millionen Fans fieberten mit, als die deutschen Fußball-Frauen bei der Europameisterschaft im Sommer bis ins Finale stürmten. Der Hype war enorm. Doch wie viel davon kommt in der Oberliga an, in der seit dieser Saison der Aufsteiger SV Deggenhausertal dem Hegauer FV, langjähriger Leuchtturm des Bezirks, Konkurrenz macht?
Trainer Willi Prosen vom SV Deggenhausertal merkt von einem Boom bislang wenig. Er kritisiert die geringe Medienpräsenz von Frauenfußball abseits der Welt- und Europameisterschaften. „Um so einen Hype fortzusetzen, müsste die Berichterstattungen durchgezogen werden“, sagt er. Vor der Heimspiel-Premiere am Sonntag um 14 Uhr gegen Neuenstein organisiert der Verein selbst eine Saisoneröffnung mit Musik und Frühschoppen ab 10 Uhr, um für mehr Aufmerksamkeit zu sorgen.

Auch Michaela Ruff, Trainerin beim Hegauer FV, sagt: „Wir merken bei unseren Damen noch nichts von diesem Boom. Wir sind aber auch leistungsorientiert unterwegs, neue Spielerinnen beginnen niedriger.“ Zum Beispiel bei den Bambinis des Vereins, die einen etwas größeren Zulauf an Mädchen haben als normal. „Ich weiß aber nicht, ob das an der EM oder unserer Werbung in den Schulen liegt.“ Mehr Fans seien zum ersten Heimspiel gegen den 1. FC Mühlhausen auch nicht gekommen.
Oberliga stärker als vergangene Saison
Obwohl bei diesem zwei Stammspielerinnen fehlten, feierte der Hegauer FV einen 2:0-Sieg. „Einstellung und Kampf haben gestimmt. Aber wir mussten mit drei neuen Spielerinnen aus dem Jugendbereich antreten. Man hat die Aufregung gemerkt, spielerisch passte deshalb noch nicht alles.“ Die Neuen will sie erst einmal an Mannschaft und Liga heranführen. „Die Liga ist durch zwei sehr gute Aufsteiger und drei Absteiger aus der Regionalliga deutlich stärker als in der Vorsaison. Das wird brutal. Unser Ziel kann nur der Klassenerhalt sein.“
Am Sonntag um 14 Uhr geht es für Hegauerinnen auswärts gegen Absteiger Crailsheim. „Ich erwarte eine starke Mannschaft, die sicher direkt wieder nach oben will“, sagt Ruff. Sie rechnet sich nach dem Auftaktsieg aber gute Chancen aus, da mit Marla Bönsch und Malin Feldt zwei starke Spielerinnen zurückkommen. „Unser Ziel ist, Punkte mitzunehmen.“
Danach geht es auswärts gegen den VfB Stuttgart, eine „totale Unbekannte“, so Ruff, da sie nicht wisse, wie viel vom VfB schon investiert wurde. „Das sind zwei schwere Auswärtsaufgaben. Wir werden alles geben“, verspricht sie.

Ein weiteres Highlight wartet zum Hinrunden-Ende am 26. November: Das Derby gegen Aufsteiger SV Deggenhausertal. „Das wird super, ich freue mich auf die beiden Spiele. Wir wollen in den beiden Derbys zeigen, dass wir die Nummer Eins im Bezirk sind“, gibt Ruff die Marschroute vor. Dessen Trainer Willi Prosen sagt: „Rivalität ist da, aber auch Freundschaft. Hegau hat sich da etwas aufgebaut, wovor wir Respekt haben. Da wollen wir jetzt auch Schritt für Schritt hin, um ein zweites Aushängeschild am Bodensee zu werden.“
Durchwachsene Vorbereitung des SV Deggenhausertal
Der Weg dorthin? Gar nicht so einfach. „Die Vorbereitung lief durchwachsen. Der Kreuzbandriss unserer Spielmacherin Janina Friese war ein Schock, das hat alles getrübt“, erklärt er. Zudem fehlt die Langzeit-Verletzte Annika Rößler bis zum Ende der Hinrunde. „Wir haben einen kleinen Kader, Verletzungen sind da schwer zu kompensieren. Das geht nur über Teamspirit und Zusammenhalt.“
Helfen sollen dabei die vier Neuzugänge aus der aufgelösten Uhldinger Frauenmannschaft: Greta Neumann, Ronja Komm, Verena Fischer und Anne Keisoglu. Dazu kam aus der Jugend Laura Frick.
Spielerinnen noch nicht an Oberliga-Tempo gewöhnt
Zum Auftakt erlitt der SVD jedoch eine herbe 0:4-Niederlage gegen Derendingen. „Einige Spielerinnen haben gemerkt, dass der Schritt in die Oberliga doch größer ist als gedacht. Es geht robuster zu, Fehler werden direkt bestraft, ein ganz anderes Tempo. Daran müssen wir uns erst noch gewöhnen.“ Dennoch sollen gegen den TSV Neuenstein die ersten Punkte her. „Und mittelfristig wollen wir uns an die Liga gewöhnen und den Klassenerhalt schaffen.“