Vor wenigen Wochen sorgte die Nachricht von der Hodenkrebs-Erkrankung des neuen Dortmunder Stürmer-Stars Sébastien Haller für einen Schock bei vielen Fußball-Fans. Mit einem ähnlichen Schicksalsschlag hatte zuletzt auch ein anderer Profifußballer zu kämpfen: Omar Sijaric, der beim Zweitliga-Absteiger Erzgebirge Aue unter Vertrag steht.
Dass der gebürtige Pfullendorfer in den ersten Partien der neuen Saison in der 3. Liga noch nicht wieder mitwirken konnte, ist nebensächlich. Viel wichtiger ist für sein Umfeld und ihn, dass er gesund ist.
Dass dies auch im Alter von 20 Jahren keine Selbstverständlichkeit ist, musste der offensive Mittelfeldspieler in den vergangenen Monaten erfahren. Hinter Sijaric liegt eine schwere Zeit, nun spricht er erstmals über seine Erkrankung.
Positiver Test bei der Doping-Kontrolle
Im Dezember 2021 ruft ihn sein Mannschaftsarzt an. Der Grund: Sijaric war im Spiel zuvor einer Doping-Kontrolle zugelost worden. Im Profibereich ist das nicht ungewöhnlich. Dass das Ergebnis positiv ausfällt, allerdings schon. „Unser Mannschaftsarzt hat mich gefragt, ob ich was genommen habe. Mit einem positiven Dopingtest wird man ja auch gesperrt. Doch das war nicht der Fall, ich habe seine Frage verneint. Da wusste er dann sofort, dass etwas nicht stimmen kann“, erzählt der 20-Jährige über das Telefonat, das sein Leben für die folgenden Monate verändert.

Tumor im Bauch – ein Schock
Denn Sijaric weilt zu diesem Zeitpunkt gerade noch in seiner Heimat Pfullendorf, muss dann aber sofort nach Aue, um sich von den Medizinern dort durchchecken zu lassen. Wenige Tage später ist die Ursache des positiven Doping-Tests klar: Sijaric hat einen Tumor im Bauch – wahrscheinlich schon viele Jahre, wie sich herausstellt. Ein Schock.

Für seine Familie, seine Mannschaftskollegen, seine Freunde, für ihn selbst. Denn der Tumor ist bösartig und lässt sich ohne Chemotherapien nicht einfach wegoperieren. Acht mal acht Zentimeter ist er groß – ein Geschwulst fast so groß wie ein Tennisball. Und eines, das da eben nicht hingehört.
Trotz der schlimmen Diagnose geht geht sein Blick sofort nach vorne: „Mir wurde schnell geholfen, Mut zugesprochen. Die Heilungschancen waren von Anfang an extrem gut“, sagt Sijaric. Dass er überhaupt zur Dopingkontrolle musste, sei letztlich „Glück im Unglück“ gewesen.
Jeden Tag „ein bisschen mehr abschließen“
Omar Sijaric bezeichnet sich selbst als „Typ, der niemals aufgeben würde“. Mit dieser Einstellung startet er also auch ins Jahr 2022. „Ich habe die Krankheit als Aufgabe gesehen und wollte Tag für Tag ein bisschen mehr damit abschließen. Das ist mir gut gelungen“, sagt er. Allerdings ist nach der für ihn persönlich guten Hinrunde in der 2. Liga mit 16 Einsätzen – davon sogar acht Mal in der Startelf – natürlich an Fußball in diesen Monaten nicht zu denken.

Fast ausschließlich im Krankenhaus
Mehrere Zyklen mit Chemotherapien, vier Operationen, zwischendurch dann auch noch eine 16 (!) Tage lange Corona-Infektion. „Es gab schon Phasen, in denen ich total schlapp war und keine Kraft hatte“, blickt er zurück. Vier Monate verbringt er fast ausschließlich im Krankenhaus. Zumindest schlägt die Therapie gut an. „Ich hatte verhältnismäßig wenige Beschwerden, auch wenn meine Blutwerte nach dem zweiten Zyklus mal voll in den Keller gerutscht sind. Selbst der Haarausfall war bei mir über weite Strecken nicht so extrem.“
Omar Sijaric will zurückkehren
Hadern mit dem Schicksal kommt für den Pfullendorfer sowieso nie in Frage. Schließlich trifft er in dieser Zeit Menschen im Krankenhaus mit „viel schlimmeren Krankheiten. Man hört und sieht immer wieder Leute, die einen krassen Therapieplan haben und denen es echt extrem schlecht geht“, erzählt er und reflektiert: „Man schätzt schnell die kleinen Dinge im Leben und merkt, wie wichtig die Gesundheit ist. Und dass es nicht selbstverständlich ist, gesund zu sein.“
Während seiner Erkrankung ist für den leidenschaftlichen Kicker klar, dass er wieder Fußball spielen möchte. „Die Angst, durch den Tumor aufhören zu müssen, war nie da. Ich habe es von Anfang an als längere fußballfreie Zeit gesehen. Für mich bestand kein Zweifel, dass ich für meine Rückkehr kämpfen werde.“ Das sei ja nicht anderes als bei einem Kreuzbandriss.
Wann dürfen die Fans von Erzgebirge Aue und sein Umfeld also mit dem Comeback rechnen? „Ich bin seit Ende Juni schon wieder im Aufbautraining“, sagt er. Wann er zur Mannschaft stoßen wird, wisse er aber noch nicht. Denn seinem Körper müsse er jetzt einfach Zeit geben. Der 20-Jährige ist in jedem Fall „überglücklich, wieder nah beim Team zu sein. Ich habe unglaublich viel Lust, zu trainieren und Fußball zu spielen.“ An diesem Mittwoch wird sich bei einem Medizin-Check zeigen, ob er schon wieder spielfähig, erzählt Sijaric.
Sijaric schlüpft als Erster ins neue Trikot
Für die Präsentation des neuen Trikots hatte der Drittligist Erzgebirge Aue vor der Saison Omar Sijaric ausgewählt. „Ich habe die Leute im Verein gefragt, ob sie wirklich für die Trikotpräsentation einen ohne Haare wollen“, erzählt er und lacht dabei. Seinen Humor hat er definitiv nicht verloren.
Dem Klub ist er dankbar, denn auch das sei für ihn ein weiteres positives Zeichen: „Als Erster ins Trikot schlüpfen zu dürfen, war ein schönes Gefühl“, sagt Sijaric, der nun nicht nur für sich, sondern vor allem für seine Familie und Freunde Gas geben will: „Sie standen extrem hinter mir, das hat mich echt bewegt.“