Die Winterpause ist vorbei, auf den Fußballplätzen in der Region wird wieder trainiert. Für die meisten Amateur-Spieler beginnt in den kommenden Tagen die Rückrunde. Nicht für Marcel Brack, auch wenn der Mann aus dem Pfullendorfer Ortsteil Denkingen im Linzgau mit 24 Jahren seine besten Fußballerjahre eigentlich noch vor sich haben sollte. Brack ist offiziell noch immer defensiver Mittelfeldspieler bei seinem Heimatverein, der sich seit Jahren in der Landesliga (Staffel 3) etabliert hat.

Verdacht auf Knochenkrebs

Aber eben nur noch offiziell. Tatsächlich endete seine aktive Karriere am 12. April 2021. An alles kann sich Brack nicht mehr erinnern, was an diesem und den folgenden Tagen geschah. Vieles ist aber ins Gedächtnis geschrieben, auf alle Zeit.

Es war ein Dienstag, weiß der 24-Jährige noch ganz genau. Von Friedrichshafen fährt er nach Pfullendorf, um mit dem Orthopäden über die Auswertung der MRT-Bilder zu sprechen. Beim Joggen verspürte er in den Wochen zuvor immer wieder Schmerzen im rechten Knie. Ein Meniskusriss? Oder vielleicht die Bänder? Die vorläufige Diagnose ist dann viel erschreckender: Verdacht auf ein Osteosarkom, ein bösartiger Knochentumor.

Biopsie bereits drei Tage später

Im Anschluss geht es Schlag auf Schlag. Bereits drei Tage später wird in der Uniklinik in Ulm eine Biopsie gemacht, bei der ein Stück seines Knochens zur Probe entnommen wird. „Der Arzt war sich an diesem Freitag schon sehr sicher. Und für mich war dann klar, dass ich Knochenkrebs habe“, erinnert sich Brack, der zu diesem Zeitpunkt „einfach nur Leere“ verspürt. Nur wenige Tage später folgt die traurige Gewissheit: es ist Krebs. Die Diagnose ist ein Schock. Für ihn, für seine Familie, für seine Freunde und Mitspieler.

Zumindest ergeben die anschließenden Untersuchungen, dass der Tumor noch nicht gestreut hat – die Behandlungsmöglichkeiten sind also verhältnismäßig gut. Durchschnaufen. Etwas Hoffnung, nicht vom schlimmsten ausgehen. Am 8. Mai, ausgerechnet an seinem 24. Geburtstag, bekommt Marcel Brack die erste seiner letztlich 18 Chemotherapien, die sein Leben retten soll.

Schwere Zeit mit Knochenkrebs

Der Beginn einer schweren Zeit. Brack hat Schmerzen, die Haare fallen aus, selbst die Augenbrauen verschwinden. Der Fußballer versucht, positiv zu bleiben. Mit dem Schicksal zu hadern, das bringt ja auch nichts. „Ich habe von Beginn an gesagt, ich ziehe das durch. Und meine Familie und engsten Freunde haben mir viel Kraft gegeben und mir immer signalisiert, dass ich nicht alleine bin“, sagt der 24-Jährige, der aber auch anmerkt: „Die Chemotherapien haben brutal geschlaucht.“

18 Chemotherapien

Marcel Brack verbringt etliche Wochen in Kliniken. Verdammter Krebs. Er beißt sich durch. Durch alle 18 Chemotherapien. Auch durch eine Operation im Juli in München. Denn das Osteosarkom im unteren Oberschenkel hat zu dem Zeitpunkt bereits das rechte Knie angegriffen. Der 24-Jährige bekommt eine Tumorprothese, ein künstliches Kniegelenk. Ein weiterer Rückschlag, denn die Ärzte raten ihm aufgrund der Prothese, mit dem Fußballspielen aufzuhören.

Marcel Brack (links) im Trikot des SV Denkingen gegen den FC Singen (Niklas Vogt) im Oktober 2019.
Marcel Brack (links) im Trikot des SV Denkingen gegen den FC Singen (Niklas Vogt) im Oktober 2019. | Bild: Fischer, Eugen

Aber was ist schon Fußball, wenn es um das eigene Leben geht? „Ich habe auf meiner Klinik-Station viele Kinder gesehen, die jünger waren als ich und denen es noch schlechter ging als mir. Da lernt man ganz schnell, die kleinen Dinge im Leben viel mehr wertzuschätzen“, sagt Brack, der am 21. Dezember 2021 seine letzte Chemo bekommt. „Auf die 18. Chemo habe ich übertrieben gesagt hingefiebert. Denn ich war guter Dinge und wollte alles einfach nur noch hinter mich bringen“, erinnert er sich.

Brack veröffentlicht seine Geschichte in den sozialen Netzwerken

In den vergangenen Wochen geht es für ihn endlich bergauf. Er fühlt sich von Tag zu Tag besser, ist glücklich, gilt als geheilt. Er hat wieder Haare auf dem Kopf, an den Seiten konnte er sogar schon nachschneiden lassen. Den Schrecken der vergangenen Monate schildert er in einer Geschichte mit dem Titel „Better Days“ – bessere Tage.

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Er veröffentlicht sie in den sozialen Netzwerken. „Das hat mir geholfen, das Geschehene zu verarbeiten. Zudem möchte ich anderen Menschen, die ebenfalls mit einem schweren Schicksalsschlag kämpfen, Mut machen“, sagt er. Viele positive Rückmeldungen habe er nach der Veröffentlichung erhalten. Auch von Leuten, von denen er es nicht erwartet hatte. „Das war atemberaubend“, sagt er.

Ein neuer Lebensabschnitt

Dass derzeit wieder gekickt wird, er aber selbst nicht mehr mit auf dem Platz stehen kann, akzeptiert er. Es gibt Wichtigeres im Leben, viel Wichtigeres: Er plant eine Aktion für Kinder, die an Krebs erkrankt sind. „Ich weiß noch nicht genau, wie ich mich einbringen kann beziehungsweise inwiefern ich helfen kann, aber auf jeden Fall möchte ich was starten“, sagt der Denkinger, für den nun ein neuer Lebensabschnitt beginnt.

Denn der studierte Wirtschaftsingenieur wird ab 1. März eine neue Arbeitsstelle antreten und in einem Monat nach Ravensburg in eine WG ziehen. „Ich freue mich“, sagt der 24-Jährige.

Weiterhin beim SV Denkingen aktiv

Und ganz ohne den Fußball geht es dann doch nicht. „Der Fußball wird für mich weiterhin präsent sein, nur eben anders“, sagt er. Beim SV Denkingen kümmert er sich wie schon vor der Krebsdiagnose um das Sponsoring. Und vielleicht macht er in den kommenden Jahren eine Trainerlizenz, um jungen Talenten sein Wissen weitergeben zu können. „Das reizt mich. Ganz ohne Fußball geht es auf jeden Fall nicht“, sagt er mit Blick auf die anstehende Rückrunde. „Ich freue mich, wenn es bei meinen Kumpels wieder losgeht, auch wenn ich nur als Zuschauer dabei sein kann.“

Alles Gute, Marcel Brack.