Fußball: Über 22 Jahre war der Begriff Unabsteigbar bundesweit eng mit dem Bundesligisten VfL Bochum verbunden. In den Jahren 1971 bis 1993 zogen die Bochumer immer wieder den Kopf aus der Schlinge. Im Fußball-Bezirk Schwarzwald trifft der Begriff Unabsteigbar zu großen Teilen auf den FC Neustadt zu.

Fast immer gezittert

In den vergangenen acht Spielzeiten zitterten die Hochschwarzwälder mit Ausnahme der Saison 2021/22 immer um den Ligaerhalt, der spätestens am vorletzten Spieltag auch gelang. „Wir machen das nicht absichtlich, um die Spannung hochzuhalten“, sagt Sport-Vorstand Rolf Eckert. Umso größer sei die Freude, wenn es schließlich doch gelingt.

Starke Jahre in der Verbandsliga

Seit Jahrzehnten spielt der FC Neustadt ohne Unterbrechungen überbezirklich. Zwischenzeitlich gab es, auch durch den Einsatz von finanziellen Mitteln, starke Jahre in der Verbandsliga. Die Zeiten sind längst vorbei und jedes weitere Jahr Landesliga im Jahnstadion ist ein großer Erfolg.

„Abstiegskampf kann man sicherlich nicht lernen. Wichtig ist aus meiner Sicht, in prekären Situationen die Ruhe und Nerven zu bewahren und nicht in Panikattacken zu verfallen“, ergänzt Eckert. So hat Neustadt auch in Zeiten des ausbleibenden Erfolgs in den vergangenen Jahren nie einen Trainer entlassen, immer auf Kontinuität gesetzt und als Team daran gearbeitet, bessere sportliche Tage einzuleiten.

Rolf Eckert.
Rolf Eckert. | Bild: privat

Neustadt hat sich längst daran gewöhnt, mit einem kleinen Budget zu arbeiten. Neuzugänge kommen in den Wechselperioden eher aus dem eigenen Nachwuchs oder von umliegenden Vereinen in unteren Ligen. „Wir versuchen, unsere Mittel sinnvoll einzusetzen. Einkaufsaktionen von Spielern, um den sportlichen Erfolg zu steigern, sind da nicht eingeplant“, fügt Eckert an.

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Auch bei der Auswahl der Trainer wird in erster Linie im eigenen Teich gefischt. Florian Heitzmann, Sascha Waldvogel oder der aktuelle Trainer Tobias Gutscher haben alle jahrelang das blaue Trikot getragen.

Alle drei eint dabei das Ziel, jungen Spielern eine Chance zu geben, sich in den Erfolg des Vereins einzubringen und die Spieler sowie sich selbst zu entwickeln. Aktuell beträgt das Durchschnittsalter des Kaders für die Saison 2025/26 rund 23 Jahre.

Sportlich ein Leben auf der Kante

Der jährliche Überlebenskampf in der Landesliga hat in Neustadt längst das Zusammengehörigkeitsgefühl gefestigt. Laut Eckert haben die Spieler, Trainer, Betreuer, Physiotherapeuten sowie der Platzwart alle ihren Anteil daran, dass die Hochschwarzwälder immer wieder die Ligazugehörigkeit geschafft haben.

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„Wir sind uns bewusst, dass es sportlich ein Leben auf der Kante ist. Viel Arbeit und ein großer Aufwand auch in der Freizeit gehören dazu. Letztendlich geht es auch nur über den Faktor Motivation“, ergänzt Eckert und ist sich durchaus bewusst, dass die Saison einmal kommen könnte, in der es vielleicht nicht mehr reicht, zumal in den vergangenen Jahren aus den Bezirksligen Mannschaften gekommen sind, für die es um mehr als nur um den Klassenerhalt geht.

Für Eckert hat die Liga diesbezüglich an Fahrt aufgenommen, eine neue Dynamik erhalten und ist qualitativ stärker geworden.

Zusammenhalt als großes Pfund

Der FC Neustadt ist es seit Jahren gewohnt, kleine Brötchen zu backen. Die Zuschauer akzeptieren es, weil auch sie wissen, dass die Einnahmen aus dem Sponsorenbereich in erster Linie in die Ausrüstungen fließen und der Verein abseits des grünes Rasens bei Festivitäten den Etat auffüllen muss. Auch hier zeige sich der Zusammenhalt, denn kein Spieler sei sich zu schade, sich selbst hinter den Grill zu stellen oder benutzte Biergläser abzuwaschen.

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„Wir haben uns mit unserer sportlichen Situation in den vergangenen Jahren engagiert. Wir werden mit Sicherheit auch in der neuen Saison nicht im vorderen Drittel der Liga mitmischen. Es kann auch wieder ganz eng werden. Vielleicht ist es ein Vorteil für Spieler und Mannschaft, dass sie die Situation aus den vergangenen Jahren kennen. Wir werden einmal mehr ruhig und sachlich alles bewerten“, fügt Eckert an.

Gutscher kennt den Club aus dem Effeff

Der neue Trainer Tobias Gutscher, der zuletzt zwei Jahre beim A-Kreisligisten SV Titisee gespielt hat, davor aber ausschließlich beim FC Neustadt, kennt als Spieler die besseren Jahre, jedoch auch die aktuelle Situation. „Abstiegskampf lernen möchten wir eher nicht. Als Spieler weiß ich, dass diese Situationen für den Kopf immer schwierig sind“, sagt der 32-jährige Gutscher, der in seiner Premierensaison als Trainer gerne den Abstiegskampf vermeiden möchte.

„Egal was kommt, unser Zusammenhalt ist ein Pfund, mit dem wir wuchern wollen. Da fallen auch nie böse Worte. Wir kennen unsere Situation und ich möchte das Thema auch nicht den Spielern ständig vortragen. Wir wollen uns entwickeln, um eine Zittersaison zu vermeiden“, ergänzt der Trainer, der zuletzt ein Fernstudium im Bereich Scouting erfolgreich abgeschlossen hat.