Fußball: Auf der Talwiese wächst etwas heran – in den vergangenen Jahren stets ein Ausdruck für die positive Entwicklung des 1. FC Rielasingen-Arlen hin zum Aushängeschild des Fußball-Bezirks Bodensee als höchstklassiger Verein. Von Wachstum kann im Moment allerdings keine Rede sein. Wie bei allen Amateurvereinen herrscht durch die Coronakrise Stillstand beim Oberligisten. Einzig das Unkraut wuchert und hat schon zum Teil die Treppe der Geschäftsstelle verdeckt. „Man sieht, dass hier zurzeit wenig Betrieb ist“, meint Oliver Hennemann, als er die Stufen hinaufsteigt und die Tür des weißen Containerbaus aufschließt.

Wenig Hoffnung auf reguläres Saisonende

Bis dagegen Gras über die Coronakrise gewachsen ist, wird es noch seine Zeit dauern. Davon ist auch der Sportvorstand des 1. FC überzeugt. „Es ist schwer, Prognosen zu treffen. Aber ich glaube kaum, dass diese Saison regulär zu Ende gespielt werden kann,“ sagt der 40-Jährige.

Suche nach gerechter Lösung

Falls ein vorzeitiges Saisonende beschlossen werden würde, hält Hennemann die Hinrundentabelle als Grundlage für Auf- und Abstiegsregelungen für das fairste Mittel. „Natürlich hätten wir einen Vorteil, da wir bei dieser Rechnung den Klassenerhalt geschafft hätten. Ich denke aber, dass es eine gerechte Lösung wäre, da bei dieser Konstellation die Tabelle nach ausgetragenen Partien ausgeglichen wäre und jede Mannschaft je einmal gegen die anderen Clubs gespielt hätte“, erläutert der hauptberufliche Gymnasiallehrer.

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Andere Modelle, wie die Beendigung der Saison ohne Ab-, dafür aber mit Aufsteigern in die höheren Ligen, würden sich seiner Meinung nach zu sehr auf die folgenden Spielzeiten auswirken, zum Beispiel mit zu großen Mannschaftsstärken in einzelnen Klassen.

Fokus auf Pokalspiele

Was den Verbands-Pokal anbelangt, hofft Hennemann, dass sein Team das ursprünglich auf den 4. April angesetzte Halbfinalspiel beim VfR Stockach noch austragen kann. „SBFV-Vertreter haben uns gegenüber signalisiert, dass in der kommenden DFB-Pokalrunde natürlich auch ein südbadischer Verein dabei sein sollte. Da es ja nur noch drei Spiele im Verbandspokal sind, sollte das vielleicht auch möglich sein“, glaubt er.

Fitness-Programm für Spieler

Sportlich konzentriert sich Hennemann in diesen Tagen auf die Kaderplanungen für die nächste Saison. Die Spieler fit zu halten für die Zeit nach Corona, das ist Aufgabe von Chefcoach Michael Schilling und Konditionstrainer Florian Köhle. Schon früh haben die beiden für die Kicker auf Standby ein Fitness-Programm für zuhause entwickelt. Drei Einheiten pro Woche stehen auf dem Programm, darunter Lauftraining mit vorgegebenen Intervallen. Per Handy oder Pulsuhr werden die Daten jedes Spielers gemessen, sodass das Trainerteam den Überblick über den Leistungsstand behalten kann.

Videokonferenzen und Taktikschulung

„Was die Fitness anbelangt, mache ich mir keine Sorgen“, sagt Hennemann. „Die Jungs könnten jetzt wahrscheinlich alle problemlos bei einem Halbmarathon mitmachen“, glaubt er. Um den direkten Kontakt zu den Spielern halten zu können, führt die Vereinsführung zusammen mit den Trainern zudem einmal pro Woche eine Videokonferenz durch. Auch Taktikschulung steht auf dem Programm. „Dennoch freuen wir uns riesig auf den Tag, an dem der Ball wieder rollt und wir wieder auf der Talwiese trainieren und spielen können. Wir vermissen den Fußball“, sagt Hennemann, dessen schwierigste Aufgabe es derzeit ist, mit dem Rest der Vorstandschaft Lösungen für die finanziellen Probleme durch die Corona-Krise zu finden.

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Kürzungen für Spieler

Da sich der 1. FC als Oberligist im Grenzbereich zwischen Amateur- und Profifußball bewegt, trifft der Shutdown die Rielasinger noch härter als viele andere Vereine im Bezirk, die ihren Spielern Aufwandsentschädigungen zahlen. „Wir haben ausschließlich Vertragsamateure im Kader. Die Spieler haben sich bereit erklärt, auf einen Teil zu verzichten und erhalten vom Staat einen Ausgleich. Das ist dennoch für einige ein herber Verlust“, rechnet der BWL-Lehrer vor. Der Verein stockt daher weiterhin das Gehalt auf. Außerdem hat der Club durch den Einsatz des Finanzvorstands Andreas Dietrich auch die Soforthilfe des Landes Baden-Württemberg beantragt.

Sportvorstand Oliver Hennemann in der Geschäftsstelle des 1. FC Rielasingen-Arlen.
Sportvorstand Oliver Hennemann in der Geschäftsstelle des 1. FC Rielasingen-Arlen. | Bild: Waibel, Markus

Dennoch ein finanzieller Kraftakt für den Club, da ungewiss ist, wie lange die Sponsoren dem Verein die Treue trotz Fußballpause halten können. Dass der 1. FC Rielasingen-Arlen mit dem Unternehmen des Präsidenten und renommierten Finanzfachmanns Peter Dreide einen potenten Hauptsponsor hat, will Hennemann nicht verschweigen. „Es kann aber nicht sein, dass einer alles stemmen muss. Das funktioniert nicht. Die Last muss auf mehrere Schultern verteilt werden.“

Umdenken nötig

Dass die Krise für ein Umdenken in Sachen Spielergehälter sorgen könnte, ist die große Hoffnung von Oliver Hennemann – auch im Amateurfußball. „Wenn ein junger Spieler zu uns kommen will und mich als erstes fragt, wie viel Geld er bei uns bekommt, stimmt was nicht. Das ist nicht gesund für den Fußball“, glaubt er. Weniger Unternehmen, wieder mehr Verein – so stellt sich Oliver Hennemann den 1. FC Rielasingen-Arlen in der Post-Corona-Zeit vor. Mit Spielern, die auf die Talwiese kommen, um Fußball zu spielen, die sich mit dem Verein identifizieren und mit Leben erfüllen und das Gehalt als Nebensache sehen. Hennemann selbst geht als gutes Beispiel voran und verzichtet während der Krise komplett auf finanzielle Zuwendungen durch den Club. So trägt er persönlich dazu bei, dass trotz Krise vielleicht bald wieder etwas anderes als Unkraut auf der Talwiese heranwachsen kann.