Verena Schmitz ist eine echte Senkrechtstarterin. Seit fünf Jahren geht es für die Konstanzerin steil bergauf – Stufe für Stufe. Seit einem Zufallserfolg vor fünf Jahren hat sich die 39-Jährige zur erfolgreichsten deutschen Treppenläuferin gemausert.
Vor wenigen Tagen hat die Sportwissenschaftlerin ihre Saison mit Rang vier beim Shanghai Tower International Vertical Marathon beendet. Für die 3398 Stufen und 119 Etagen benötigte Schmitz gerade einmal 23,33 Minuten. „Ganz knapp mit drei Punkten Vorsprung habe ich dann auch noch völlig unerwartet die Frauen-Gesamtwertung der Towerrunning Tour 2023 gewonnen“, sagt Schmitz, „ein unglaubliches Gefühl!“
Am Anfang ihrer Laufbahn in luftige Höhen stand im Frühjahr 2018 ein entscheidender Familienausflug zum Testturm nach Rottweil. Als die Schmitz‘ aus 232 Metern Höhe auf den Schwarzwald blickten, sagte Verenas Vater: „Wenn es hier einen Treppenlauf gibt, dann will ich mitmachen.“ Gesagt, getan. Die Tochter war begeistert, ging im Herbst auch an den Start und war sofort „dem Towerrunning verfallen“. Nur ein Jahr später gewann sie die erste ihrer vier Deutschen Meisterschaften.
Weitere vier Jahre später war in diesem Jahr der erste Wettkampf im April im spanischen Benidorm geplant, doch „dann hatte ich mich ganz spontan im März in Warschau angemeldet“, sagt Schmitz. Der Formtest am Ort der letztjährigen Europameisterschaft verlief mit Rang drei so gut, dass die Konstanzerin hochmotiviert in die folgenden Läufe ging.
Im Gran Hotel Bali, dem höchsten Hotel Europas, lief sie in Benidorm über 936 Stufen und 52 Stockwerke mit einer Sekunde Rückstand auf Platz zwei, in Bad Wildbad sicherte Schmitz sich den Sieg, als sie die gesamte Konkurrenz auf der „Wahnsinnstreppe“ mit 1987 Stufen entlang der Sommerbergbahn hinter sich ließ. Beim Frankfurter Messeturmlauf verteidigte die 39-Jährige den Titel und verbesserte ihre Bestzeit vom Vorjahressieg.
Die Deutsche Meisterschaft in Köln sicherte sie sich mit Streckenrekord, anschließend belegte Schmitz Platz zwei im Mixed-Team. Beim Heimspiel in Rottweil wurde die Süddeutsche, die für den Verein Towerrunning Germany startet, Zweite. Die beiden letzten Stationen dieser Saison waren dann zwei besondere: der Empire State Building Run Up in New York, wo nur die Italienerin Valentina Belotti schneller war als Schmitz, die sich ihr Hobby Leistungssport mit der eigenen Urlaubskasse finanziert, und das Finale in Shanghai.
Der Gipfel wäre der WM-Titel
Den Gipfel ihres Schaffens hat die Konstanzerin aber auch mit fast 40 Jahren noch nicht erreicht. Den Winter über wird sie wieder hart trainieren, im heimischen Treppenhaus für die kürzeren Läufe und im Singener Hegau Tower für die langen Treppen. Schließlich steht am 4. Mai 2024 die Weltmeisterschaft im Taipei 101, bis 2007 der höchste Wolkenkratzer der Welt, in ihrem Kalender. 2046 Stufen und 91 Stockwerke gilt es dann zu erklimmen.
Mehr als der WM-Titel geht nicht, auch nicht für die Nummer eins des Jahres 2023, die Konstanzer Senkrechtstarterin Verena Schmitz.