Radsport: – So vieles ist neu im Leben von Nico Denz. Der 25-jährige Radprofi aus Albbruck wechselte zum 1. Januar vom französischen Team Ag2r La Mondiale zu Sunweb – einem Team mit deutscher Lizenz und niederländischen Strukturen. Außerdem hat Denz im Oktober seine Freundin Janin geheiratet. Privat und beruflich hat er also sein Leben neu geordnet.
Von 2012 bis Ende 2019 hatte Nico Denz nicht nur sein Französisch, sondern auch seine Qualitäten als Radsportler bei Ag2r La Mondiale verbessert. Im Jahr 2015 hatten ihm die Franzosen einen Profivertrag angeboten. Die Chance packte er am Schopf. Im Team hinterließ er nicht nur wegen seiner angriffslustigen Fahrweise und seinen Klassiker-Qualitäten einen positiven Eindruck.
Als Helfer für seine Kapitäne war er gefragt, stellte sich dabei stets in den Dienst der Mannschaft. Beim Giro d‘Italia 2018 verpasster als Zweiter nur knapp einen Etappensieg, bei der EM kurz danach hatte er den Sieg vor Augen, musste aber nach einem Sturz mit dem neunten Platz zufrieden sein. Dafür gelang ihm bei der Tour de Vendée sein erster Sieg als Profi.

Jetzt also der Wechsel zu Sunweb, auch ein Pro-Tour-Team der höchsten Kategorie. Seine ersten Eindrücke hat Denz bereits gesammelt. Und diese sind sehr positiv. „Ich fühle mich wohl. Nach sieben Jahren in Frankreich ist es einfach schön, mal etwas ganz Neues zu sehen“, sagt er und fügt hinzu: „Das ist eine total andere Welt.“ Alles werde bis ins kleine Detail geplant und analysiert.
Schon im Dezember begann der Aufbau mit einem ersten Trainingslager in Calpe bei Alicante auf spanischem Festland. Zuvor hatte er nach seiner Hochzeit in den Flitterwochen auf Bali das Strandleben genossen, ehe er ins neue rote Trikot von Sunweb schlüpfte. Weihnachten durfte er im Kreise seiner Familie feiern. Fehlte sein Rad noch unterm Tannenbaum, hatte er es wenige Tage danach schon als Sondergepäck für seinen Flug nach Mallorca aufgegeben. Auf seiner Lieblingsinsel erlebte Nico Denz mit Janin, seinen Eltern, Bruder Timo sowie Freunden die Tage über Silvester und Neujahr. „Wir hatten eine Finca gemietet und eine Menge Spaß. Ich habe aber auch trainiert“, versichert er. Klar: in dieser Aufbauzeit für eine neue Saison in einem neuen Team kann und will er sich nicht bequem zurücklehnen.
Kurz nach seinem privaten Abstecher nach Mallorca stand auch schon das zweite Trainingslager von Sunweb in Calpe auf dem Programm. Das Gebiet an der spanischen Costa Blanca ist mittlerweile das feste Ziel vieler Profi-Teams. Nach dieser achttägigen Trainingseinheit darf Nico Denz fünf Tage nach Hause, ehe sich alle Fahrer der Mannschaft in Belgien die Strecken der Frühjahrs-Klassiker anschauen. Die Kopfsteinpflaster-Passagen der Flandern-Rundfahrt unter die Lupe zu nehmen und sich innerlich darauf vorzubereiten – das ist der Sinn und Zweck dieser Übung.
Mit den frischen Erfahrungen im Gepäck geht es zurück zu einer dritten und letzten Trainingseinheit vom 23. bis 31. Januar nach Calpe. Die erste Bewährungsprobe für Denz und seine neuen Teamkameraden steht dann Ende Februar bei der Algarve-Rundfahrt in Portugal an. Spätestens dann wird entschieden werden, bei welchen Frühjahrsklassikern Denz in die Pedale treten darf. „Auf den Klassikern liegt zunächst der Fokus“, sagt Denz. Bei Mailand – San Remo würde er gern starten, natürlich auch bei der berüchtigten Kopfsteinpflaster-Plackerei zwischen Paris und Roubaix sowie der nicht weniger anspruchsvollen Flandern-Rundfahrt. Selbst ein Start beim Amstel Gold Race Ende April ist dieses Jahr für den Albbrucker möglich.
Spätestens danach werden die neuen Aufgaben, Strukturen und Rollen der Fahrer im Team Sunweb definiert sein. Die Mannschaft hat sich für diese Saison neu aufgestellt, setzt verstärkt auf junge Fahrer. Nach den Abgängen der Niederländer Tom Dumoulin, Giro-Sieger und Zeitfahr-Weltmeister von 2017 (Karriereende) und Lennard Kämna (zu Bora–hansgrohe) wurden der Freiburger Jasha Sütterlin (27) vom Team Movistar und eben Nico Denz von Ag2r verpflichtet. 13 Fahrer – also etwa die Hälfte der Mannschaft – sind höchstens 23 Jahre alt. Denz und Sütterlin zählen da fast schon zu den Routiniers. Vor allem freut sich Denz darauf, dass er wieder einmal Deutsch sprechen darf: „Die meisten Fahrer sind Deutsche und Niederländer.“
Nach den Klassikern wird entschieden, welche Fahrer für die großen Rundfahrten in Italien, Frankreich und Spanien nominiert werden. Nico Denz könnte sich vorstellen, zumindest bei einer Grand Tour zu fahren. Ob es Giro, Tour de France oder Vuelta sein wird? Giro und Vuelta kennt er schon. Die Tour de France wäre noch Neuland für ihn. Ein Traum war sie schon immer. Aber daran denkt er noch nicht, wenn er seine Trainingskilometer in Spanien herunter spult.