Die Arbeit mit dem Nachwuchs hat ihm schon immer Spaß gemacht. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass Daniel Pietzke in unserer Region vor allem als Trainer des A-Kreisligisten Spvgg. Wutöschingen bekannt ist. Natürlich arbeitet er gern für seinen Heimatverein, um diesem „etwas zurückzugeben“. Bei dem Verein hat er als Kind mit dem Fußballspielen begonnen. Hier hat er sich wohl gefühlt. Deswegen war es für ihn eine Ehrensache, auszuhelfen, als die Wutachtäler im Sommer 2019 keinen Nachfolger für Holger Kostenbader gefunden hatten, den es als Trainer zur A-Jugend des FC Tiengen 08 zog.
„Eine Trainingseinheit und das Spiel am Wochenende schaffe ich schon“, scherzt Pietzke und weiß, dass er in seinem Co-Trainer Manuel Merk einen zuverlässigen Mann an seiner Seite hat. Gewissermaßen in Teilzeit arbeitet Daniel Pietzke aber seit mittlerweile sieben Jahren in der Schweizer Nachbarschaft im Nachwuchsfußball.
In die Ostschweiz hatte es ihn gezogen – zum FC St. Gallen. Dort war er zunächst Assistent der U11-Mannschaft des Vereins. Dann folgten weitere Stationen wie der Posten als Cheftrainer beim Stützpunkt in Wil im Kanton St. Gallen. Als Angestellter des Thurgauer Fußballverbands war er am Stützpunkt Thurgau Cheftrainer der U13, dann zwei Jahre lang Cheftrainer der U14, und seit zwei Jahren ist er Cheftrainer der U12 und Koordinator der drei Stützpunkte der U11 im Thurgau.
Wöchentlich vier Trainingseinheiten und dazu zehn Stunden administrative Arbeiten – da ist Pietzke beim Nachwuchs des Verbands gut beschäftigt. Eine Vollzeitstelle hatte er im Marketing der Profis beim FC St. Gallen. So war er damals auch in die Schweiz gezogen, wo er bis vor kurzem in Arborn bei St. Gallen lebte.
„Jetzt bin ich aber wieder zurück, weil ich mich beruflich verändert habe“, erklärt Pietzke. Im Kanton Aargau ist er nun im Bereich Baustoffe und Gipserei tätig. Er wohnt in Leibstadt – also fast an der Grenze. Zum Training nach Wutöschingen hat er es gar nicht mehr so weit. Auch zu seinen beiden Töchtern Michelle (21) und Emma-Zoe (15), die bei ihrer Mutter in Villingen leben, ist der Weg ein bisschen kürzer geworden.

Nicht missen will er aber weiter seine Arbeit beim Thurgauer Fußballverband. Einerseits ist er vom besonderen Nachwuchskonzept der Schweizer überzeugt, andererseits bietet ihm seine Aufgabe als Ausbilder mehr als nur die Arbeit auf dem Fußballplatz.
Viel pädagogisches Geschick ist gefragt, wenn es darum geht, für jedes Kind den passenden Weg für dessen sportliche Zukunft zu finden. „Wir müssen schon bei einem Zwölfjährigen erkennen, ob er das Potenzial für das Fußball-Campus des FC St. Gallen hat.“ Der Verein startet ab der U15 mit seinen Teams. Hat ein Junge das Zeug für eine Profikarriere oder nicht? Die Frage entscheidet Pietzke auch in enger Abstimmung mit den Eltern der Kinder und Jugendlichen. Der Fußball-Ausbilder in der Schweiz trägt viel Verantwortung für die Entwicklung eines Talents.
Die Verantwortung bei der fußballerischen Ausbildung ist groß, denn der Fußball ist dies- und jenseits der Grenze anders geworden. „Die Entwicklung läuft nicht in eine positive Richtung“, beklagt Pietzke vor allem eine gewisse Oberflächlichkeit. Fußball ist meistens nicht mehr die Nummer Eins bei Kindern, Jugendlichen und Aktiven. Vor allem die Bedeutung des Vereins sei leider nicht mehr so groß wie früher. Pietzke: „Man identifiziert sich nicht mehr mit dem Verein. Das Vereinsleben ist auch bei uns am Aussterben.“
Daniel Pietzke: „Konkurrenz für den Fußball ist die Spielekonsole und Social Media“
Woran liegt‘s? An der zunehmenden Konkurrenz durch andere Sportarten oder Vereine? Pietzke denkt, dass das nicht zutreffe: „Konkurrenz für den Fußball ist die Spielekonsole, Social Media oder ganz allgemein das Internet.“ Das Smartphone sei omnipräsent und aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken. „Bei uns in Wutöschingen habe ich ein Handyverbot in der Kabine durchgesetzt“, will er in dieser Hinsicht zumindest etwas gegensteuern.
Auch der Zusammenhalt einer Mannschaft sei oft nicht mehr vorhanden. Vielleicht noch auf dem Platz – gerade so. Das war‘s dann aber auch. Viele Spieler verschwinden nach Training und Spiel. Die Freundin warte bisweilen schon neben dem Platz, und statt an einen gemeinsamen Tisch mit den Kollegen im Vereinsheim gehe jeder seine eigenen Wege. Individualismus statt Mannschaftsgeist und Geselligkeit.
Viele Jugendliche kehren dem Fußball und ihrem Verein schon in ihrer Zeit als Jugendspieler den Rücken. „Bis in ein paar Jahren müssen Vereine fusionieren, da sie noch weniger Nachwuchs als heute haben. Da gibt es gar keine Alternative.“
Blickt da ein Fußballtrainer ganz pessimistisch in die Zukunft? So düster will Pietzke die Zukunft des Vereinsfußballs zu Beginn eines Jahres nicht ausmalen. Die Liebe zum Fußball hat er nicht verloren. Vielleicht kann er in seiner Arbeit als Trainer den ein oder anderen Jugendlichen noch für die „schönste Nebensache der Welt“ begeistern.