Zwischendurch muss Michael Baur immer wieder einmal schlucken: „Du läufst über den Platz und willst nicht glauben, was du da siehst“, fehlen dem Vorsitzenden des FC Bernau immer wieder die Worte: „Warum macht man so etwas? Ich verstehe es einfach nicht.“ Der Kunstrasenplatz des B-Kreisligisten aus dem Hochschwarzwald ist übersät von braunen und schwarzen Flecken: „Wie hoch der Schaden ist, können wir im Augenblick nicht beziffern“, muss Baur die Analyse des herbei gerufenen Experten abwarten.
Den zweiten Samstag im neuen Jahr wird der 34-Jährige so schnell nicht vergessen. Am späten Nachmittag stand er fassungslos am Sportplatz, sah leuchtend roten Feuerschein und ein Riesen-Ballyhoo. Die komplette Fläche schien zu brennen. Eine ausgelassen feiernde Gruppe, deren Stärke zwischen 100 und 150 Personen geschätzt wurde, steht im dringenden Verdacht, den 2009 gebauten Kunstrasenplatz in ein optisches Inferno verwandelt zu haben. Ein Bild, das unter anderen Umständen vielleicht sogar etwas Schönes gehabt hätte: „Aber doch nicht auf einem Kunstrasenplatz“, schüttelt Michael Baur noch immer ungläubig den Kopf.
Fassungslosigkeit im Bernauer Hochtal
Zustimmung gibt es von amtlicher Seite: „Es ist unglaublich, dass Menschen, die sich als Fußballfans bezeichnen, ihre Mission gerade Gegenteil bewirken, wenn sie einem kleinen Amateurverein so etwas Furchtbares antun“, stellt sich Bürgermeister Alexander Schönemann eng an die Seite seiner Fußballer. Der 41-Jährige hat selbst als Jugendlicher bei den Bernauern gekickt, damals noch auf dem Hartplatz an gleicher Stelle: „Es herrscht eine große Fassungslosigkeit im Dorf, dass so etwas völlig Sinnloses passiert ist.“

Dabei hatte der Nachmittag ganz harmlos begonnen. Eine aus mehreren europäischen Ländern angereiste Gruppe machte sich von den Unterkünften auf den Weg zum Sportzentrum: „Es waren Ultras eines marokkanischen Vereins, die hier ein Wintercamp veranstaltet haben“, erklärt Manuel Baur, der früh von Wintercampern, deren Wohnwagen direkt neben dem Platz stehen, alarmiert worden war: „Ich kam zum Sportplatz und sah die Gruppe oben am Hang und nahm Kontakt auf. Es herrschte eine gute Atmosphäre und meine Bitte, keine Abfälle zu hinterlassen und nichts kaputt zu machen, wurde positiv angenommen.“
Ermittlungen wegen Verstoß gegen Sprengstoffgesetz
Doch nicht viel später klingelte sein Handy erneut, dieses Mal wurde es ernst für den seit zwei Jahren amtierenden Vorsitzenden: „Man sagte mir, dass der Platz brennt“, so Baur, der umgehend wieder an den Ort des Geschehens eilte: „Es war unbeschreiblich: Fackeln, Feuerwerkskörper, Bengalos – es war ein komplettes Flammenmeer.“

Auch eine Polizeistreife war alarmiert: „Kaum tauchte deren Auto auf, verschwanden die Personen blitzschnell von der Bildfläche. Es war fast nicht möglich, jemanden zu erwischen“, so Baur. Zurück blieben Unmengen an Müll, abgebrannte Fackeln und Feuerwerkskörper. Und vor allem unzählige Brandstellen auf dem Kunstrasenbelag.

„Die Kollegen des Postens in St. Blasien ermitteln wegen Verstößen gegen das Sprengstoffgesetz und wegen Sachbeschädigung“, bestätigt Thorsten Stauch. Der Polizeisprecher ist selbst Fußballer mit Herzblut gewesen und fühlt mit dem Verein: „Es ist kein leichtes Unterfangen, zumal die fraglichen Personen bereits in ihre Heimatländer abgereist sind. Aber ich kann den Bernauer Fußballern versichern, dass die Kollegen ihr Bestes tun, um mögliche Täter zu ermitteln.“
Dass die Verursacher gefunden werden, ist für Michael Baur oberstes Ziel, wenn er auch wenig Hoffnung hat. Der Bernauer steht für den 1955 gegründeten Verein wie wenige. Jugendspieler war er, Aktivspieler sowieso. Seit Jahren sitzt er im Vorstand, engagierte sich als Nachwuchstrainer. Fast auf den Tag genau drei Jahre vor dem Platzfrevel zeichnete ihn der Deutsche Fußballbund als „Fußballheld in Südbaden“ aus. Eine Urkunde, die nach dem Geschehen vom Wochenende fast schon ihren Glanz verloren hat, denn das von ihm gelebte Ehrenamt wurde mit Füßen getreten.

Statt sich auf die Rückrunde zu freuen, heißt es für Michael Baur und das Vorstandsteam nun, die Weichen neu zu stellen: „Momentan ist der Platz unbespielbar“, blickt er mit Sorge auf den in rund sechs Wochen anstehenden Trainingsbeginn: „Wir haben drei Aktivmannschaften und Nachwuchs bis hinauf zu den B-Junioren. Da müssen wir Lösungen finden“, so Baur, der in Sachen Sportplatz anderes im Sinn hatte: „Unser Plan war es, erst das Clubheim zu sanieren und zu erweitern“, erzählt er: „In drei, vier Jahren wäre ein neuer Kunstrasenplatz erst spruchreif gewesen.“
Reparatur oder vorgezogener Neubau?
Nun gelte es, den Schadensbericht der Fachfirma und die Rückmeldung der Versicherungen abzuwarten: „Die Kosten für eine Reparatur müssen im Verhältnis zu einem Neubau stehen“, sagt auch Alexander Schönemann: „Entscheiden muss letztlich der Verein, wie es weitergeht. Die Verantwortlichen wissen jedoch, dass sie mit der Gemeinde rechnen können.“

So weit ist Michael Baur – so kurz nach dem Schadensfall – noch nicht. Aber ein Gedanke ist ihm schon gleich durch den Kopf geschossen: „Wahrscheinlich wäre es das Beste, einen Zaun um die Sportanlage zu ziehen.“ Eine zusätzliche Investition, die schnell im mittleren fünfstelligen Bereich verortet werden muss. Aber ein zweites Mal möchte beim FC Bernau niemand eine derartige Überraschung erleben.