Wenn Rudolf Friedrich Fleig auf dem Fußball-Platz nach einem Pfiff eingreift, vergibt er keine Frei- oder Strafstöße und verteilt auch keine Gelbe oder Rote Karte, sondern Denkanstöße. Der 74-Jährige ist nicht als Unparteiischer im Einsatz, sondern als Großvater.

Denn im Mittelpunkt bei jeder Entscheidung auf dem Platz und damit manchmal auch im Visier von unzufriedenen Zuschauern stehen seine Enkel Benedikt, Lukas und Jonas. Alle drei lieben den Fußball, und alle drei lieben das Schiedsrichterdasein.

Beginn im Jahr 2012

Angefangen hat für die drei aus dem Brigachtal stammenden Brüder alles 2012, als Benedikt, der älteste der drei Geschwister, gemeinsam mit dem mittleren Bruder Lukas eine Laufbahn als Unparteiischer ans Herz gelegt wurde.

„Unser damaliger Jugendtrainer hat mich und zwei Freunde damals überredet, dass wir uns zu einem Lehrgang anmelden. Als Benedikt das erfuhr, machte er dann auch gleich mit“, erinnert sich Lukas. Und wie es bei jüngeren Geschwistern manchmal so ist, eiferte auch bald der jüngste Fleig, Jonas, seinen älteren Brüdern nach – und begann 2020 mit 14 Jahren seine eigene Schiedsrichterkarriere. Trotz seines späteren Einstiegs hat Jonas in kürzester Zeit den Aufstieg bis in die U17-Bundesliga geschafft und gilt als großes Talent – alle drei Brüder haben sich mit der Pfeife mittlerweile einen Namen im südbadischen Raum gemacht.

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Möglich wurde das vor allem durch einen großen Unterstützer: Opa Rudolf. Früher fuhr er erst Lukas und Benedikt, später Jonas zu jedem Sportplatz – und nahm sich, wenn nötig, Zuschauer, die mit den Entscheidungen seiner noch jungen Schiedsrichter-Enkeln unzufrieden waren, zur Brust.

„Ohne ihn wäre das alles kaum möglich gewesen. Gleichzeitig ist er auch unser größter Kritiker, aber auch unser größter Motivator“, sind sich alle drei einig. Mittlerweile kann der „Chauffeur“ kürzer treten, da alle drei ihren Führerschein haben und selbst zu ihren Einsatzorten fahren können – wenngleich es Opa Rudolf nicht davon abhält, noch immer Spiele vom Seitenrand aus zu verfolgen.

Schon einiges erlebt

Auf dem Platz haben die Fleig-Brüder in ihrer Schiedsrichterkarriere schon einiges miterlebt. So erinnert sich Benedikt an ein Spiel aus dem Jahr 2020 in der Oberliga bei den Stuttgarter Kickers. Er fungierte damals als Linienrichter. Nach dem zwischenzeitlichen 2:0 der Kickers gegen Nöttingen war der Aufschrei groß: Die Nöttinger hatten zuvor aufgrund einer Verletzung den Ball ins Aus gespielt. Die Kickers verzichteten jedoch auf das Fair-Play und schossen den Ball ins Tor. Der Trainer der Stuttgarter wollte dies nicht so stehen lassen und befahl seinem Team direkt nach dem Anstoß ein Eigentor zu schießen, was sie dann auch machten. „Das war damals schon sehr kurios, auch für mich als Assistent. Das erlebt man auch nicht jeden Tag“, so Benedikt.

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Dass der Job als Schiedsrichter aber nicht nur Höhepunkte, sondern auch seine Schattenseiten hat, wissen alle drei. So kann sich Lukas an eine eher unschöne Situation erinnern. Bei einem Pokalspiel in Blumberg wurde er körperlich angegangen und sogar bespuckt. „Für mich war das damals ein totaler Schock. Es braucht dann auch immer ein wenig, bis man das dann wirklich realisiert. Der Verband mit dem Bezirksobmann hat mir damals sehr geholfen.“

Denkt man bei solchen Vorfällen nicht auch daran, die Schiedsrichterei ganz hinzuwerfen? Alle drei schütteln mit dem Kopf. „Natürlich will man auf solche Vorfälle am liebsten ganz verzichten. Die Leidenschaft ist aber zu groß, um aufzuhören. Für mich gibt es nichts Schöneres, als nach einem Spiel mit den Teams ins Clubhaus zu sitzen und sich über die Partie auszutauschen“, meint Jonas.

Bruder Lukas tritt mittlerweile schon kürzer mit der Spielleitung, aber nicht aus negativen, sondern vielmehr positiven Gründen. In zwei Monaten wird er seine Partnerin heiraten, und hat dann einfach nicht mehr die Zeit, um 80 bis 90 Spiele in der Saison zu pfeifen.

Ganz aufhören will auch der mittlere der drei Geschwister nicht, schließlich verfolgt er mit Benedikt und Jonas ein gemeinsames Ziel. Der große Wunsch der Schiedsrichter-Brüder aus dem Brigachtal: Eine Partie mit der Spielleitung nur von Familie Fleig. Natürlich mit Opa Rudolf am Seitenrand.