Zwei Teams aus einer Stadt in der Verbandsliga, das ist eher selten. Zuletzt gab es das in der Spielzeit 2006/07 mit dem FC Wollmatingen und dem FC Konstanz. Aber dass mit dem ESV Südstern Singen und dem Türkischen SV Singen zwei direkte Nachbarn zeitgleich in die höchste Liga Südbadens aufsteigen, ist ein Novum.
Der Türkische SV ist nach der souveränen Landesliga-Meisterschaft und dem Verbandsliga-Abstieg des FC Singen 04 die neue Nummer eins in der Hohentwielstadt. Und die Art und Weise, wie das Team von Trainer Ali Günes in der vergangenen Runde auftrat, legt nahe, dass es sich rasch in der Verbandsliga etablieren wird.
„Unser Ziel ist ein einstelliger Tabellenplatz“, so die Vorgabe von Sigi Özcan, der seit neun Jahren Teammanager und daher ein wichtiger Baustein des Erfolgs ist. Mit ihm ging es aus der Kreisliga A bis in die Verbandsliga. Auf einen anderen Erfolgsfaktor weist der Teammanager hin: „Wir sind stolz darauf, dass wir mit Ali Günes einen früheren Ex-Profi als Trainer gewinnen konnten. Er macht hier eine sehr gute Arbeit!“
Hamdushi wechselt zum Rivalen
Etwa zehn Abgängen steht die gleiche Anzahl an Zugängen gegenüber, sodass Trainer Günes mit seinem Team in einer Findungsphase steckt, auch wenn ein leistungsstarker Stamm weiter zur Verfügung steht. Garant für die Meisterschaft war die stabile Abwehr, die in 30 Landesligaspielen nur 18 Gegentreffer zuließ. Das Herzstück dabei war das Abwehrzentrum, in dem Spielführer Gani Hamdushi eine wichtige Rolle spielte. Ihn verliert der Meister, er schließt sich dem ESV Südstern an.
Doch um das Abwehrzentrum dürfte sich Günes wenig Sorgen machen, konnten mit Daniel Niedermann und Denis Hoxha doch erfahrene Defensivkräfte gewonnen werden. Und in der Offensive hofft man, dass Abdoulie Mboob, der vom Regionalliga-Aufsteiger FC 08 Villingen kommt, den Abgang von Alessandro Fiore Tapia (zum VfR Stockach) mehr als kompensieren kann.
„Wir haben nicht nur Spieler für diese Saison geholt, sondern eher langfristig geplant“, sagt Trainer Ali Günes, der auf eine ganze Reihe junger Spieler hinweist, die die Zukunft des Türk. SV Singen prägen sollen.
Höherklassig hat in den vergangenen Jahrzehnten nicht nur der FC in Singen Akzente gesetzt, auch Südstern, seit 1973 mit dem ESV fusioniert, ist hier kein unbeschriebenes Blatt. Als die Singener Nullvierer Anfang der 1980er-Jahre in die Bezirksliga abrutschten, war es der ESV Südstern, der als Verbandsligist zeitweise klar die Nummer eins in der Fußballszene unterm Hohentwiel war.
Doch während der FC es zwischenzeitlich mehrfach wieder in die Oberliga schaffte, sanken die Südsterne hinab in die Bedeutungslosigkeit der Kreisligen. 2020 spielte der ESV noch in der Kreisliga B, in der Saison 2024/25 jedoch wieder in der Verbandsliga. „Wir sind erst eine Woche im Training und aufgrund der Relegation sind noch nicht alle Spieler da“, deutet Südstern-Coach Vice Barjasic ein Problem an – die kurze Sommerpause, da sein Team ja noch die nervenaufreibende Qualifikationsrunde überstehen musste.
In der Offensive ist der ESV gut besetzt, denn Spieler wie Nedzad Placi oder Albert Malaj konnten schon mehrfach in der Oberliga überzeugen. Hier dürfte man also für die Verbandsliga gewappnet sein, auch wenn Torjäger Oumar Coulibaly von höherklassigen Teams umworben wird und wohl nicht zu halten ist.
Etwas kritischer sah es in der vergangenen Runde in der Defensive aus. Hier scheint man mit Gani Hamdushi, der vom Türk. SV kommt und zuletzt zu den besten Landesliga-Abwehrspielern zählte, Stabilität gewonnen zu haben, doch musste man Denis Hoxha zum Lokalrivalen ziehen lassen.
„Wir wollen oben mitspielen“
Doch wer den ESV Südstern kennt, der weiß, dass bezüglich Transfers stets etwas am Köcheln ist, sodass Trainer Barjasic in Sachen Kaderplanung noch Möglichkeiten sieht: „Was Neuzugänge angeht, sind wir noch in Verhandlungen. Allerdings brauche ich mit Blick auf den bestehenden Kader nicht unbedingt einen Königstransfer, denn das Gerippe steht. Nun sollte in bestimmten Bereichen noch ergänzt werden.“
Über die Ziele des ESV Südstern Singen will sich Vice Barjasic nach dem steten Durchmarsch noch nicht festlegen. Er deutet aber schon mal an: „Wenn wir irgendwo antreten, wollen wir auch oben mitspielen!“