Carolin Welsch aus dem Landkreis Waldshut steht in Bad Säckingen an einer Zapfsäule und tankt ihren Wagen. Es ist Ende vergangener Woche, wenige Tage noch, dann soll er kommen: der Tankrabatt. Von Anfang Juni bis Ende August sinkt die Steuer auf den Liter Super um 30 Cent und um 14 Cent auf den Liter Diesel.

Einige Autofahrer scheinen die damit beabsichtigte Preissenkung auf Kraftstoffe beim Tanken bereits einzukalkulieren. Etwa Carolin Welsch. „Ich habe nur für 25 Euro getankt, um es hinauszuzögern“, erklärt sie an diesem Freitagnachmittag an der Bad Säckinger Tankstelle.

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Kommt die Preissenkung an den Tankstellen wirklich?

Auf das große Schnäppchen am 1. Juni zu setzen und bis dahin mit fast leerem Tank durch die Gegend zu fahren, davor hatte unter anderem der ADAC gewarnt. Gegenüber dem SÜDKURIER betonte ein Vertreter des ADAC Südbaden vergangene Woche: „Man sollte jetzt mit vorausschauendem Auge tanken, um eventuell am 4. oder 5. Juni billiger nachzutanken.“

Denn weder ADAC noch der Mineralölverband en2x rechnen damit, dass der Effekt der niedrigeren Steuersätze an allen Zapfsäulen gleich am Stichtag bemerkbar sein wird, sondern erst in der Folgezeit, wenn die normal versteuerten Kraftstoffe in den Tanks der Tankstellen abverkauft sind, wie der SÜDKURIER bereits berichtete.

Aus Berlin waren Anfang dieser Woche derweil Stimmen zu hören, die gar davor warnten, dass die geplante Entlastung für Autofahrer vielleicht gar nicht eintritt. So gab Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck zu bedenken, ginge die Nachfrage an den Tankstellen wegen des zu erwartenden Preisnachlasses mit einem Schlag nach oben, steige die Nachfrage und damit auch der Preis – zumindest kurzfristig.

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Weitere Faktoren, die den Tankrabatt zunichtemachen könnten, sind ein möglicher Anstieg des Rohölpreises auf dem Weltmarkt sowie der Spielraum, den die Ölkonzerne bei der Festlegung der Verkaufspreise haben. Ob sie den Tankrabatt eins zu eins an ihre Kunden weitergeben werden, daran zweifelt so mancher.

„Wir können die Mineralölgesellschaften nur bitten, die Entlastung eins zu eins wiederzugeben“, erklärte etwa noch vergangene Woche ein Vertreter des ADAC Südbaden gegenüber dem SÜDKURIER.

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Aral: „Rechnen mit keinem Run auf die Tankstellen“

Die angesprochenen Unternehmen geben sich bei der Frage schweigsam. Die EG Group, die deutschlandweit mehrere Esso-, Shell- und Total-Tankstellen besitzt und betreibt, ließ die Fragen des SÜDKURIER zur Vorbereitung auf den Tankrabatt und dessen mögliche Auswirkungen auf Kundenaufkommen, Kraftstoffangebot und Preise unbeantwortet.

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Die Aral AG, deutsche Tochter des Ölkonzerns BP, die auch mit mehreren Tankstellen in Südbaden zusammenarbeitet, ist etwas auskunftsfreudiger und scheint keine Engpässe an ihren Partner-Tankstellen zu befürchten. So erklärt eine Pressesprecherin gegenüber dem SÜDKURIER: „Wir haben uns auf die zum 1. Juni in Kraft tretende Senkung der Energiesteuer vorbereitet und die Logistikketten sind robust aufgestellt.“ Man rechne zwar für Anfang Juni mit einer höheren Nachfrage, aber nicht mit einem „Run“ auf die Tankstellen.

Denn, so die Aral-Pressesprecherin weiter: „Das Tankverhalten unserer Kundinnen und Kunden in den letzten Wochen kann als normal und jahreszeitüblich bezeichnet werden.“ In Südbaden, insbesondere der Grenzregion zur Schweiz, könnte aber noch ein weiterer Faktor hinzukommen, der Nachfrage und Angebot an den hiesigen Tankstellen beeinflusst: die Nachbarn.

Stürmen Schweizer bald nicht nur hiesige Supermärkte sondern auch Tankstellen?

Zurück an der Bad Säckinger Tankstelle. An einer der Zapfsäulen steht Anke Maike aus dem schweizerischen Kanton Aargau. Den Tank hat sie gerade vollgemacht. „Diesel tanke ich immer in Deutschland“, sagt sie. Meist verbinde sie das mit dem Einkauf im Nachbarland. Den Benziner tanke sie hingegen noch in der Schweiz.

Vom Tankrabatt weiß Anke Maike noch nichts, als sie der SÜDKURIER darauf anspricht. Sie ergänzt aber sogleich: „Mit dem Rabatt wäre es auch für Benzin eine Überlegung wert.“ Zurzeit sei der normale Sprit in der Schweiz aber oft günstiger.

Eine Tankstelle in Konstanz am 30. Mai 2022: Purzeln hier bald die Spritpreise? Und wenn ja: Lockt der billige Kraftstoff dann auch ...
Eine Tankstelle in Konstanz am 30. Mai 2022: Purzeln hier bald die Spritpreise? Und wenn ja: Lockt der billige Kraftstoff dann auch vermehrt Schweizer Autofahrer an? | Bild: Greta Seeburger

Wie stark der Tankrabatt Schweizer Autofahrer über die Grenze locken werde, lasse sich nicht prognostizieren, sagt eine Sprecherin des Touring Club Schweiz (TCS), des Schweizer Gegenstücks zum ADAC. Der steigende Wechselkurs des Schweizer Frankens gegenüber dem Euro habe ja ohnehin seit mehreren Jahren zu einem Einkaufstourismus von Schweizern ins Nachbarland geführt, so die Pressesprecherin weiter. „Wir gehen aber davon aus, dass die Einkaufstouristen die Gelegenheit nutzen werden, um auch noch günstiger zu tanken.“

Vorausgesetzt, in Deutschland wird der Sprit im Vergleich zur Schweiz tatsächlich günstiger. Und das lässt sich kaum vorhersagen, denn ein direkter Preisvergleich zwischen Deutschland und der Schweiz ist schwierig. Im Nachbarland werden die Tankstellen-Preise nicht systematisch erfasst und veröffentlicht – außer an den Zapfsäulen vor Ort. Das bestätigt auch die TCS-Sprecherin und ergänzt: „Da die Preise von vielen Faktoren abhängen, machen wir keine Prognosen zur Preisentwicklung.“

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