Wollen die deutschen Gemeinden am Hochrhein erfolgreich an den ökonomischen Vorteilen des Sisslerfeldes teilhaben, sollten sie möglichst rasch intensiv darüber nachdenken, wie sie die Wohnraumfrage lösen können. Diese Quintessenz ergab sich beim 7. Forum Sisslerfeld. Zu ihm waren am Dienstag über 100 Bürger und Vertreter von Gemeinden und Firmen im Saalbau Stein zusammengekommen.

Mit großem Interesse folgten die Besucher im Saalbau Stein den Ausführungen zur Entwicklung des Sisslerfeldes.
Mit großem Interesse folgten die Besucher im Saalbau Stein den Ausführungen zur Entwicklung des Sisslerfeldes. | Bild: Alexander Jaser

Nicht dabei war der Bad Säckinger Bürgermeister Alexander Guhl.

Vertreter aus Bad Säckingen

„Die Entwicklung des Sisslerfeldes wird auch auf der deutschen Seite sehr tiefgreifende Umwälzungen hervorrufen, ich wundere mich daher, dass Bürgermeister Alexander Guhl nicht anwesend ist. Gerade die Wohnungsfrage ist für Bad Säckingen doch von existenzieller Bedeutung“, kritisierte dies Simon Kühn, Vorsitzender der CDU Bad Säckingen.

Als zweites Mitglied des Gemeinderats Bad Säckingen war Hartmut Fricke von der Unabhängigen Bürgerliste in Stein. Auch er betonte den hohen Stellenwert der Veranstaltung.

Die Dimension der Industrieentwicklung auf dem Sisslerfeld wird durch die erste große Neuansiedlung verdeutlicht. Auf sage und schreibe 155.000 Quadratmetern wird die Schweizer Bachem AG in den kommenden Jahrzehnten auf dem Sisslerfeld im Fricktal einen neuen Standort errichten. „Das entspricht einer Fläche von 20 Fußballfeldern, dieser Entwicklungsprozess ist eine große Vision der Bachem AG für mehrere Jahrzehnte.“ So Adrian Pritzius, der für den Bubendorfer Konzern in Stein die Unternehmensstrategie für das Sisslerfeld vorstellte.

Bild 2: Mit dem Sisslerfeld wächst der Wohnraum-Bedarf – auch auf deutscher Rheinseite
Bild: Schönlein, Ute

Wie viele Arbeitsplätze allein dieses Chemieunternehmen schaffen werde, sei nur schwer abzuschätzen, doch werde die Zahl im Laufe der Jahre stetig sicherlich auf 3000 steigen, führte Pritzius weiter aus. Er gab damit Einblick in eine Entwicklung, die auf beiden Seiten des Hochrheins tiefgreifende Veränderungen in allen Lebensbereichen bewirken werde – gerade auch auf dem Wohnungsmarkt.

Daniel Kolb (links), Kantonsplaner für die Gebietsentwicklung Sisslerfeld, und Vanik Kaufmann, Gemeinderat aus Stein begrüßten die ...
Daniel Kolb (links), Kantonsplaner für die Gebietsentwicklung Sisslerfeld, und Vanik Kaufmann, Gemeinderat aus Stein begrüßten die zahlreichen Teilnehmer beim 7. Forum Sisslerfeld in Stein. | Bild: Alexander Jaser

Wie akribisch sich der Kanton Aargau und die Schweizer Standortgemeinden Eiken, Münchwilen, Sisseln und Stein auf das Sisslerfeld vorbereiten, brachte Vanik Kaufmann, Gemeinderat aus Stein zum Ausdruck: „Wir wollen die gesamte Bevölkerung mitnehmen und auf den neusten Stand der Entwicklung beim Sisslerfeld bringen, denn wir nehmen diese Partizipation sehr ernst. Hinter den Kulissen wird schon viel gearbeitet, auch grenzüberschreitend.“ Er rechne fest damit, so Kaufmann weiter, dass schon im Jahr 2025 die ersten Bagger auf das Sisslerfeld kämen.

Die Beschäftigten sollen möglichst in der Region wohnen

Daniel Kolb, verantwortlicher Kantonsplaner für die Gebietsentwicklung Sisslerfeld, sieht für das Fricktal den Wohnungsbau als zentrale Aufgabe – und macht in seinen Ausführungen klar, wo die große Zahl der neuen Arbeitskräfte wohnen solle: „Möglichst in der Region, denn das Wachstum soll hierbleiben. Wir haben die Idee der kurzen Wege – das ist eine große Chance für die gesamte Region. Die Gemeinden müssen sich daher den wichtigen Fragen stellen: Wo und wie können wir Wohnraum schaffen?“

Teilnehmer des Forums Sisslerfeld diskutieren darüber, wie der Wohnraum geschaffen werden kann, der durch die Ansiedlung neuer ...
Teilnehmer des Forums Sisslerfeld diskutieren darüber, wie der Wohnraum geschaffen werden kann, der durch die Ansiedlung neuer Unternehmen in der Region nötig wird. | Bild: Alexander Jaser

Mit Blick auf die betroffenen Kommunen in der Schweiz könne er „bei dieser Frage ruhig schlafen. Alle Gemeinden im Fricktal haben genügend große Flächen für den Wohnungsbau“, so Kolb.

Studien belegen erhöhten Wohnungsbedarf

Zwei wissenschaftliche Studien informierten auf dem Forum darüber, wie die Wohnungsfrage der Zukunft anzugehen sei – welcher Wohnraum benötigt werde und wie das Wohnumfeld der Zukunft zu gestalten sei. Fragen, die anschließend mit Vertretern des Kantons Aarau, der anliegenden Gemeinden und auch örtlicher Bauunternehmen diskutiert wurden.

Durch die Entwicklung des Sisslerfeldes steigt für Dunja Kovari von der Agentur für Städtebau und Planung sa_partners GmbH der Bedarf an ...
Durch die Entwicklung des Sisslerfeldes steigt für Dunja Kovari von der Agentur für Städtebau und Planung sa_partners GmbH der Bedarf an bezahlbarem Wohnraum. | Bild: Alexander Jaser

Die Aufgabe für die Kommunen formulierte hierbei Dunja Kovari von der Agentur für Städtebau und Planung „sa_partners“ in Zürich, anhand der Wohnstudie Fricktal: „Die Eigentumspreise für Wohnen sind in der Region Frick in den letzten 20 Jahren um rund 80 Prozent gestiegen, es braucht daher bezahlbaren Wohnraum. Die Gemeinden sollten ihre jeweilige Wohnstruktur vor Ort überprüfen, denn es braucht deutlich mehr Ein- bis Zweizimmerwohnungen, gegenwärtig sind auf dem Land oft zu große Wohnungen zu finden.“

Laut Cloé Jans von der Gesellschaft zur Förderung der praktischen Sozialforschung (gfs.bern) wird sich das Fricktal zukünftig noch ...
Laut Cloé Jans von der Gesellschaft zur Förderung der praktischen Sozialforschung (gfs.bern) wird sich das Fricktal zukünftig noch stärker zu einer Arbeitsregion für Deutsche entwickeln. | Bild: Alexander Jaser

Eine Feststellung, die Cloé Jans von der Gesellschaft zur Förderung der praktischen Sozialforschung in Bern anhand einer Studie zu den künftigen Lebensbedürfnissen in der Region untermauerte: „Es ist die Hauptaufgabe der Politik, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, das kommt direkt nach dem Anspruch, die Steuern niedrig zu halten.“ Jans schlug hiermit den Bogen zu den deutschen Kommunen am Hochrhein: „Das Fricktal wird sich für die Deutschen in der Zukunft viel stärker zu einer Arbeitsregion entwickeln.“

Immer mehr Deutsche arbeiten und wohnen in der Schweiz

Für Kantonsplaner Daniel Kolb stimmt diese Prognose mit einer aktuellen Entwicklung auf dem Schweizer Wohnungsmarkt überein: „Wir beobachten in der letzten Zeit, dass immer mehr Deutsche nicht nur in der Schweiz arbeiten, sondern hier auch wohnen möchten. Das liegt vor allem daran, dass sich die Kosten für das Wohnen auf beiden Seiten des Rheins immer mehr angleichen.“