Die Unbelehrbarkeit kostet einen 56-jährigen Mannes nun die Freiheit. In einem Zeitraum von zwei Jahren erwischte ihn die Polizei gleich neun Mal am Steuer seines Wagens – obwohl ihm der Führerausweis bereits entzogen worden war. In der Berufungsverhandlung verurteilte ihn das Obergericht nun wegen mehrfachen Fahrens ohne Berechtigung, Beschimpfung und versuchter Hinderung einer Amtshandlung zu einer Freiheitsstrafe von 22 Monaten sowie einer Geldstrafe. Acht Monate muss er absitzen.
Positiv für den 56-Jährigen: Er muss weniger lang ins Gefängnis, als es das erstinstanzliche Urteil des Bezirksgerichts Rheinfelden mit einer Strafe von 15 Monaten unbedingt vorsah. Andererseits kam das Obergericht dem Antrag des Beschuldigten, die Freiheitsstrafe zu reduzieren sowie bedingt auszusprechen, nicht nach. Es sah „erhebliche Bedenken“ an der Legalbewährung des Beschuldigten. „Der Beschuldigte ist mehrfach vorbestraft und selbst die zuletzt sehr hohe unbedingte Geldstrafe von 275 Tagessätzen vermochte ihn nicht von weiterer Delinquenz abzuhalten“, heißt es im Urteil.
Gericht stützt sich auf Aussagen des Polizisten
Nur in einem der neun Fälle des Fahrens ohne Berechtigung forderte der Beschuldigte vor dem Obergericht einen Freispruch. Bei der besagten Fahrt trat ein Polizist als Auskunftsperson auf. Dieser schilderte, wie er in seinem Privatfahrzeug mit etwa 40 km/h nachts unterwegs den Beschuldigten beim Kreuzen „ohne den geringsten Zweifel“ am Steuer erkannt habe. Die Straßenbeleuchtung sei gut gewesen und er habe das Fahrzeug des Beschuldigten sowie diesen selbst bereits im Vorfeld gekannt. Der Beschuldigte bezeichnete diesen Vorwurf als „verdammte Lügerei“.
In seinem Urteil erachtet das Obergericht die Aussagen des Polizisten als konstant. Es sei schlüssig und nachvollziehbar, dass der Beschuldigte und dessen Lieferwagen dem Beamten aufgrund seiner Tätigkeit bei der Regionalpolizei Unteres Fricktal bekannt gewesen seien.
Im Wissen um den Führerscheinentzug des Beschuldigten habe der Polizist besonders auf das Fahrzeug und dessen Lenker geachtet. „So ist denn auch aufgrund seiner Ausbildung und langjährigen Erfahrung als Polizist davon auszugehen, dass er den Lenker des ihm entgegenkommenden Lieferwagens im Licht der nächtlichen Straßenbeleuchtung als den Beschuldigten hat identifizieren können“, heißt es im Urteil.
Freispruch wegen mehrfacher Drohung
Die Staatsanwaltschaft forderte, den Angeklagten zusätzlich noch wegen mehrfacher Drohung gegen Behörden zu verurteilen. Der Beschuldigte hatte sich offenbar telefonisch an eine psychiatrische Institution gewandt. In einem Gespräch mit einer Mitarbeitenden schilderte er, dass er wütend auf den Polizisten sei, und drohte mit einem Blutbad. Die Mitarbeitende kontaktierte daraufhin den Beamten und warnte diesen.
Ein zweiter Mitarbeiter der gleichen Institution kontaktierte den Polizisten ebenfalls. Dieser habe zu ihm gesagt, dass er seine Frau anrufen soll. Sie solle die Kinder ins Haus nehmen und die Türe abschließen. Zudem habe ihm der Mitarbeitende der psychiatrischen Einrichtung geraten, seine Waffe mit nach Hause zu nehmen. „Ich bin dann bewaffnet heimgegangen, das fand ich gar nicht mehr lustig“, sagte der Polizist vor Gericht.
Vom Vorwurf der Drohung jedoch sprach das Obergericht den Angeklagten frei. So seien die Aussagen des Beschuldigten nicht als schwere Drohung zu qualifizieren, die einen Polizisten, der aufgrund seiner Erfahrung im Umgang mit renitenten Personen geübt ist, in Angst und Schrecken versetzt.
Der Autor ist Redakteur bei der ‚Aargauer Zeitung‘. Dort ist der Artikel auch erstmals erschienen.