Utopie oder visionäre Lösung: An der Idee einer Hochseilbahn über den Rhein zur Beförderung der Pendler aus und in das Sisslerfeld scheiden sich die Geister – auch jene der 17 Fricktaler Großräte und Großrätinnen. Elf von ihnen waren es, die am 4. März mit einem Vorstoß den Regierungsrat aufforderten, eine solche Lösung für die Erschließung der größten zusammenhängenden Arbeitszone des Kantons zu prüfen.
Ein Bypass in der Luft gegen den Verkehrsinfarkt am Boden
Postulatssprecher Alfons P. Kaufmann (die Mitte) argumentierte in Aarau, dass mit „einer revolutionären Seilbahnlösung“ die Straßen vom Verkehr entlastet würden und kein zusätzliches Land für Schienen, Busse oder Straßenraum benötigt würde. Sozusagen ein Bypass in luftiger Höhe zwischen Bad Säckingen und Laufenburg gegen den drohenden Verkehrsinfarkt am Boden. Dies angesichts der Möglichkeit, dass bis zu 10.000 neue Arbeitsplätze auf dem Industrieareal bis 2040 entstehen könnten.
Der Regierungsrat hat das Postulat entgegengenommen
Nun hat der Regierungsrat das Postulat entgegengenommen. Die gute Nachricht: Er befürwortet eine „ergänzende Prüfung“ einer Hochseilbahn. Denn: „Dem Regierungsrat ist bewusst, dass eine Seilbahn einen Beitrag zu einer siedlungsverträglichen Erschließung im Sisslerfeld leisten könnte“, erklärt er, fügt jedoch hinzu: „Sofern das Gesamtsystem mit einer geeigneten Lenkung des Parkens betrachtet wird.“
Die Frage lautet: Ist ein Seilbahnsystem die beste Form?
Vorgängig, so der Regierungsrat, müsse jedoch geprüft werden, ob ein Seilbahnsystem überhaupt die beste Form der Erschließung darstelle. Geklärt werden müssten diese Fragen in einer gesamtheitlichen Betrachtung, nämlich im Rahmen des Gesamtverkehrskonzepts (GVK) Frick–Stein–Laufenburg.
„Uns ist es jetzt wichtig, dass die Prüfung schnell und effektiv im Rahmen der Gesamtverkehrsplanung durchgeführt wird.“Alfons P. Kaufmann, Großrat und Postulatssprecher (die Mitte)
Für ein solches System wären hohe Investitionen nötig
Der Regierungsrat verweist darauf, dass bereits Vorabklärungen zu einer Hochseilbahn stattgefunden haben. Diese hätten gezeigt, dass für ein Seilbahnsystem im Sisslerfeld hohe Investitionskosten erforderlich wären.
Drei Faktoren bestimmen die hohen Kosten
Verantwortlich für die hohen Kosten sind drei Faktoren. Erstens: Aufgrund der Weitläufigkeit des Sisslerfelds benötigt eine Hochbahn mehrere Stationen, unterschiedliche Linienführungen und Verzweigungen. Zweitens: Der Umstieg von Bahn/Bus und Auto auf die Seilbahn erfordert kurze Intervalle sowie die Bewältigung großer punktueller Nachfragespitzen, damit der Umstieg für Pendler attraktiv wird. Drittens: Die Kosten für eine Umsteigeanlage nördlich des Rheins, also der Bau einer Park-and-Rail-Anlage mit mehreren tausend Parkplätzen.
Die Gemeinden müssten Rahmenbedingungen setzen
Darauf basierend müssten gemäß Regierungsrat nun im Rahmen des GVK Frick-Stein-Laufenburg mehrere Punkte geklärt werden. Etwa, ob eine Bewirtschaftung und Einschränkung von Parkplätzen im Sisslerfeld möglich ist, damit eine wesentliche Verlagerung vom Auto hin zum neuen System in Hochlage stattfindet. Hierzu müssten die Sisslerfeld-Gemeinden verbindliche Rahmenbedingungen setzen.
Ist ein System in Hochlage besser als andere?
Zudem müsse laut Regierung abgeklärt werden, ob die Mobilitätsziele mit einem System in Hochlage besser erreicht werden können als mit anderen Maßnahmen und Systemen – etwa durch einen Ausbau des Busangebots oder eine zusätzliche S-Bahn-Haltestelle im Sisslerfeld. Eine solche Abwägung müsse unter den Gesichtspunkten der Umweltwirkung, Finanzierung sowie der Kosten-Nutzen-Verhältnisse vorgenommen werden.
Es gilt also, noch viele Fragen zu klären
Weiter entscheidend, so der Regierungsrat: Findet eine Hochseilbahn, die faktisch das Parken der Unternehmen im Sisslerfeld nach Deutschland verlagert, dort überhaupt ausreichend Akzeptanz, sodass eine Umsetzung realistisch erscheint? Bevor es für eine Hochseilbahn grünes Licht geben könnte, gibt es also noch viele Fragen zu klären.
Der Postulatssprecher ist nicht vollständig zufrieden
Von der Entgegennahme mit Erklärung durch den Kanton zeigt sich Alfons P. Kaufmann nicht vollständig zufrieden. „Wir können dadurch jetzt keine Stellung mehr im Großen Rat beziehen“, sagt er. „Uns ist es jetzt wichtig, dass die Prüfung schnell und effektiv im Rahmen der Gesamtverkehrsplanung durchgeführt wird.“ Man werde diesbezüglich weiter Druck ausüben und dem Kanton bei der Prüfung und Planung genau auf die Finger schauen.
Der Autor ist Redakteur der „Aargauer Zeitung“. Dort ist dieser Beitrag auch zuerst erschienen.