Am kommenden Samstag jährt sich der Todestag von Lisa Della Casa zum zehnten Mal. Die weltberühmte Opernsängerin lebte seit Anfang der 1950er-Jahre mit ihrem Gatten Dragan Debeljevic – er verstarb zwei Jahre nach seiner Frau – im Schloss Gottlieben. Heute bewohnt einzig noch Tochter Vesna das historische Anwesen am Seerhein.
Von ihr gibt es ein Zitat in einer Lokalzeitung von 2014: „Ich möchte so lange es geht hier im Schloss wohnen.“ Jahrzehntelang führte und führt die Besitzerfamilie hier ein völlig zurückgezogenes, von der Öffentlichkeit abgeschirmtes Leben. Ein Blick hinter die über 700 Jahre alten Mauern ist praktisch niemandem vergönnt.
Zustand: Renovationsbedürftig
Nun ist das Gottlieber Wahrzeichen aber zum Verkauf ausgeschrieben. „Geschichtsträchtiges Schloss mit grossem Potenzial an Traumlage“, so wird es auf der Website der Immobilien-Maklerin Ginesta angepriesen.
Einem Inserat in der „NZZ am Sonntag“ ist Folgendes zu entnehmen: „Von der Wasserburg zum napoleonischen Schloss mit 770 Jahren bewegter Geschichte. Über 1400 Quadratmeter Nutzfläche und Option für weitere Flächen. Umschwung von 16.000 Quadratmeter mit romantischer Parkanlage.“
„Gesucht wird eine neue Schlossherrschaft, die mit Liebe und Freude alte Substanz restauriert und an einer Traumlage leben möchte.“ Das Preissegment ist mit zwischen 15 und 20 Millionen Franken angegeben. Über 32 Zimmer verfügt das Schloss.
Diesmal sind die Absichten wohl ernsthaft
Ganz neu seien die Verkaufsabsichten nicht, sagt der Gottlieber Gemeindepräsident Paul Keller. Es habe seit Jahren immer mal wieder Anzeichen gegeben, dass eine neue Eigentümerschaft gesucht werde.
Ihm selber war es vor etwa drei Jahren möglich, auf Einladung von Vesna Debeljevic das Anwesen zu besuchen und ein Gespräch mit der heute 71-jährigen Schlossherrin zu führen. „Das war sehr interessant, sie ist eine spannende und lebhafte Gesprächspartnerin“, sagt Keller. Körperlich sei sie zwar beeinträchtigt, geistig aber sehr rege.

Für den Gemeindepräsidenten ist es aber keine Überraschung, dass mit der Liegenschaft nun etwas passieren soll. Die bewohnten Räume seien zwar ansehnlich und gut im Schuss, wenn man die gesamte Schlossanlage betrachte, gebe es aber sicher großen Bedarf an Unterhalt und Restauration für die historische Bausubstanz.
„Und je länger man wartet, desto schwieriger könnte es werden, einen Käufer zu finden.“ Er glaube deshalb, dass die Verkaufsabsichten nun schon ernsthaft seien.
Gottlieber wünschen sich Zugänglichkeit
Die Gemeinde stehe im losen Kontakt mit der Schloss Gottlieben AG, welche das Anwesen verwalte. Verwaltungsratspräsident ist heute der Berner Notar Philipp Lüdy, ein Freund der Familie, wie Paul Keller weiss. Auf Anfrage lässt Lüdy ausrichten, dass er keine Auskünfte über Schloss Gottlieben gebe.
Ob der Status einer für die Öffentlichkeit verbotenen Zone sich mit neuen Eigentümern wandeln wird, muss sich erst noch zeigen. Paul Keller sagt: „In der Gottlieber Bevölkerung besteht aber sicher ein starkes Bedürfnis, mehr über das Schloss zu erfahren.“ Es sei unbestritten, dass man sich in der Gemeinde mehr Offenheit und Zugänglichkeit herbeisehne.