Sie sind praktisch und blühen hübsch, allerdings steckt hinter dem schönen Schein von Pflanzen wie Kirschlorbeer und Sommerflieder eine echte Gefahr für heimische Gärten. Denn es sind sogenannte Neophyten, also invasive Pflanzen. Direkt hinter der Grenze gehen die Schweizer Nachbarn dagegen vor: Seit April 2024 gibt es einen sogenannten Neophyten-Sack, in dem diese Pflanzen entsorgt werden können. Und aktuell bittet die Stadt Stein am Rhein ihre Bevölkerung erneut, Gärten und Grünflächen kritisch zu überprüfen.

Stadträtin Irene Gruhler Heinzer (Sozialdemokratische Partei der Schweiz) erklärt: „Gerade jetzt im Frühherbst reifen die Beeren an invasiven Sträuchern wie Kirschlorbeer. Diese müssen unbedingt sachgerecht im kostenlosen Neophyten-Sack entsorgt werden.“ Diese Arten gehören nicht hierher, breiten sich stark aus und verdrängen einheimische Pflanzen. Um dies zu verhindern, sei es wichtig, eigene Gartenflächen laufend zu beobachten und rechtzeitig einzugreifen.

Was alles in den Neophyten-Sack gehört

Der kostenlose Neophyten-Sack – erhältlich bei der Einwohnerkontrolle im Rathaus – ist zentraler Bestandteil der Bekämpfung. Neben Kirschlorbeer gehören auch aussamende Pflanzen wie Berufkraut, die Blütenstände des Sommerflieders oder andere invasive Neophyten mit Beeren unbedingt in diesen Sack oder, falls nicht möglich, in die Schwarzmüllabfuhr.

Noch besser ist es, wenn problematische Sträucher vollständig mitsamt Wurzeln entfernt werden, sagt Gruhler Heinzer. Wer Ersatzpflanzungen plant, sollte auf ökologisch wertvolle Sträucher, Blumenwiesen und Wildstauden setzen. „Es empfiehlt sich, allenfalls eine spezialisierte Fachperson beizuziehen, um geeignete Pflanzen auszuwählen“, rät Gruhler.

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Herbst als idealer Zeitpunkt

Der Herbst bietet günstige Bedingungen für Neupflanzungen. Gärten können jetzt neu geplant und schrittweise biodivers gestaltet werden. Gleichzeitig steht das Winterfestmachen an – dabei sollte jedoch nicht „zu gründlich aufgeräumt“ werden. Blütenstände und Stauden sind wichtige Überwinterungsplätze für zahlreiche Insekten.

„Die Bekämpfung invasiver Neophyten ist ein zentraler Beitrag zur Erhaltung der Biodiversität“, betont Gruhler. Eine vielfältige, intakte Natur sichere nicht nur schöne, naturnahe Gärten, sondern sei auch Grundlage für sauberes Wasser und hochwertige Nahrungsmittel.

Sommerflieder – schöne Blüten, große Probleme

Eine besondere Problempflanze ist der Sommerflieder, auch Schmetterlingsflieder genannt. Er blüht bis in den Spätsommer und wird gerne von Schmetterlingen besucht, doch seine Raupen finden darin kaum Nahrung. Zudem breitet er sich unkontrolliert aus und bedroht einheimische Arten.

SÜDKURIER-Leserin Elke Geldon hat 2024 den Sommerflieder festgehalten, er gilt als Schmetterlings-Magnet.
SÜDKURIER-Leserin Elke Geldon hat 2024 den Sommerflieder festgehalten, er gilt als Schmetterlings-Magnet. | Bild: Elke Geldon

Ein einzelner Strauch kann jährlich bis zu drei Millionen Samen produzieren. Diese winzigen Flugsamen bleiben bis zu 40 Jahre im Boden keimfähig. Deshalb ist eine frühzeitige und konsequente Bekämpfung entscheidend. Verblühte Blütenstände und Samen gehören in den Neophyten-Sack, das übrige Material kann in die Grünabfuhr. Nach der Entfernung sollte die Fläche regelmäßig auf neue Keimlinge kontrolliert werden.

Auch die Stadt Stein am Rhein entfernt auf ihrem Gebiet laufend verwilderte Sommerflieder. Seit dem 1. September 2024 gilt zudem ein Inverkehrbringungsverbot: Der Sommerflieder darf nicht mehr verkauft, gezüchtet, verschenkt oder neu gepflanzt werden.

Alternativen für Schmetterlinge

Damit Schmetterlinge und andere Insekten nicht leer ausgehen, empfiehlt die Stadt, auf heimische Alternativen umzusteigen. Geeignet sind etwa Schwarzer Holunder, Gemeines Pfaffenhütchen, Kornelkirsche, Gewöhnlicher Dost oder Blutweiderich.

Auch Wildkräuter wie Wilde Möhre, Johanniskraut oder Gänseblümchen sowie Brennnesseln, Disteln und Gräser bieten wertvolle Nahrung und Lebensraum. Gruhler bringt es auf den Punkt: „Eine vielfältige und intakte Natur mit schönen, naturnahen Gärten und Landschaften ist Teil unserer Heimat. Deshalb lohnt es sich, jetzt gemeinsam zu handeln.“

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Der Neophyten-Sack ist eine gemeinsame Initiative der Fachstelle Neobiota des Amts für Umwelt Thurgau, des Abfallzweckverbands KVA Thurgau und des Zweckverbands Abfallverwertung Bazenheid (ZAB). Er wurde im April 2024 eingeführt. Der transparente 60-Liter-Sack kann kostenlos beim Rathaus bezogen und gefüllt wieder beim Werkhof an der Mühlenstraße abgegeben werden. Dort wird er anschließend der Müllverbrennungsanlage zugeführt.

In Singen gibt es bislang kein vergleichbares Angebot, Neophyten sind jedoch auch diesseits der Grenze ein Thema.

Dieser Artikel erschien zuerst bei den ‚Schaffhasuer Nachrichten‘.