Seit einem Jahr hat das ehrwürdige Schloss Salenstein einen neuen Hausherrn, der will es wieder zu ein Schmuckstück machen. Mitte Januar 2024 kauften die Leonis Immobilien AG und deren Gründer, der Salensteiner Unternehmer Timo Hafner, das historische Anwesen oberhalb der Unterseegemeinde von der Stiftung für Kunst, Kultur und Geschichte (SKKG). Der 36-jährige Hafner erstand das Schloss, nachdem das Bauwerk vier Jahrzehnte lang leer gestanden war.
Sein erklärtes Ziel lautet: Das Schloss wieder in altem Glanz erstrahlen zu lassen. Dafür hat sich die Leonis Immobilien AG nun einen regionalen Experten an Bord geholt, den Thurgauer Projektberater und Renovierungsspezialisten für historische Bauten, Jürgen Knopp.
Respekt fürs Alter
In den vergangenen 30 Jahren hat Knopp aus Steckborn in der Gegend einige vergleichbare Objekte restauriert. „Von Stein am Rhein bis Bottighofen war ich bei jedem Schloss irgendwie involviert.“ Zu den Arbeiten des ausgebildeten Kirchenmalers und Restaurators gehört auch die Auffrischung der Kreuzlinger Kirche St. Stefan, des Schlosses Altenklingen bei Wigoltingen, des Schlosses Eugensberg, des Schlosses Gündelhart bei Homburg und der Wallfahrtskapelle Klingenzell in Eschenz.

Im Fall von Schloss Salenstein verlangt die kantonale Denkmalpflege, dass das Gebäude „materialgerecht“ wieder instand gesetzt wird. „Der Charakter von damals soll wieder erkennbar werden“, erklärt Knopp, „die Alterung des Gebäudes nehmen wir mit, das ist ein Teil des Konzeptes“. Interessenkonflikte gebe es dabei keine, denn: „Das wünscht auch die neue Besitzerfamilie so.“
Viele Generationen unter einem Dach
Gemäß Andreas Knuf, Medienverantwortlicher für die Arbeiten am Schloss Salenstein und Vertreter des neuen Eigentümers, haben seit dessen Erbauung über 40 Generationen im Schloss gelebt. Er sagt: „Die neuen Käufer sind nur eine weitere Generation und reihen sich mit großem Respekt in die geschätzt 30 Besitzerfamilien ein.“
Die einstigen Eigentümer haben ihre Spuren im Schloss hinterlassen. Knopp spricht ironisch von „Zeitreisen“ in manchen Innen- und Außenbereichen, wenn nicht zusammengehörige Elemente zu einem „Epochensalat“ zusammengewürfelt wurden.
Der Fokus der neuerlichen Renovierung liege auf Authentizität, nicht auf persönlichen Vorstellungen. Der Grundriss des Schlosses mit seinen bis zu 1,5 Meter dicken Mauern bleibe praktisch unangetastet. Die ganzen „Bausünden“, etwa aus den 1960er- und 1970er-Jahren, entferne man nun, damit ein historischer Aufbau überhaupt möglich wird.
Verjüngungskur mit Magerquark
Kompromisse bei moderner Gestaltung und Bausubstanz sind seitens der Denkmalpflege streng geregelt und müssen vorab klar definiert sein. Eine Faustregel dafür stammt von Knopps Lehrmeister, Rino Fontana, einem der bedeutendsten Restaurationsmaler der Schweiz: „Man darf der alten Dame keinen Minirock anziehen.“ Techniken von damals, konkret vom 15. bis ins 18. Jahrhundert, sind Jürgen Knopps Spezialgebiet: „Wir lassen viele Bausubstanzen wieder nach alten Rezepturen herstellen.“
Ein ausgefallenes Beispiel: Damit man Holz beschichten konnte, hat man früher Kalk für den Verputz mit Magerquark vermischt. „Natürlich kaufen wir dafür nicht Tausende Portionen Quark im Supermarkt ein, sondern beziehen große Mengen von Spezialfirmen“, sagt Knopp. Weitere regionale Produkte wie Sand, Kies oder Eichenholz wird das Team von „rund ums Haus“ oder aus dem Untersee beziehen.
Renovierung mit Hingabe und Leidenschaft
Den 40 Jahre andauernden Leerstand merke man dem Gebäude leider an, sagt Medienverantwortlicher Andreas Knuf. „Die meisten Parkettböden im Schloss sind teilweise in einem desolaten Zustand, das Gebäude an sich wird grauer und grauer.“ Um ein rund tausendjähriges Gebäude mit alten Techniken zu verjüngen, braucht es spezielles Know-how, welches vom Aussterben bedroht ist.
„Es ist schwierig, solche Handwerker zu finden“, erklärt Knopp. Man spreche hier von einem riesigen und anspruchsvollen Projekt, bei welchem vieles von Menschen und in Handarbeit umgesetzt werden müsse. „Es braucht viel Hingabe und Leidenschaft, um in einem solchen Objekt zu arbeiten. Denn es ist kalt, dreckig und anstrengend.“
Aktuell ist Jürgen Knopp dabei, mit seinem internationalen Netzwerk ein ebensolches Team auf die Beine zu stellen. Er ist optimistisch und sagt: „Wir haben beste Voraussetzungen, mit guten Leuten wieder ein Bijou aus Schloss Salenstein zu machen.“
Das ist der aktuelle Stand
Wer bereits auf Details oder Visualisierungen hofft, muss sich weiterhin gedulden. „Wir wissen zurzeit noch nicht, was im Schloss wirklich umsetzbar ist“, sagen Knopp und Knuf. Aktuell würden vor allem Farb- und Materialkonzepte entwickelt. Etappenziele oder Zeithorizonte sind noch nicht spruchreif, auch über die zukünftige Nutzung des Schlosses lassen sich weder der Schlossherr noch die Planung etwas entlocken.

„Wir haben zwei, drei Ideen mit der Denkmalpflege besprochen, welche sich sehr positiv dazu geäußert hat“, sagt Knuf und ergänzt: „Ziel ist, dass wir so bald wie möglich mit den Bauarbeiten beginnen können.“ Kurz gesagt: Zeitlich ist man gut unterwegs, dem Projekt steht nichts im Wege. Über den Kaufpreis des Schlosses haben die Beteiligten voriges Jahr Stillschweigen vereinbart, auch die Kosten für die Renovation bleiben geheim. Knopp spricht mit einem Augenzwinkern von „branchenüblichen Kubikpreisen“.
Das alte Gebäude macht emotional
Als Timo Hafner das Schloss zum ersten Mal betrat, sei er zu Tränen gerührt gewesen, wie er damals erzählte. Jürgen Knopp als Projektplaner ging es dabei ähnlich. „Wenn ich ein solch altes Gebäude betrete, höre ich die Stimmen aus all den Epochen, die an diesem Ort vorübergegangen sind.“
Sein Job und Anspruch sei es, aus Schloss Salenstein wieder einen Ort zu machen, an welchem wie zu Ursprungszeiten viel gekocht, gegessen und gefeiert wird. Ein bisschen konkreter wird es dann doch. „Beispielsweise Tafelrunden, Geburtstags- oder Hochzeitsfeiern sind vorstellbar“, denkt Knopp laut.
Auch für das benachbarte Rickenbacherhaus und die weitläufige Gartenanlage gibt es bereits Ideen und Visionen. Ersteres soll sogar barrierefrei bewohnbar werden. Da jedoch das Schloss und dessen Auffrischung Priorität hat, werden Nebenprojekte wohl erst in einigen Jahren zum Zug kommen.
Tobias Hug ist Autor unserer Partnerzeitung – der „Thurgauer Zeitung“. Dort ist der Text zuerst erschienen.