Hans Suter (Tagblatt) und sk

Um 1500 begann in Europa ein neues Zeitalter. Die Entdeckung neuer Kontinente, der humanistische Zeitgeist und die Erfindung des Buchdrucks veränderten das Weltbild der Menschen innerhalb weniger Jahrzehnte grundlegend. In dieser Umbruchphase entzündete sich harsche Kritik an der Macht der katholischen Kirche, mit weitreichenden Folgen – auch für den Thurgau und die Bodenseeregion.

Ausgehend von Martin Luthers Thesen verbreitet sich ab 1517 die Kritik an der Kirche in ganz Europa. Auch in der Region fielen die Forderungen nach einer Erneuerung des Glaubens auf fruchtbaren Boden. Die Spaltung der Kirche erfolgte auf zerstörerische Art und Weise. Bauern begehrten auf, Klöster wurden geplündert und wertvolle Kirchenschätze verbrannt.

Konstanz wäre gerne eidgenössisch geworden

Zu jener Zeit hätte sich die überwiegend protestantische Stadt Konstanz – 1527 reformiert – im Übrigen gerne der Eidgenossenschaft angeschlossen. Geografisch ist das naheliegend, der Thurgau bildet im Süden auch heute noch das Hinterland der Stadt. In der heutigen Schweiz war man vor allem in ländlichen Gebieten gegen einen Konstanz-Beitritt und die Stadt schloss sich dem Schwäbischen Bund an.

Wenige Zeit später kam es zu Belagerungen durch spanische und schließlich österreichische Truppen, ehe Konstanz Österreich zufiel. Die Stadt verblieb unter dessen Herrschaft bis Anfang des 19. Jahrhunderts, sie und die gesamte Region verlor nach und nach an Bedeutung.

Die eidgenössischen Orte im Süden wiederum waren selbst zwischen zwei Konfessionen gespalten. So lebten im Thurgau Angehörige des evangelischen und des katholischen Glaubens Tür an Tür. Der religiöse Graben führt teilweise mitten durch eine Ortschaft – ein Sonderfall in der Schweizer Geschichte mit beträchtlichem Spannungspotenzial.

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Eidgenossen waren schon im 17. Jahrhundert gerne neutral

Die Auswirkungen des Dreißigjährigen Kriegs (1618 bis 1648) waren auch am und vor allem auf dem Bodensee spürbar. Ausgelöst am 23. Mai 1618 durch den zweiten Prager Fenstersturz wurde in Europa um die politische und religiöse Vorherrschaft zwischen Protestanten und Katholiken gerungen. Auf der einen Seite war Österreich mit seinen katholischen Verbündeten, dem Deutschen Reich und Spanien. Auf der anderen Seite kämpften die Protestanten aus Frankreich, Schweden und den Niederlanden.

Die Eidgenossenschaft südlich des Bodensees bestand damals aus acht regierenden Orten. Die Innerschweizer waren katholisch und die städtischen Gebiete um Bern und Zürich protestantisch. Die Eidgenossen waren im Krieg neutral und wollten verhindern, in das Geschehen hineingezogen zu werden, vor allem, nachdem die protestantischen Schweden bis an den Bodensee vorrückten.

Bodensee als Schauplatz des Dreißigjährigen Krieges

1632 flammte auf dem Nebenschauplatz rund um den Bodensee ein Kampf um die strategisch günstige Vorherrschaft auf dem See auf. Bis 1634 hatten die Katholiken eine kleine, aber überlegene Flotte. Sie beherrschten den Großteil des Sees, was für die Versorgung der belagerten Orte wichtig war.

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Am 25. Oktober 1632 nahmen die Protestanten Radolfzell ein, kaperten kaiserliche Schiffe und bauten sie zu Kriegsschiffen um. Die über 30 Meter langen Schiffe konnten mit bis zu 500 Soldaten und einigen Kanonen bestückt werden. Im heutigen Friedrichshafen errichteten die Schweden 1634 eine Werft und bauten dort das größte Bodensee-Kriegsschiff, die „Drottning Kristina“, mit 22 Kanonen an Bord.

Ende 1634 war der Seekrieg vorerst beendet, ohne dass eine Seite einen klaren Sieg errungen hätte. Die Katholiken herrschten jedoch wieder über den Bodensee bis mit der Eroberung von Überlingen im Januar 1643 durch die Protestanten erneut ein Krieg auf dem See entbrannte.

Vor dem Dreißigjährigen Krieg im Jahr 1577 wurde diese bronzene Kreuzigungsgruppe gegossen, vermutlich in Konstanz. Später stellte man ...
Vor dem Dreißigjährigen Krieg im Jahr 1577 wurde diese bronzene Kreuzigungsgruppe gegossen, vermutlich in Konstanz. Später stellte man sie zwischen der Insel Mainau und dem Festland auf. Den plündernden Schweden war sie wohl zu schwer, trotzdem heißt sie heute „Schwedenkreuz“. | Bild: jehafo - stock.adobe.com

Der entscheidende Sieg gelang den Protestanten schließlich durch einen Überraschungsangriff am 4. Januar 1647: Sie eroberten Bregenz, danach folgten Langenargen, die Mainau und Überlingen. Obwohl die katholische Flotte mittlerweile 50 Schiffe besaß, konnten sie gegen die vier großen Kriegsschiffe der Schweden mit 16 Kanonen und die große Anzahl kleiner Kriegsschiffe nicht gewinnen.

Im Juli beherrschten die Protestanten jeden Punkt des Sees. Nach dem Westfälischen Frieden, der den Dreißigjährigen Krieg beendete, begann ab dem 24. Oktober der Abzug protestantischer Truppen und der Seekrieg war zu Ende.

Arenenberg: Ein Schloss bei Kreuzlingen wird Heimat des späteren Kaisers

Schloss Arenenberg in Salenstein bei Kreuzlingen wurde Anfang des 16. Jahrhunderts vom Konstanzer Bürgermeister Sebastian Geissberg erbaut. Zuvor befand sich dort ein Bauernhof. Dass der Ort mit seiner Aussicht auf den Untersee einst Geschichte schreiben würde, konnte damals niemand ahnen.

1817 verkaufte es der spätere Besitzer Johann Baptist von Streng an Hollands Ex-Königin Hortènse de Beauharnais, Tochter der französischen Kaiserin Joséphine und Stieftochter Napoleon Bonapartes. Hortènse lebte damals im Exil in Konstanz.

Schloss Arenenberg in Salenstein (Thurgau) liegt direkt am Untersee.
Schloss Arenenberg in Salenstein (Thurgau) liegt direkt am Untersee. | Bild: Helmuth Scham

Ihr jüngster Sohn Louis Napoleon (später Kaiser Napoleon III.) verbrachte einen Zeit seiner Kindheit und Jugend auf Schloss Arenenberg, er wurde von Konstanzer Professoren unterrichtet. Nach einem fehlgeschlagenen Putschversuch in Straßburg 1836 flüchtete er kurz ins Exil in die Vereinigten Staaten, kehrte aber 1837 wieder in das Anwesen am Untersee zurück.

Es folgten ein weiterer Putschversuch durch Louis Napoleon, erneutes Exil und schließlich der Verkauf 1843. Zwölf Jahre später kaufte seine Frau Kaiserin Eugénie das Gut als Geburtstagsgeschenk für ihren Gatten zurück. Es wurde renoviert und umgebaut. Nach Napoelons III. Tod vermachte seine Frau das Schloss dem Kanton Thurgau im Jahr 1906. Heute beherbergt es ein Museum.

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