Wohin nur mit dem vielen Geld? Diese Frage treibt die Menschen im Schweizer Kanton Zug um. Es geht um 1,056 Milliarden Schweizer Franken, umgerechnet fast 1,1 Milliarden Euro. Dieser Batzen Geld wartet auf eine Verwendung in dem malerisch gelegenen Zug, das ohnehin als der reichste Kanton Helvetiens gilt. Dabei ist er gerade einmal gut ein Viertel so groß wieder Landkreis Konstanz und hat nur rund 125.000 Einwohner.

Außerhalb der Grenzen des wohlhabenden Gliedstaates dürften Politiker und auch ganz normale Menschen das Zuger Luxusproblem mit Neid, Neugier oder Bewunderung sehen. Der Zuger Finanzdirektor, Heinz Tännler, reagiert stattdessen mit Schweizer Pragmatismus: „Es ist nicht so, dass dieses Geld verdunstet, wenn man es nicht sofort ausgibt“, erklärt er gegenüber dem SÜDKURIER. Das Motto Tännlers lautet dann auch: „Man kann nie zu viel Geld haben.“

Tunnel für eine Milliarde? Wäre kein Problem, ist aber nicht erwünscht

Die Geschichte um den Zuger Milliardenschatz begann Anfang März. Damals stimmten die Bürgerinnen und Bürger über die Errichtung von zwei modernen Tunnel-Umfahrungen für den Verkehr ab. Die Planer veranschlagten eben jene 1,056 Milliarden Franken an Baukosten über einen Zeitraum von mindestens 18 Jahren.

Die beiden Infrastrukturprojekte sollten vollständig aus dem kantonalen Eigenkapital finanziert werden. Das Eigenkapital steigerte sich im Jahr 2023 auch dank üppiger Steuereinnahmen um 431 Millionen Franken auf 2,35 Milliarden Franken. Zug hätte es sich also die teuren Umfahrungen leisten können. Doch die Zuger sagten Nein. Seitdem sitzt der Kanton auf dem Geld, das er eigentlich in die Tunnel stecken wollte.

Kaum hatte die Bevölkerung an der Urne entschieden, entwickelte sie Begehrlichkeiten: Mit mehr als einer Milliarde Franken lässt sich schließlich einiges bewegen. Die Zuger Zeitung trug die Ideen unter dem Titel „So könnte Zug eine Milliarde ausgeben“ zusammen. „Manche davon sind durchaus ernst gemeint – andere weniger“, schrieb das Blatt.

U-Bahn? Gratis-Tickets? Skihalle?

Der überschaubar kleine Kanton, so die Überlegungen, könnte sich eine U-Bahn zulegen oder den Einwohnern ein Freiticket der Schweizerischen Bundesbahnen schenken. In die Diskussion geriet ebenso die kostenlose Strom-Speisung von E-Autos oder der Bau einer Skihalle. Auch die staatstragende Neue Zürcher Zeitung mischte sich ein und fragte, „wieso niemand auf die Idee gekommen ist, die überschüssige Zuger Milliarde“ der Eidgenossenschaft zu spenden. Dann könnte Bern eine Rentenerhöhung stemmen.

Finanzdirektor Tännler schüttelt den Kopf angesichts etlicher Einfälle. Gewisse Ideen seien „schlichtweg absurd“. Tännler selbst regt an, die Steuerzahler noch mehr zu entlasten. „Entsprechend wäre eine Steuerrückzahlung oder -senkung angebracht“, überlegt der kantonale Kassenwart. Eine Drosselung würde das milde Steuerklima in Zug weiter verbessern, einem Kanton, der in früheren Zeiten als Armenhaus eher Mitleid auslöste.

Gezielt reiche Menschen angelockt – auch fragwürdige

Heutzutage lassen sich Firmen, Multimillionäre und Milliardäre aus der ganzen Welt liebend gerne in Zug nieder. Der Kanton empfängt die wohlhabenden Migranten mit offenen Armen und angenehmen Steuersätzen. Mitunter befinden sich unter den Zuzüglern schwarze Schafe.

Eine der schillerndsten Figuren war wohl der US-amerikanische Rohstoffhändler Marc Rich, der vom Standort Zug aus seine Geschäfte dirigierte. Sein Heimatland beschuldigte den Krösus der kriminellen Machenschaften, suchte Rich mit Haftbefehl. Der damalige Präsident Bill Clinton begnadigte ihn.

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Aus Richs Firma entwickelte sich der Multi Glencore, der weltweit mächtigste Konzern für Rohstoffhandel und den Betrieb von Bergwerken. Glencore residiert noch heute in Zug. Angesichts der Ballung des Kapitals stoßen Pläne für weniger Steuern auf geringe Gegenliebe, zumal bei der Linken. „Tiefere Steuern führen zu noch mehr Verdrängung“, sagt Andreas Lustenberger, Kantonsrat der Alternativen, dem Sender SRF. „Dann ziehen noch mehr vermögende Menschen hierher.“