Sie hat ein ganzes Repertoire an Verkehrsdelikten begangen: Gleich an drei Orten im Fricktal war eine Deutsche am Abend des 14. Juli 2021 unterwegs. Nach einer Kollision in Frick mit einem Lastwagen auf der Gegenfahrbahn entfernte sich die heute 47-Jährige vom Unfallort.
Zwei Stunden später war sie erneut in Frick unterwegs. Beim Dinokreisel kam es zum nächsten Crash. Wieder wurden beide Fahrzeuge beschädigt, wieder rauschte die Frau davon. Kurz darauf kam sie in Kaisten von der Straße ab und landete in einem Feld. Trotz des verursachten Landschadens haute sie zum dritten Mal innerhalb weniger Stunden vom Unfallort ab – nachdem sie ein in der Nähe lebender Bauer vom Acker gezogen hatte.
Das Bezirksgericht Laufenburg goutierte das Verhalten der Frau nicht. Es verurteilte die Mutter von zwei erwachsenen Kindern in seinem Urteil vom 13. September 2023 unter anderem wegen mehrfacher Vereitelung von Maßnahmen zur Feststellung der Fahrunfähigkeit, mehrfachen fahrlässigen Nichtbeherrschens eines Fahrzeugs, mehrfachen Nichtgenügens der Meldepflicht bei entstandenem Schaden und Nichtgenügens der Meldepflicht bei entstandenem Personenschaden schuldig. Neben einer zehnmonatigen Freiheitsstrafe und 2000 Franken Busse sollte die Frau zudem für fünf Jahre des Landes verwiesen werden.
Frau verlangt Verzicht auf Landesverweis
Diesem Urteil stellte sich die Frau mit mehreren Rügen entgegen, sodass im August 2024 der Fall beim Bundesgericht lag. Sie verlangte neben einer tieferen Strafe, dass auf den Landesverweis zu verzichten sei. Das oberste Gericht des Landes gab ihr Recht: Es hob das vorgängige Urteil des Obergerichts auf und gab den Ball an ebendieses für einen neuen Entscheid zurück.
Doch auf welche Argumente stützte sich das Bundesgericht? Wie dem Urteil zu entnehmen ist, gehe es hauptsächlich um die Verletzung der Unschuldsvermutung, welche bundesrechtswidrig sei. So sei in der vorangegangenen Anklageschrift – aus welchen Gründen auch immer – keine Anklage wegen Fahrens in fahrunfähigem Zustand erhoben worden. Dies führe nicht dazu, dass deshalb im Rahmen der Strafzumessung keine Feststellungen zur Fahrfähigkeit getroffen werden dürften. Mit der folgenden Feststellung, es bestünden erhebliche Hinweise auf eine eingeschränkte Fahrfähigkeit, verletze die Vorinstanz die Unschuldsvermutung.
Gutachten attestiert Alkoholabhängigkeit
Nun war der Ball also erneut beim Obergericht. In seinem kürzlich gefällten Urteil geht es auf die einschlägigen Vorstrafen der Frau ein. Von der Staatsanwaltschaft Lenzburg-Aarau wurde sie 2012 wegen Führens eines Motorfahrzeugs mit 3,07 Promille verurteilt. Auch im Freiamt war sie schon im Rausch unterwegs: Das Bezirksgericht Bremgarten büßte sie 2017 wegen mehrfachen Führens eines Motorfahrzeugs mit 3,18 Promille.
Ein forensisch-psychiatrisches Gutachten von Anfang 2023 hat der Frau zudem eine Alkoholabhängigkeit attestiert. Zwar soll die Frau seit Mitte 2023 abstinent leben und ihr sei der Führerausweis dauerhaft entzogen – gemäß dem Obergericht liege aber dennoch eine Schlechtprognose mit erheblicher Rückfallgefahr vor.
So verurteilt das Obergericht in seinem zweiten Urteil die Frau zu neun Monaten unbedingter Freiheitsstrafe und einer Buße von 2000 Franken. Vom Landesverweis wird abgesehen.
Die Autorin ist Redakteurin bei der „Aargauer Zeitung“. Dort ist der Beitrag auch zuerst erschienen.