Nach dem Sex bleibt der Penis dieses Tiers einfach im Körper des Weibchens stecken. Und weil ein Weiterleben so ganz ohne Penis wenig sinnvoll scheint, fällt es auf der Stelle tot zu Boden. Was das Ganze mit Flugdrohnen zu tun hat? Ganz einfach, die Rede ist hier von deren Namensgeber: der männlichen Honigbiene, auch Drohne genannt.
Ziele zum Abschusstraining
Ähnlich wie beim Insekt nämlich bestand auch der Daseinszweck der ersten unbemannten Flugobjekte allein darin, sich vom Himmel holen zu lassen. „Zieldarstellung“ nennt sich das: Um im Ernstfall feindliche Flugzeuge treffsicher abschießen zu können, benötigen Armeen fliegende Objekte zum Üben.
Noch heute werden solche Drohnen zu diesem Zweck hergestellt und eingesetzt. Das Unternehmen Airbus zeigt in einem Film, wie solche Zielübungen mit Drohneneinsatz ablaufen:
Doch abgsehen von diesen Übungen geht es bei Drohneneinsätzen mittlerweile längst um mehr. Drohnen können nicht nur die feindliche Luftabwehr erkennen. Sie sind auch in der Lage zurückzuschießen, gegnerisches Terrain zu erkunden und jede Menge Daten zu sammeln. Drohnen kreisen über militärischen Einrichtungen ebenso wie über Fußballstadien, über öffentlichen Demonstrationen und heimischen Gärten. Ihre Piloten sind mal Offiziere, mal Polizisten, mal der kleine Junge von nebenan. Den Drohnen gehört nicht nur die Zukunft, sondern bereits die Gegenwart, und das muss uns beunruhigen.
Ein Spiel um Leben und Tod
Denn in diesem „Game Of Drones“ – so der anspielungsreiche Titel einer neuen Ausstellung im Friedrichshafener Zeppelin-Museum – geht es um Leben und Tod. Und es sieht zurzeit danach aus, dass am Ende dieses Spiels mehr Leben zerstört als gerettet werden.
Dabei herrscht aktuell noch vielerorts Euphorie. Der chilenische Künstler Ignacio Acosta zeigt in Videoaufnahmen nordschwedische Ureinwohner, die verzückt der Flugroute ihrer Drohnen nachblicken. Ihre Geräte schweben über der Anlage eines umstrittenen Bergbauprojekts: Die Suche nach Eisenerz könnte das Leben der Samen empfindlich beeinträchtigen, indem sie die Wanderbewegungen der Rentiere stört. Drohnen sind für sie Instrumente des Widerstands, ganz so wie damals vor 300 Jahren die Trommeln im Kampf gegen die Christianisierung.
Auch indigene Ureinwohner Amerikas greifen gern auf Drohnen zurück, um die Öffentlichkeit über den Bau der Dakota Access Pipeline aufzuklären. Ein Pilot spricht von „Erweiterung des Geistes“ und „spirituellen Vögeln“: Die Technik erhält göttliche Weihen, die kanadische Künstlerin Frédérick A. Belzile legt in ihrem Film die Ambivalenz dieser Verherrlichung frei.
„Harop“ kann stundenlang fliegen
Die Schattenseite des technischen Fortschritts mutet im Vergleich zu den kleinen Propellerfliegern von Samen und Indianern deutlich bedrohlicher an. Von der Decke hängt ein graues, etwa zwei Meter langes Flugobjekt des Typs „Harop“.
Jürgen Bleibler, verantwortlich für die technischen Exponate dieser Ausstellung, erklärt, diese Drohne könne stundenlang in der Luft bleiben, feindliches Terrain ausspähen, Ziele erkennen und wieder zurückfliegen. Oder aber: nach Erkennen eines Ziels plötzlich zu einer Kamikazewaffe mutieren und sich als Geschoss geradewegs hineinstürzen. Gegnerische Radare haben keine Chance, diese Drohne zu erfassen. „Denkt man sich jetzt noch künstliche Intelligenz dazu“, sagt Bleibler, „dann wird es unheimlich.“
Handtellergroße Drohnen
Ein Video der Künstlergruppe „Ban Lethal Autonomous Weapons“ zeigt dieses Unheimliche als beklemmend reale Dystopie: Militärtransporter werfen tausende von handtellergroßen Drohnen aus. Wie Killerinsekten dringen diese in Häuser ein, schießen wahllos Menschen ab. Schlimmer noch: eben nicht wahllos, sondern einer präzisen Datenauswertung folgend. Wer auf Facebook eine falsche Meinung kundtut, sich in einer E-Mail verdächtig geäußert hat oder einfach einer bestimmten Partei angehört, muss jederzeit mit dem Todesschuss rechnen.
Die Grenzen zwischen Krieg und Frieden, Schlachtfeld und Wohnung schwinden. Die britische Sängerin Anohni schreibt einen Song aus der Perspektive eines afghanischen Mädchens, das seine Familie durch eine Drohne verloren hat. Jetzt wartet sie in ihrem ärmlichen Zimmer fatalistisch hoffend auf deren Rückkehr: Diesmal soll die Drohne sie nicht verschonen. Im Video verkörpert Naomi Campbell dieses Mädchen, es wirkt, als sehne sie sich nach dem Jüngsten Gericht.
Mit dem technischen Fortschritt, so beteuern Regierungen wie etwa die US-Administration, werde die Zahl der zivilen Opfer reduziert. Die Technik und Kunst verbindende Ausstellung in Friedrichshafen zeigt eindrucksvoll: Das Gegenteil ist der Fall. Drohnen, erschaffen, um Risiken für Menschen zu minimieren, haben ihre Aufgabe nur allzu gut erfüllt. Muss ein Pilot kein Risiko mehr fürchten, ja kann er sogar das Treffen von Entscheidungen einer künstlichen Intelligenz übertragen, gibt es keine Verantwortung mehr. Ohne die Verantwortung aber werden wir schon bald eine ganz neue Art der Kriegsführung erleben: einen Krieg, der in seiner unerbittlichen Präzision alles bisher Dagewesene in den Schatten stellt.
Drohnen, sagt ein hoher Beamter des US-Verteidigungsministeriums Pentagon, seien niemals hungrig oder ängstlich. Sie vergessen nie ihren Auftrag, und wurde auch gerade erst ihr Kamerad erschossen, so kümmert es sie nicht groß. Kurz: „Erledigen sie ihren Job besser als Menschen? Ja.“
„Game Of Drones. Von unbemannten Flug-objekten“: bis 3. November im Museum Friedrichshafen. Geöffnet täglich 9-17 Uhr. Infos: http://www.zeppelin-museum.de