Herr Malolepski, wo sind Sie gerade?
Ich bin zu Hause in Bretten und schaue meinem Rasenmäher beim Mähen zu.
Das klingt entspannt. Sie sind wahnsinnig viel unterwegs, treten auf Mallorca, bei Rock am Ring und diversen Festivals auf. Wie sehen Ihre Wochen derzeit aus? Und ist irgendwann Winterpause?
Pause? Nein, Ende Oktober ist es aber ein bisschen ruhiger. So richtig geht es dann Ende März wieder los. Durch unseren Hit bin ich so extrem ausgebucht, ich hatte so gut wie keine Freizeit im Sommer. So etwas habe ich noch nicht erlebt.
Wie muss man sich das vorstellen?
Ich hatte fünfzehn Auftritte im Monat, dazu kommen Rundfunk- und Fernsehauftritte und Studiotermine. Im Megapark auf Mallorca wollten die mich noch viel öfters haben, aber ich komme nur fünfzehnmal über den Sommer dazu. Das Jahr ist dicht. Ich kann mich nicht zerteilen. Es ist natürlich schön, wenn man so gefragt ist, aber man braucht auch mal ein bisschen Freiraum.
Gefragt zu sein, ist aber eine schöne Sache. Es gibt ja auch Schlagerstars, die irgendwann bei Auftritten im Autohaus landen. Ging das Ihnen auch mal so?
Die Nachfrage ist schon mal abgeebbt. 1969 hatten wir mit der „Kleinen Eva“ unseren ersten großen Hit. Damals haben wir unsere Berufe, ich war Werkzeugmacher, aufgegeben und wurden Berufsmusiker. Mit „Schalala I love you“ hatten wir den nächsten großen Hit. Danach wurde es etwas weniger. Parallel zur Musik habe ich damals noch als Sportlehrer gearbeitet, ich habe als Tennistrainer Regionalliga trainiert und war für die badische Jugend zuständig.
1986 kam dann „Die rote Sonne von Barbados“ – da ging es dann richtig ab mit der Musik. Wir hatten nie Existenzangst, muss ich sagen. 20 Jahre haben wir die größten Arenen gefüllt. 2011 haben wir auf dem Höhepunkt aufgehört, danach habe ich als Solist erfolgreich weitergemacht. Und dann kam „Wir sagen dankeschön“. . .
Ihr Lied „Wir sagen dankeschön – 40 Jahre die Flippers“ wird auch von jungen Leuten mitgesungen, nachdem zwei DJs 2022 ein Remix rausgebracht haben.
Nee, nee. Ein paar DJs haben das auf Mallorca aufgelegt. Im Prinzip ist der Hype aber entstanden durch die Kegelvereine und Fußballclubs, die nach Mallorca kamen und das Original mitgebracht haben. Das Lied ist ja schon von 2009, aber 2021 hat sich das so entwickelt. Ich wiederhole mich: So etwas habe ich noch nicht erlebt. Und es kommen ganz junge Leute, Buben und Mädels von 18, 20 Jahren.
Wie erklären Sie sich, dass dieser Flippers-Song bei jungen Menschen so gut ankommt?
Ich kann es nicht erklären. Vielleicht ist es diese Zeile: Wir sagen dankeschön. Wenn Sie den ersten Vers mal nehmen – ohne „40 Jahre die Flippers“ – ist das ein Dankeschön für alles. Dass es uns gut geht, dass wir nach der Pandemie wieder feiern können. Ich weiß es nicht. Es gibt ja Leute, die behaupten, sie wüssten, was ein Hit ist. Ich weiß auch, was ein Hit ist, aber immer erst danach.
Ich bin einfach dankbar und freue mich mit meiner Familie, dass das so ist. Vom fünfjährigen Jungen, als ich in Österreich gespielt habe, bis zur Hundertjährigen im Altersheim bekomme ich dafür Zuspruch. Das ist wunderschön und macht einen demütig. Jetzt feiern wir das – nächstes Jahr ist schon fast ausgebucht.
Stört Sie das, wenn Leute nur aus Partylaune mitgrölen? Oder ist Ihnen das egal, warum die Menschen begeistert sind?
Grölen ist das falsche Wort – sie singen! Da singen bei Rock am Ring 80.000 Leute. Die singen „Lotusblume“ mit, „Mona Lisa“, sogar „Kleine Eva“. „Wir sagen dankeschön“ könnte ich in Dauerschleife singen. Die singen wunderschön alles mit.
Unterscheiden sich die Fans heute von früher?
Nein, damals waren das auch schon alle Generationen. Wenn ich am Flughafen bin, kommen die Leute. Erst trauen sie sich nicht so richtig, dann fragen sie: Können wir ein Foto machen? Das find ich toll!

Die Flippers wurden mit 80 Gold- und Platinplatten ausgezeichnet, haben 40 Millionen Tonträger verkauft.
Ich glaube, es sind 70. Verkaufte Tonträger wahrscheinlich mehr. Es ist jedenfalls gigantisch viel.
Was passiert heute, wenn ein Lied wie „Wir sagen dankeschön“ wieder in den Charts landet? Kann man als Musiker von den verkauften Platten heute noch leben?
Platten werden fast keine verkauft, CDs auch wenige. In erster Linie sind es Streams, bei denen es abgeht. Das sind Millionen von Klicks, wie viele weiß ich gar nicht. Das kann man sich gar nicht vorstellen.
Kann man davon leben? Werden Sie damit reich?
Natürlich kann man leben von Musik. Aber reich bin ich, weil ich eine tolle Familie habe!
Unter der Rubrik Schlager versammelt sich so einiges. Was macht für Sie guten Schlager aus?
Gut gibt‘s sowieso nicht, und Schlager ist da auch keine Kategorie. Musik ist für mich so: Es gefällt mir oder es gefällt mir nicht. Was ist jetzt Schlager? Zum ersten Mal wurde das Wort 1816 benutzt – beim „Freischütz“, ich hab mich da mal schlau gemacht. Das bedeutet einfach: erfolgreich. Wie will man das definieren? Es gibt Welthits, die haben im Refrain nur einen Akkord. Es liegt im Auge des Betrachters.
Gefällt Ihnen „Layla“ oder ist da die Grenze des guten Geschmacks überschritten?
Die Nummer wird überall gesungen. Wem‘s gefällt – ist doch klasse. Was soll ich denn urteilen? Ist eine lustige Nummer. Wem‘s nicht gefällt, der kann ja das Radio ausschalten.
Vergangenen Sommer gab es eine große Debatte über das Lied, weil das auf manchen Festen nicht gespielt werden durfte. Aus Ihrer Sicht berechtigt oder völlig daneben?
Da möchte ich nicht darüber urteilen. Das ist nicht in meinem Bereich.
Die Flippers, das waren zu ihren Glanzzeiten Bernd Hengst, Manfred Durban und Sie. Manfred Durban ist 2016 gestorben. Was macht Bernd Hengst? Haben Sie noch Kontakt?
Nein. Wir haben uns ja 2011 getrennt. Danach haben wir uns ein paar Mal getroffen. Dem Bernd geht‘s gut. Es ist, wie wenn man in einem Betrieb arbeitet: Man kündigt, und dann ist man weg. Wir waren ein tolles Team. Aber jeder hat seinen eigenen Bekanntenkreis.
Mit wem stehen Sie heute auf der Bühne?
Alleine! Das ist heute meistens so, dass die Musik vom Stick kommt, nur der Gesang ist live. Selbst bei den Schlagerparaden ist das so, dass die Künstler allein auf die Bühne gehen. Da singt man dann alleine, vor 20.000 Leuten oder mehr, wie bei Rock am Ring.
Hatten Sie da vorher ein bisschen Bammel, ob diese Metal-Fans sich wohl auf Flippers einlassen?
Ja, natürlich. Ich war ja Special Guest, die Leute wussten nicht, dass ich komme. Ich hatte aber vorher hinter der Bühne mit einem DJ zusammen ein Interview gemacht. Kurz vor meinem Auftritt wurde das ausgestrahlt – und 80.000 Leute jubeln. Da wusste ich: das funktioniert. Der Puls ist dann schon höher, das legt man nicht ab.
Sie sind 77. Wie schaffen Sie dieses Pensum?
Ich bin relativ gesund, habe eine tolle Familie. Und das Wichtigste: Der Job macht mir Freude. Man muss Freude daran haben, rauszugehen und die Fans zu sehen. Und das hab ich.
Wie haben Sie sich eigentlich im Laufe der Jahre die vielen weiblichen Fans vom Leibe gehalten?
Wie meinen Sie das?
Naja, körperlich.
Nein, ach was. Es kommen viele Mädels auf mich zu, aber auch die Buben. Die wollen ein Autogramm oder vielleicht auch mal mich umarmen. Aber das ist es.
Ihre Frau musste sich nie Sorgen machen?
Nie im Leben! Wir sind jetzt 52 Jahre verheiratet!