Die diesjährige Rathausoper in Konstanz bietet alles, was einen inspirierten und zauberhaften Abend ausmacht. „Abu Hassan“ kommt zur Aufführung, ein musikalisches Märchen wie aus Tausendundeiner Nacht. Komponiert von Carl Maria von Weber und uraufgeführt im Juni 1811 im Münchner Residenztheater, nimmt das Singspiel die Zuschauer mit auf eine Reise in den Orient, voller Witz und Tempo, facettenreich und mit großem Elan.

Auch der Komponist hatte Schulden

„Liebe, List und leere Taschen“ ist das Motto der Geschichte. Es geht ums liebe Geld und die Frage, wie man mit Schulden umgeht und wie man die Themen Geld und Liebe zueinander fügt. Von Weber war bei der Uraufführung gerade einmal 24 Jahre alt, und er war Zeit seines kurzen Lebens von Geldsorgen geplagt. Sein Weg führte ihn sogar einmal für 16 Tage in Untersuchungshaft. Immer wieder musste er Schulden machen, die er meist nicht zurückzahlen konnte. „Arm bin ich auf die Welt gekommen, alle meine Mitgift ist Haupt und Hand“, sagte Von Weber über sich selbst.

Bearbeitung von hiesigem Musiker Fréderic Bolli

Der Librettist Franz Carl Hiemer wusste also schon, wie er den Fokus auf die Vita Webers lenken konnte. Dieser hat lange an dem Stoff gearbeitet, Jahre später noch Arien hinzugefügt. Der in Konstanz gut bekannte Komponist Frédéric Bolli hat das Werk nun für die Rathausoper musikalisch bearbeitet, Andreas Merz inszeniert nach dem „Pagliacci“ 2023 zum zweiten Mal in Konstanz.

Ein liebenswerter Luftikus

Die Geschichte selbst ist schnell erzählt: Abu Hassan (Ljuban Zivanovic) liebt das süße Leben mit Wein, Weib und Gesang. Zusammen mit seiner Frau Fatime (Franziska Groß) frönt er dem Luxus, ohne sich Gedanken darüber zu machen, wie er sein Dasein eigentlich finanzieren kann. Er ist ein wahrer, aber liebenswerter Luftikus, möchte man sagen. Doch so einfach lassen ihn seine Gläubiger nicht davonkommen. Diese finden sich in einem Chor zusammen, pompös eingekleidet in schwarzem Tüll mit viel goldenem Lametta (Kostüme: Joachim O. Steiner). Sie bedrängen das Paar und pochen auf das Tilgen der Schulden.

Abu Hassan (Ljuban Živanović, links) und seine Frau Fatime (Abu Hassan, rechts) sind in Geldnöten. Omar (Clemens Morgenthaler, Mitte) ...
Abu Hassan (Ljuban Živanović, links) und seine Frau Fatime (Abu Hassan, rechts) sind in Geldnöten. Omar (Clemens Morgenthaler, Mitte) versucht das auszunutzen. | Bild: Björn Jansen

Omar (Clemens Morgenthaler) ist der Wechsler des Kalifen. Er ist unsterblich in Fatime verliebt will die komplizierte Situation des verschuldeten Paares ausnutzen. Fatime macht ihm Hoffnungen, doch das bringt dem verschuldeten Paar nicht mehr als einen Zahlungsaufschub. Also schmiedet es einen Plan, der sie aus der Misere herausführen soll.

Der Kalif Harun al-Raschid lobt Gelder aus als Beerdigungskosten für Verstorbene, die zu seinem Hof gehören. Und so beschließt das Paar, seinen Tod vorzutäuschen, um an das Geld zu kommen, mit dem sie ihre Schulden tilgen können. Da sich beide totstellen, nimmt die Verwirrung ihren Lauf. Der Kalif (Thomas Schürpf) und seine Frau (Nina Niknafs) decken den Schwindel auf, sind aber von dem Bluff so belustigt, dass sie dem Paar die Schulden erlassen und zusätzlich noch einen Sack voller Gold schenken.

Orientklänge bereits in der Ouvertüre

Das Kammerorchester der Rathausoper (Leitung: Eckart Manke) beginnt das Singspiel mit einer schönen Ouvertüre, man kann schon die Klänge aus dem Orient erkennen. Heiter und beschwingt geht es los, dann betritt das Paar die Bühne, gleich mit großer Präsenz, sie frönen gesanglich dem üppigen Leben. Der Mensch lebt eben nicht vom Brot allein, möchte man denken, es herrscht eine epikureische Genusssucht. Es geht um Leben und Tod, ohne jedoch bierernst zu werden. Alle Not hat ein Ende, Hassan tanzt mit einem Feudel. Er ist so voller Liebe, dass er nicht weiß, wohin mit seinen Gefühlen. Eine Erzählerin (Nina Niknafs) kommt ins Spiel, Omar entpuppt sich als Halsabschneider.

Die Soloarien der Fatime (Franziska Groß, links) gehören zu den Höhepunkten des Abends. Rechts Ljuban Živanovi? als Abu Hassan.
Die Soloarien der Fatime (Franziska Groß, links) gehören zu den Höhepunkten des Abends. Rechts Ljuban Živanovi? als Abu Hassan. | Bild: Björn Jansen

Franziska Groß ist als Fatime eine ganz und gar zierliche Person, die dennoch mit großer Stimme agiert. Ihre Soloarien gehören zu den Höhepunkten des Abends. Auch Clemens Morgenthaler als Omar bekommt sein Solo, auch er verkörpert seine Rolle großartig. Er ist aufdringlich, aber Fatime weiß sich listig zu wehren. Sie bekommt dann auch die Wechsel der Schulden zurück.

Von links: Omar (Clemens Morgenthaler) Abu Hassan (Ljuban Živanovi?), Nina Niknafs als Erzählerin sowie der Chor der Rathausoper.
Von links: Omar (Clemens Morgenthaler) Abu Hassan (Ljuban Živanovi?), Nina Niknafs als Erzählerin sowie der Chor der Rathausoper. | Bild: Björn Jansen

Auf der Bühne (Andreas L. Mayer) ragt ein Turm in die Höhe, er wird bespielt, es geht treppauf, treppab. Schließlich erscheint die Gattin des Kalifen, mit einer Krone aus Pfauenfedern. Bei den Accessoires werden keine Kosten gescheut. Fatime spielt das Manöver nochmals durch, sie will, nein, sie muss leben. Doch die Kalifin durchschaut das Spiel. Omar und das Paar beratschlagen, was zu tun sei. Dann kommt das Orchester nochmal in große Fahrt, es geht hin zum Finale mit Pauken und großem Besteck. Am Ende wird alles gut, der Running Gag des Abends: Wozu Schulden machen, wenn es das Sondervermögen gibt! Sehr, sehr schön gemacht das Ganze, Bravo!

Weitere Vorstellungen am 18., 20., 22./ und 23. August, jeweils 20.45 Uhr. Restkarten und Infos unter www.rathausoper.de