Miau, Larry,
das heißt in diesem Fall: Hallo. Muss ich dir nicht erklären, klar, aber wir wissen beide – du als erfahrene Katze, ich als erfahrene Mitbewohnerin einer solchen –, dass so ein Miau sehr viel bedeuten kann.

Abhängig davon, wie lang du den Laut ziehst, wie laut oder leise du ihn äußerst, ob er verjammert klingt, frech oder bettelnd. „Füttere mich sofort!“ könnte es also ebenso heißen wie „Igitt, das soll ich essen?“, alternativ auch „Lass mich raus, ich muss mal!“ oder „Lass mich rein, es ist kalt!“. Auch möglich: „Streichle mich“ oder „Lass mich in Ruhe!“. Ach, was ihr Katzen alles in ein „Wort“ stecken könnt …

Dein Katzenleben ist wirklich beneidenswert, das muss ich neidvoll anerkennen. Auch wenn das, was du tust, vermutlich viel anstrengender ist, als sich ein Mensch wie ich auch nur im Entferntesten ausmalen könnte.
Schlafen, essen, dösen, hin und wieder an wechselnden Orten ein kleines oder großes Geschäft verrichten und vor allem: Politikern und Politikerinnen aus Großbritannien und aller Welt um die Beine streichen und auf den dunklen Anzughosen oder den Feinstrumpfhosen helle Haare hinterlassen, sodass für jeden sichtbar ist, wer in Downing Street Nr. 10 in London wirklich das Sagen hat. Du. Wer sonst?

Du wurdest einst zum „Chief Mouser“ ernannt, dem obersten Mäusefänger des Vereinigten Königreichs. Aber das ist lange her. Inzwischen, heißt es aus Regierungskreisen, seist du dafür zuständig, „Gäste im Haus zu begrüßen, Sicherheitseinrichtungen zu inspizieren und antike Möbel auf Schlafqualität zu testen“. Mäuse? War da was?
Ist im Grunde auch egal – selbst wenn du deiner Tätigkeit nicht mehr zur Zufriedenheit des Staats nachkommst, Konsequenzen hast du kaum zu befürchten. Seit zwölf Jahren bist du im Amt, länger als jeder Premierminister seit Ende des 19. Jahrhunderts. So lange hat es nicht mal Margaret Thatcher (elfeinhalb Jahre) ausgehalten. Da lässt du dich von ein bisschen Kritik ganz sicher nicht aus der Ruhe bringen. Rücktrittsforderungen sitzt du aus.

Deine Beständigkeit ist es, die dich so beliebt macht. In turbulenten Zeiten bist du eine Konstante, so wie es auch die Royals sind. Ebenso wie König Charles III. hast auch du keine echte Macht, aber eine unausgesprochene. Deine Stärken liegen woanders. Bei Staatsbesuchen brichst du das Eis schneller als jeder politisch unkorrekte Witz von Boris Johnson. Du würdest dich, anders er, sicher nie aus dem Amt jagen lassen.

Eine Katze, die etwas auf sich hält, bestimmt schließlich selbst, wo sie wohnen will. Das haben Frauchen, Herrchen oder wer auch immer zu akzeptieren. In deinem Fall Rishi Sunak, der offizielle Hausherr von Downing Street Nr. 10 – aber der ist am Ende auch nicht mehr als ein weiterer Premierminister, der mit dir das Haus teilen darf.
Und falls du doch mal keine Lust mehr hast auf große Politik – vielleicht teilt der inoffizielle Bürgermeister von Cockington sein Amt mit dir. Patrick, das Shetland-Pony, soll ein ganz netter Typ sein.