Es war einer der ersten Facebook-Postings nach der Bekanntgabe des Ergebnisses der Europawahl in Deutschland: „2,4 Prozent für eine Partei, die keine Politik macht – und das bei höherer Wahlbeteiligung: Was müssen wir in Deutschland doch für Probleme haben“, schrieb ein anonymer Nutzer. Mit zwei Abgeordneten zieht „Die Partei“ in das neue Europäische Parlament ein. Neben dem früheren Chef des Satire-Magazins „Titanic“, Martin Sonneborn, 54, wird auch der aus der ZDF-„heute show“ bekannte Nico Semsrott, 33, Politiker.

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Nicht wirklich lustig

Als wirklich lustig empfanden nur wenige Abgeordnete die ohnehin begrenzten Auftritte Sonneborns in der letzten Legislaturperiode – was weniger an Humorlosigkeit lag, sondern an der Unmöglichkeit, Wortwitz einigermaßen angemessen in 23 Amtssprachen zu übertragen. „Wir können, was er sagt, zwar übersetzen, aber dabei geht jeder Hintersinn verloren“, sagte einer der Dolmetscher im Parlament.

Witze überstehen die Übersetzungen nicht

Als Sonneborn die deutsche Kanzlerin nach ihrer Rede über die Zukunft der EU bat: „Wenn sie gehen, übergeben Sie unser Land besenrein. Das wäre nett. Und jetzt können Sie gehen“, verflachte die Pointe auf Englisch, Französisch oder Finnisch. Sonneborn nennt so etwas Politik mit satirischen Mitteln. Als reiner Clown (Sonneborn: „Politclown bitte“) will er sich aber auch nicht verstehen. Er habe zwar nie den Anspruch gehabt, in Brüssel politisch etwas zu erreichen. Dennoch betonte er zum Beginn seiner Tätigkeit als Abgeordneter gegenüber unserer Zeitung, Satire sei „durchaus ein Mittel, um junge Menschen an die Politik heranzuführen.“ Ob das reicht?

Bei drei von vier Abstimmungen fehlt er

Die Bilanz des fraktionslosen Abgeordneten Sonneborn sei „überschaubar“, sagen Parlamentskollegen. Seine Anwesenheitsrate gehört nach internen Statistiken zu den niedrigsten aller deutschen Volksvertreter. An drei von vier Abstimmungen nahm er nicht teil. „Im Kulturausschuss war er als stellvertretendes Mitglied nur einmal, sonst hat er durch Abwesenheit geglänzt“, erzählt die scheidende Grünen-Europaabgeordnete Helga Trüpel.

Hinzu kam, dass er, wenn er denn schon mal abstimmte, abwechselnd mit Ja oder Nein votierte. Aus anderen Fraktionen heißt es, er sei „ein rotes Tuch“. Die bisherige SPD-Politikerin Kerstin Westphal hält Sonneborns Satire sogar „für genauso gefährlich wie die Kampagnen der Rechtspopulisten, weil er versucht, die EU von innen zu zerstören, indem er sie lächerlich macht. Und das wird auch nicht besser, wenn er das mit Spaß verkleidet.“ Wenn er in Ausschüssen auftauche, filme er sich oft selbst mit einer Videokamera.

Sonneborn wollte schon beim letzten Mal nur kurz im Parlament bleiben, die Diäten kassieren und jeden Monat einem anderen Parteimitglied die Chance geben, vier Wochen lang Abgeordneter zu spielen. Doch solche Sperenzchen erlaubt die Geschäftsordnung nicht.