Die wichtigste Symbolfigur des Prager Frühlings von 1968 ist der damalige tschechoslowakische KP-Chef Alexander Dubcek. Der slowakische Historiker und Politologe Juraj Marusiak von der Slowakischen Akademie der Wissenschaften analysiert, was von Dubceks Zielen geblieben ist.

Was war das Programm von Alexander Dubcek?

Dubcek selbst war kein politischer Theoretiker oder gar Ideologe. In der kommunistischen Führung gehörte er zu den Leuten, die eine enge Beziehung zur Bevölkerung hielten und ihr mehr als Partner denn als Machtpolitiker gegenübertrat.

Die eigentlichen Reformer sahen ihn eher als Kompromisskandidaten zwischen ihnen und der konservativen Machtstruktur. Erst im Zuge des Reformprozesses wandte er sich mehr dem radikaleren Flügel zu.

Die Entwicklung in der Tschechoslowakei wurde von den Regimen in der DDR, Polen, auch Ungarn als Bedrohung gesehen. Als Impulsgeber für die Entstehung des Eurokommunismus im Westen bedrohte der Prager Frühling den Moskauer Hegemonie-Anspruch.

Dubcek ist 1992, also bald nach der Wende, gestorben. Hätte sich ansonsten etwas von seinem ursprünglichen Programm noch verwirklichen lassen?

Es ist schwer zu sagen, was nach der Wende von seinem Modell eines „Sozialismus mit menschlichem Antlitz“, also eines „dritten Weges“ zwischen westlichem Kapitalismus und stalinistischer Diktatur, tatsächlich noch fortsetzbar gewesen wäre, nachdem der Sozialismus als solcher überwunden war.

Dubcek selbst trat nach 1989 der Sozialdemokratischen Partei der Slowakei bei und wurde ihr Vorsitzender. Vom eigentlichen Kommunismus hatte er sich also schon losgesagt.

Davor hatte er sich fast zwanzig Jahre kaum mehr politisch engagiert und zum Beispiel auch nicht die „Charta 77“ der Dissidenten um Vaclav Havel unterschrieben. Umfragen zeigten zwar noch große Sympathien für die Idee eines Sozialismus, aber ohne klare Konturen. 

In den ersten Monaten nach der Wende wünschten sich die meisten eine Art Synthese aus westlichem Wohlstand mit der sozialen Sicherheit des alten Systems. Die schnelle Transformation in fast allen ex-sozialistischen Staaten hat so ein Modell aber obsolet gemacht.

Wie sehen Tschechen und Slowaken Alexander Dubcek heute?

In Tschechien sieht man ihn zwar auch als Symbolfigur für die Ideale des Prager Frühlings, wirft ihm aber auch vor, dass er sich dem sowjetischen Druck fügte und die Rücknahme der meisten Reformen und Einschränkungen der Menschenrechte unterschrieb.

In der Slowakei sieht man ihn vor allem als Symbol für Anständigkeit und moralische Werte in der Politik. Damit ist er eine Identifikationsfigur, auf deren Erbe sich linke und sozialdemokratische ebenso wie bürgerliche Politiker über Parteigrenzen hinweg berufen.

Noch dazu verbindet man hier mit ihm die Föderalisierung der Tschechoslowakei, die den Slowaken mehr Gleichberechtigung brachte. (dpa)