Ganz Deutschland hat gemischte Gefühle: Kurz vor Beginn der Fußball-Weltmeisterschaft in Katar sind viele Menschen unsicher, ob sie die Spiele gucken wollen – oder gar dürfen. Menschenrechtsverletzungen, Bestechung bei der Vergabe oder Tote beim Bau der Stadien – die Liste der Vorwürfe ist lang. Aber keine Sorge! Wir haben für Sie fünf Ausreden vorbereitet, damit Sie in den kommenden Wochen keine Gewissensbisse haben müssen.
1. „Die anderen gucken ja auch!“
Viele Personen des öffentlichen Lebens erklären nun: Sie seien kein Fan der Katar-WM, doch einschalten wollen sie trotzdem. Ministerpräsident Winfried Kretschmann, Fußballtrainer Jürgen Klopp, Moderator Jörg Wontorra oder Ex-Vereinsmanager Reiner Calmund – diese Liste eignet sich hervorragend für Ausreden. Sie, liebe Leser, stehen damit unter Gruppenzwang – das wird jeder verstehen!

Calmund beispielsweise warnte in einem Interview mit dem Nachrichtenportal „watson.de“ auch vor Kritik an Katar. Man sollte nicht verachten, was das Land alles zu bieten habe: Strände, bezahlbare Top-Hotels und Shoppingmöglichkeiten. „Das dürfen wir alles nicht vergessen“, so Calmund. Wenn Sie also Hansis Jungs im TV verfolgen, denken Sie bitte an all die eiskalten Einkaufszentren und die Hotelangestellten, die sehnsüchtig darauf warten, dass Sie mal für eine Nacht in Katar vorbeischauen.
2. „Nicht schauen heißt wegschauen!“
Dieser Satz stammt vom „Bild“-Journalist Alfred Draxler und eignet sich für jeden Smalltalk am Gartenzaun. Draxlers Argumentation: Er wolle einschalten und „ganz genau hinschauen“, schrieb er. Wer also nicht guckt, könne nicht bewerten, was in Katar vor sich gehe.

Doch um einen Eindruck davon zu bekommen, braucht man nicht einmal Jahrhundertspiele wie Katar gegen Ecuador zu gucken. Hunderte Berichte und Dokumentationen aus den vergangenen Wochen, Monaten und Jahren klären darüber auf – nicht zuletzt die ZDF-Doku „Geheimsache Katar“ mit Jochen Breyer.
3. „Mein Boykott ändert eh nichts.“
Der kleine Zuschauer, der aus dem Fernsehsessel heraus dem großen Turnier den Kampf ansagt, es ist ein hoffnungsloses Unterfangen – das sollten Sie sich endlich eingestehen! Denn egal wie sehr Sie sich quälen, die Spiele nicht zu schauen: Ihr Plan hat einen Haken. Dass Sie nicht gucken, könnte nämlich gar nicht in die Fernsehquoten eingehen.
Der Wert basiert traditionell auf Stichproben. Rund 5500 ausgewählte deutsche Haushalte haben eine Box am Fernseher angeschlossen, die Informationen zum Fernsehverhalten an das Marktforschungsinstitut GfK weiterleiten. Dieses errechnet letztlich die Gesamtquote. Dass sich ihr Protest also direkt auf die Quote auswirkt – davon kann keine Rede sein.
4.“Ich mache es für meine Kinder.“
Kinder gehen immer: Sie sind die Zukunft und sollen ja später die Welt regieren. Für ihre Söhne hat sich beispielsweise Alena Buyx, Vorsitzende des Deutschen Ethikrats, etwas ganz besonderes ausgedacht. Sie lässt ihre Söhne ausgewählte Spiele gucken, dafür müssen diese spenden, wie sie im Podcast „Apokalypse & Filterkaffee“ verriet.
Sie können diesen Taschengeld-Tauschhandel auch zu Hause einführen – oder: Lassen Sie ihre Kinder einfach gucken und verwöhnen sie diese mit Kakao oder Spekulatius. Dann können sie immer wieder auf den Spielstand schielen und wissen Bescheid. Dabei behalten Sie ein reines Gewissen, denn sie tun es ja für Ihre Kinder!
5. „Es ist draußen so dunkel.“
Der November ist wie eine Durststrecke durch die katarische Wüste: kein goldener Herbst mehr, aber auch noch keine Weihnachtszeit. Außerdem sind die Tage kurz und der Vitamin-D-Spiegel sinkt bei den meisten Menschen in den Tabellenkeller. Was könnte da anderes Erlösung schaffen als der Fußball?
In Zeiten von Ukraine-Krieg, Post-Corona-Blues und Inflation sind solche Gedanken nachvollziehbar. Achtung aber vor dem Kater, der Ihnen im Januar auflauern wird! Nach WM, Weihnachten, Feiertagen und Silvester werden Sie sich den Frühling baldmöglichst herbeiwünschen.