Die Deutsche Telekom und das Softwarunternehmen SAP haben in den vergangenen Wochen an einer App, also einer Anwendung für das Smartphone, gearbeitet, die den Bundesbürgern auch und gerade mit den jüngsten Lockerungen der Infektionsschutzmaßnahmen gegen das Corona-Virus schützen helfen sollen. Wie aber funktioniert das? Wir haben die wichtigsten Fragen und Antworten.
Wie funktioniert die App?
Die App nutzt eine spezielle Bluetooth-Technologie: Sie erkennt Smartphones in der Nähe, die die App ebenfalls installiert haben und tauscht sich mit ihnen aus. Konkret werden anonymisierte kurzzeitige Identifikationsnummern ausgesendet, die von anderen App-Nutzern empfangen werden können.
Ist ein Nutzer positiv getestet und der Status in der App erfasst, können die anderen App-Nutzer darüber informiert werden, dass sie sich in der Vergangenheit in der Nähe eines Infizierten aufgehalten haben. Mit Hilfe eines Algorithmus wird berechnet, ob Zeitraum und Abstand für eine Infektion ausreichen würden. Ist das der Fall, wird die Begegnung für eine bestimmte Zeit auf dem Smartphone gespeichert.
Wie erfährt die App, ob jemand positiv getestet wurde?
Nutzer, die positiv getestet wurden, können diese Angabe freiwillig in der App eingeben. Dann erhalten alle relevanten Kontakte – also Personen, die in dem für die mögliche Ansteckung relevanten Zeitraum in der Nähe des Betroffenen waren, per App gewarnt. Die Nutzer erfahren aber weder, wer sich infiziert hat, noch, wo oder wann die Ansteckung geschehen sein könnte.
Warnt mich die App in Jetzt-Zeit?
Nein. Das wäre mit dem Persönlichkeitsschutzrecht der Bürger nicht vereinbar. Würde die App etwa in Echtzeit melden, dass sich ein Infizierter im Supermarkt aufhält, könnte das Panik oder Unruhe auslösen. Beim Einkaufen gilt weiterhin die Maskenpflicht, gebührender Abstand im öffentlichen Raum. Das sei auch mit der Anwendung der App weiterhin wichtig, betont Mitentwickler SAP.
Was bringt die App dann überhaupt?
Sie entlastet die Gesundheitsämter, so die Hoffnung des Bundesgesundheitsministeriums. Denn bislang müssen die Gesundheitsämter mühsam mögliche Kontakte eines Infizierten rekonstruieren, die Menschen ausfindig machen und über die mögliche Ansteckung informieren. Die App könnte das schneller. Mögliche Infizierte könnten sich unmittelbar in häusliche Quarantäne begeben, bis sie getestet wurden und Gewissheit haben, statt möglicherweise unwissend andere Menschen anzustecken.
Schützt mich die App denn, wenn sie nur wenige nutzen?
Nein. Um die Infektionsketten wirkungsvoll zu durchbrechen, sei eine hohe Nutzungsrate der App nötig, sagen die Hersteller. Auch Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) ist sich bewusst, dass die App nur effektiv sein kann, wenn sich möglichst viele Bürger daran beteiligen: „Wenn wir in den kommenden Wochen einige Millionen Bürger von der App überzeugen, dann bin ich schon zufrieden“, sagte er in einem Interview. Gleichzeitig mahnt er: „Wir sollten die Erwartungen auch nicht zu hoch schrauben. Das Virus einzudammen, ist ein Teamspiel. Jeder, der die App herunterlädt, hilft dabei.“
Kann mich die App auch über mein Testergebnis informieren?
Ja. Die App kann auch Testergebnisse übertragen. Nutzer können mit der App einen QR-Code scannen, den sie vom Arzt oder dem Labor bekommen haben, um das Ergebnis einzusehen. Die entsprechenden Daten sind auf einem Server für Testergebnisse gespeichert. Der Server erhält die Informationen vom Datensystem des Labors und übermittelt sie an die App.
Kann die App dadurch nicht missbraucht werden zur Panikmache?
Das soll verhindert werden. Um zu verhindern, dass Nutzer Panik schüren, in dem sie fälschlicherweise ihren anonymisierten Status als infiziert angeben, müssen Anwender der App verifizieren, ob sie positiv getestet wurden. Das passiert über einen digitalen Schlüssel der Testergebnisse.
Werden persönliche Daten von mir abgegriffen?
Bedingt. Die Smartphones tauschen anonymisiert verschlüsselte Daten über die Dauer und den körperlichen Abstand ihrer Besitzer aus. Die meisten Daten werden lokal, also auf dem Gerät des Nutzers gespeichert. Die App wertet aber keine Geo-Daten aus, also wo sich jemand aufhält. Allerdings wird eine anonymisierte Liste zentral gespeichert, also nicht auf den Smartphones selbst.
Bleibe ich auch wirklich anonym als Nutzer?
Ein Sprecher der SAP sagt dem SÜDKURIER auf Anfrage: Ja. „Die dezentrale Datenspeicherung auf den Geräten garantiert Datenschutz.“ Das Unternehmen arbeite eng mit Fachleuten des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) und dem Bundesdatenschutzbeauftragten zusammen, betonte der Sprecher. Die Hersteller haben den Code der App offengelegt, so dass Experten oder die Netzgemeinde selbst die App auf Herz und Nieren prüfen können. Das Onlineverbrauchermagazin CHIP hat die App vorab getestet und mit „sehr gut“ bewertet.
Ist die neue App ein Energiefresser?
Nein, offenbar nicht. Durch die Bluetooth-Technologie, die einen niedrigen Energiestandard hat, hält sich der Stromverbrauch der App „sehr stark in Grenzen“, sagt der Sprecher der SAP. „Eine App, die in wenigen Stunden den Akku des Handys leer zieht, nutzt keiner“, weiß auch Jens Spahn. Er wolle vermeiden, dass die App von vielen wieder gelöscht werde, weil sie zu viel Energie fresse.