Der Immunologe Martin Bachmann und seine Forschergruppe vom Universitätsspital Bern wollen schon im Oktober die Bewohner der Schweiz gegen das Coronavirus massenhaft impfen lassen. Im Februar 2021 sollen andere Länder folgen. Bachmann hätte dann in rund neun Monaten etwas erreicht, was normalerweise mehrere Jahre dauert. Der Immunologe will die Genehmigungsverfahren im Eiltempo durchlaufen – die Behörden der Schweiz stehen dem Projekt wohlwollend gegenüber.
Herr Bachmann, wann sollen die Impfungen mit dem Wirkstoff aus ihrem Labor gegen die Atemwegserkrankung Covid-19 beginnen?
Wir wollen im Oktober in der Schweiz starten, alle Bewohner sollen einen Impfschutz erhalten. Ab Februar können dann die Menschen in den anderen Ländern einen Impfschutz erhalten.
Sie wären im weltweiten Rennen um einen Corona-Impfstoff ganz vorne?
Ja. Wir könnten eine der ersten sein, wenn nicht die allerersten.
Fürchten Sie den Druck anderer Regierungen, etwa der USA, auf Sie, ihren Impfstoff schneller zu liefern?
Nein. Das glaube ich nicht. Wir in der Schweiz bezahlen ja auch für die Entwicklung und Herstellung. Zudem werden wir Erfahrungen sammeln, die anderen Ländern nur nutzen können. Die Impfungen in der Schweiz werden eine große Studie.
Könnten Staaten wie Deutschland, Österreich oder Luxemburg schon vor Februar Ihren Impfstoff erhalten?
Ich würde davon ausgehen, wir sind doch alle Europäer. Das muss aber die Herstellerfirma entscheiden, wenn es soweit ist. Grundsätzlich können Länder mit eigenen Kapazitäten das Medikament in Lizenz selbst produzieren.

Was macht sie so zuversichtlich, dass es so schnell gehen könnte?
Wir sind mit unserem Impfstoff schon sehr weit, Tierversuche verliefen erfolgreich. Von früheren Impfstoffen wissen wir, dass wir schnell und effizient produzieren können. Aus einen 200 Liter Bioreaktor können wir ein Kilogramm Impfstoff herstellen; das reicht um 10 bis 20 Millionen Dosen zu produzieren. Das würde also für die Schweiz mehr als genügen. Zudem unterstützt uns die Schweizer Zulassungsstelle Swissmedic, wir könnten schneller als üblich eine Lizenz erhalten. Der Wille der Behörden ist vorhanden, die gesetzlichen Grundlagen auch. Im August wollen wir rund 250 Menschen testimpfen. Danach sollen Testreihen mit Gesundheitspersonal, älteren Menschen und anderen Risikogruppen starten.
Worauf basiert Ihr Wirkstoff und wie soll er heißen?
Wir verwenden sogenannte virus-ähnliche Partikel. Diese sind aber nicht infektiös. Es sind selbstaufbauende Strukturen, die wie ein Virus aussehen, sie haben aber keine genetischen Informationen. Diese Partikel sind sehr immunogen, also wirksam. Zudem wird unser Impfstoff sehr verträglich und sehr sicher sein. Unser führender Impfstoff-Kandidat heißt RBD-CuMVtt.
Haben Sie schon einen Partner aus der Pharmaindustrie für die Produktion des Impfstoffs gefunden?
Die Gespräche laufen sehr intensiv, die Schweizer Firmen Novartis, Lonza oder Roche könnten die Produktion sehr schnell und sehr gut stemmen. Wir ziehen es vor, dass der Impfstoff in der Schweiz hergestellt wird. Wir sind aber auch in Kontakt mit Firmen außerhalb der Schweiz, etwa AGC Biologics in Heidelberg.