Joe Biden wird der 46. Präsident der USA, und Donald Trump muss am 20. Januar 2021 das Weiße Haus räumen. Doch geht mit ihm auch das, was Experten als „Trumpismus“ bezeichnen – jene Bewegung, die ihn 2016 ins Amt beförderte und ihm nun mit Kreuzchen von über 70 Millionen Bürgern einen Stimmenanteil bescherte, der in der Geschichte der amerikanischen Präsidentschaftswahlen nur vom Sieger Biden übertroffen wurde?

Trump wird weiter Einfluss auf Republikaner haben

Donald Trump dürfte auch nach seinem Ausscheiden noch erheblichen Einfluss auf die Republikaner und seine Anhänger haben. Denn eines muss man ihm trotz aller persönlichen Defizite lassen: Seine Kandidatur half Amerikas Konservativen, ihre wenn auch knappe Mehrheit im Senat aller Voraussicht nach zu bewahren.

Im Repräsentantenhaus gab es sogar entgegen der Prognosen der meisten Demoskopen Zugewinne an Sitzen. Im Supreme Court stellte Trump eine konservative Richter-Mehrheit sicher. Und das hat zur Folge, was das „Wall Street “ am Samstag so formulierte: „Er hat das Land vor einer radikalen linken Agenda bewahrt“.

Anhänger von US-Präsident Trump protestieren vor der Clark-County-Wahlabteilung.
Anhänger von US-Präsident Trump protestieren vor der Clark-County-Wahlabteilung. | Bild: John Locher/dpa

Bestätigen dürfte die Fans von Trump auch, dass die Entscheidung nun in Bundesstaaten wie Pennsylvania, Arizona, Georgia und Nevada denkbar knapp ausfiel und Trump beispielsweise Florida, Texas und Ohio erstaunlich klar gewann.

„Biden wird versuchen, uns die Waffen wegzunehmen“ 

Wer jetzt mit Wählern des Präsidenten spricht, hört immer wieder, was die Computer-Expertin Natalie Prieur aus Dallas so formuliert: „Die Trump-Bewegung wird noch stärker werden, wenn die Menschen sehen, wie Joe Biden und Kamala Harris regieren. Biden wird versuchen, uns die Waffen wegzunehmen, er wird die Steuern erhöhen und dem Land wegen der Corona-Pandemie wieder einen Lockdown verordnen.“

Das werde, da ist sie sicher, das Land noch mehr als bisher polarisieren und spalten – obwohl Biden in seinen Reden bisher betonte, er wolle ein Präsident für alle Bürger sein. Doch schon jetzt ist klar, dass ein ungeduldiger linker Flügel der Demokraten Druck auf Biden ausüben wird, um ihre Forderungen realisiert zu sehen.

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Anhänger Trumps hoffen auf Anwalt-Aktion

Andere Trump-Anhänger glauben zudem, dass das Rennen trotz der offiziellen Siegeserklärungen durch die US-Medien und die Biden-Kampagne noch nicht gelaufen ist – und die juristischen Aktionen Trumps, die bisher kaum Wirkung zeigten, das Ruder doch noch herumreißen werden. „Glaubt den Mainstream-Medien nicht,“ forderte beispielsweise Elizabeth Ochoa aus San Antonio (Texas) andere Anhänger Trumps auf Facebook auf. Es gebe keinen offizielle Gewinner, bis alle rechtlichen Einsprüche geklärt seien. Damit wiederholt sie die offizielle Position des Präsidenten vom Wochenende.

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Van Jones, einer der prominenten farbigen CNN-Moderatoren, forderte am Samstag angesichts der Stärke Trumps den Wahlsieger auf, die Anhänger des Unterlegenen „mit Respekt“ zu behandeln und Häme zu vermeiden. Doch ob dies dazu führen wird, dass die „Trumper“ den Demokraten Biden als legitimen Präsidenten ansehen, ist fraglich. In sozialen Medien sprechen die Trump-Fußtruppen weiter von „Betrug“ und glauben, mit illegalen Tricks um den Sieg beraubt worden zu sein.

Gibt es ein Comeback in vier Jahren?

Ob diese Einstellung in den nächsten Tagen zu größeren Protesten und Auseinandersetzungen führen wird, ist noch nicht abzusehen. Spekuliert wird seit dem Wochenende auch, ob es in vier Jahren ein politisches „Comeback“ für Trump geben könnte, der es immerhin geschafft hat, die Attraktivität seiner Partei bei der wichtigen Latino-Minderheit zu erhöhen.

Eine Anhängerin von US-Präsident Trump hält während einer Kundgebung einen Teddybären und eine Flagge mit der Aufschrift “Bear ...
Eine Anhängerin von US-Präsident Trump hält während einer Kundgebung einen Teddybären und eine Flagge mit der Aufschrift “Bear Arms„. | Bild: Rick Bowmer/dpa

Ein Präsident darf in den USA maximal zwei Amtszeiten haben, was Trump also einen erneuten Anlauf erlaubt. Und Biden wäre – würde er sich zu einer erneuten Kandidatur entscheiden – im Jahr 2024 immerhin bereits 81 Jahre alt. Auch wird im konservativen Lager eine Bewerbung von Trumps Sohn Donald junior erwähnt, der im Wahlkampf extrem aktiv gewesen war und zahlreiche Reden hielt.

Ob Donald Trump eine politische Zukunft hat, hängt nach Ansicht des „Wall Street Journal„ auch davon ab, ob er den Sieg Bidens akzeptiert oder verbittert eine Gratulation ablehnt. Er dürfe nicht die Partei und jene Menschen im Volk vor den Kopf stoßen, die ein Ende des Streites um den Wahlausgang wollen – und müsse das Weiße Haus mit Würde verlassen, so das Blatt.

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