Nina Feger

„Puffy Face“ oder „Cortisol Face“ – auf TikTok und Instagram kursieren unzählige Videos, in denen Influencer behaupten, ein aufgedunsenes, geschwollenes Gesicht sei das sichtbare Zeichen eines erhöhten Cortisolspiegels, dem sogenannten Stresshormon. Wer gestresst ist, soll es angeblich sofort sehen und als schnelle Lösung wird oft Magnesium als Nahrungsergänzungsmittel angepriesen. Doch was steckt wirklich hinter diesem Trend? Was genau ist Cortisol und was passiert eigentlich im Körper, wenn der Spiegel zu hoch ist? Dieser Artikel zeigt, was an dem Social Media Hype wirklich dran ist, welche Rolle Cortisol tatsächlich spielt und ob Magnesium wirklich gegen Stress helfen kann.

Was ist Cortisol und wofür ist es gut?

Cortisol ist ein Hormon, das zahlreiche Prozesse in unserem Körper steuert. Es wird, wie die Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie (DGE) erklärt, in den Nebennierenrinden gebildet und spielt eine zentrale Rolle bei der Regulierung des Stoffwechsels, der Energiebereitstellung und vor allem in Stresssituationen. Als sogenanntes „Stresshormon“ sorgt Cortisol dafür, dass wir in belastenden Momenten schnell reagieren können und leistungsfähig bleiben.

Doch Cortisol ist nicht nur bei Stress aktiv: Der Hormonspiegel folgt der DGE zufolge einem natürlichen Tagesrhythmus. Morgens, kurz nach dem Aufwachen, erreicht Cortisol seinen Höchststand und hilft dem Körper, energiegeladen in den Tag zu starten. Im Laufe des Tages sinkt der Spiegel dann kontinuierlich ab und ist abends besonders niedrig. So kann unser Körper zur Ruhe kommen und sich erholen.

Was ist Magnesium und wofür ist es gut?

Magnesium ist ein lebenswichtiger Mineralstoff, der zahlreiche Funktionen im Körper übernimmt. Laut der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) sorgt es nicht nur für starke Knochen und Zähne, sondern unterstützt auch die Muskel- und Nervenfunktion, stabilisiert den Herzrhythmus und Blutdruck und reguliert den Energiestoffwechsel. Erwachsene brauchen täglich rund 300 bis 350 Milligramm – Frauen etwas weniger als Männer. 

Was passiert bei einem Cortisolüberschuss?

Ein dauerhaft erhöhter Cortisolspiegel bedeutet, dass der Körper ständig im Alarmmodus ist und auf zu viele stressige Situationen reagieren muss. Dadurch kann der Hormonhaushalt aus dem Gleichgewicht geraten. Zu den häufigsten Auslösern zählen der DGE zufolge:

  • Stress im Berufsleben

  • Belastende Situationen im Privatleben

  • Hoher Alkohol- und Koffeinkonsum

Doch was passiert, wenn der Cortisolspiegel dauerhaft hoch bleibt? Sinkt der Cortisolspiegel abends nicht wie üblich ab, drohen Schlafstörungen, Bluthochdruck und eine Schwächung des Immunsystems, wie der Facharzt für Endokrinologie und Sprecher der DGE Matthias Kroiß erklärt.

Social Media Hype „Cortisol-Detox“: DGE mahnt zur Vorsicht

Auf Plattformen wie TikTok gehen immer wieder Trends viral, bei denen Influencer mit vermeintlichen Wundermitteln gegen das „Cortisol Face“ oder „Puffy Face“ werben. Ein geschwollenes Gesicht wird dabei als Zeichen für einen zu hohen Cortisolspiegel dargestellt. Dazu sollen bestimmte Vitamine oder Nahrungsergänzungsmittel nicht nur das Gesicht entpuffen, sondern auch Haarausfall und Faltenbildung verhindern.

Die DGE warnt jedoch ausdrücklich vor solchen Hypes: „Dieser Trend ist gefährlich, weil er völlig verkennt, dass es sich bei Cortisol um ein lebensnotwendiges Hormon handelt, das den Körper überhaupt erst leistungsfähig macht und bei allen Menschen in einer tageszeitlichen Rhythmik und bedarfsgerecht gebildet wird.“ Hier ist also Vorsicht geboten, denn wie die DGE erklärt, ist „nicht jedes rundliche Gesicht auf einen erhöhten Cortisolspiegel oder das Cushing-Syndrom zurückzuführen.“

Äußere Anzeichen wie ein „Cortisol Face“ sollten daher keinesfalls als Diagnosekriterium für einen Cortisolüberschuss herangezogen werden. Wer den Verdacht auf hormonelle Störungen hat, sollte sich an eine endokrinologische Facharztpraxis wenden und dort gezielt einen Hormontest durchführen lassen. Von kommerziellen Selbsttests für zu Hause rät die DGE ab.

Kann Magnesium das Stresshormon wirklich senken?

Liegt ein Überschuss an Cortisol vor, sollte dieser behandelt werden, um die Gesundheit und verschiedene Körperfunktionen zu schützen. Doch wie sieht es mit Magnesium als vermeintlichem Wundermittel gegen das Stresshormon aus? Ist es wirklich ein natürliches Beruhigungsmittel? Tatsächlich gibt es zahlreiche wissenschaftliche Studien, die zeigen, dass die Einnahme von Magnesium die Ausschüttung von Stresshormonen wie Cortisol reduzieren kann. In einer 2018 veröffentlichten französischen Studie wurde die Wirkung von Magnesium (mit und ohne Vitamin B6) bei gesunden Erwachsenen mit starkem Stress und Magnesiummangel untersucht. Bereits nach acht Wochen zeigte sich in beiden Gruppen, sowohl bei Magnesium allein als auch in Kombination mit Vitamin B6, eine signifikante Reduktion des Stresslevels. Besonders effektiv war die Kombination aus Magnesium und Vitamin B6 bei Menschen mit sehr hohem Stress, da Vitamin B6 die Aufnahme von Magnesium verbessert. Die Stressreduktion lag in dieser Gruppe fast 25 Prozent höher als bei Magnesium allein.

Umgekehrt kann ein Magnesiummangel die Cortisolausschüttung aber auch erhöhen – es entsteht also ein Teufelskreis. Eine weitere französische, präklinische Studie von 2020 zeigt: 

  • Wer unter Stress leidet, dessen Magnesiumspiegel sinkt, weil Stresshormone das Magnesium aus den Zellen verdrängen und die Ausscheidung über den Urin erhöhen.

  • Wer einen Magnesiummangel hat, ist wiederum anfälliger für Stress, da eine niedrige Magnesiumkonzentration die Ausschüttung von Stresshormonen weiter verstärkt.

Stressanfälligkeit: So entsteht ein Mangel an Magnesium

Ein Magnesiummangel ist laut DGE in Deutschland zwar selten, bestimmte Faktoren können das Risiko aber deutlich erhöhen. Die 2020 veröffentliche Studie nennt folgende Auslöser:

  • Eine hohe Zufuhr an Proteinen, Natrium, Kalzium

  • Übermäßiger Koffein- und Alkoholkonsum

  • Intensiver Sport

  • Lang anhaltender Stress

  • Bestimmte Medikamente wie Diuretika oder Antibiotika

Magnesiumreiche Lebensmittel

Um einem Mangel vorzubeugen, empfiehlt die DGE, auf eine magnesiumreiche Ernährung zu achten. Besonders viel Magnesium steckt in:

  1. Kerne und Samen, wie Kürbis- und Sonnenblumenkerne, Leinsamen und Sesam

  2. Vollkornprodukte

  3. Bitterschokolade und Kakaopulver

  4. Hülsenfrüchte, wie Linsen und Erbsen

  5. Grünes Blattgemüse, wie Mangold oder Spinat

  6. Fische und Meeresfrüchte

  7. Schwarzer Johannisbeersaft

Auch Espresso enthält relativ viel Magnesium. Allerdings kann zu viel Kaffee wiederum die Ausscheidung von Magnesium über die Nieren erhöhen.