Herr Kempter, wie geht es einem als Schiedsrichter, wenn man von den jüngsten Gewalteskalationen gegen
Unparteiische liest?

Ich war natürlich schockiert. Irgendwie sind die Vorfälle zwar weit weg, und doch sind sie auch ganz nah. Daher finde ich es unglaublich wichtig, dass über dieses Thema offen kommuniziert wird. Fußball ist Sport, und Sport ist friedlich. Man sollte daher auch Niederlagen mit Respekt akzeptieren und nicht nur den Schiedsrichter als Schuldigen ausmachen.

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Sind die Vorfälle ein Thema für die Schiedsrichter ihres Bezirks?

An Schiedsrichterabenden wird das Thema Gewalt und Prävention ständig behandelt, Referenten halten uns auf dem aktuellsten Stand. Da geht es vor allem darum, wie ich als Schiedsrichter nicht nur reagieren, sondern auch agieren kann, damit es erst gar nicht zu Konflikten kommt.

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Wie schlimm schätzen Sie die Lage in unserer Region ein?

Ich kann nur für den Bezirk Bodensee sprechen und da bekommen wir schon immer wieder Meldungen. Durch die Emotionalität des Fußballs ist es auch logisch, dass Konfliktsituationen enstehen. Zum Glück hatten wir zuletzt keinen gravierenden Fall. Ich habe als Schiedsrichter hier überwiegend positive Erfahrungen gemacht. Viele Vereine nehmen Einfluss auf das Verhalten ihrer Zuschauer und die Spieler.

Haben Sie das Gefühl, dass es zuletzt vermehrt Gewalteskalationen gab?

Das würde ich so nicht unterschrieben. Es gab schon immer solche und solche. Gerade viele Zuschauer meinen, sobald Sie ihr Ticket bezahlt haben, dass sie einen Freifahrtsschein für Beleidigungen haben. Neulich war ich auf einem Sportplatz und der Schiedsrichter wurde als „Schwarze Drecksau“ bezeichnet. Es kann einfach nicht sein, dass ein Zuschauer in dem Moment, wo er seine drei Euro Eintritt bezahlt hat, alle Manieren vergisst.

Ein Schiedsrichter am Hochrhein hatte vor ein paar Wochen eine klare Botschaft: „Keine Gewalt gegen uns Schiedsrichter.“
Ein Schiedsrichter am Hochrhein hatte vor ein paar Wochen eine klare Botschaft: „Keine Gewalt gegen uns Schiedsrichter.“ | Bild: Scheibengruber, Matthias

Es stimmt aber, dass es immer weniger Nachwuchs-Schiedsrichter gibt, oder?

Ja, die Resonanz ist schlechter geworden. Wir müssen uns einfach bewusst sein, dass für das Fairplay auf dem Spielfeld alle in der Pflicht sind. Egal ob Zuschauer, Schiedsrichter, Funktionäre, Trainer oder Spieler.