Der mediale Druck war groß, zu groß. Leider habe er mit drei schlechten Turnieren keine Argumente mehr, sagte Oliver Bierhoff nach dem Aus in Katar. Am Ende ging es schneller als erwartet. Oliver Bierhoff zeigte in der Niederlage Größe und zog den Schlussstrich, bevor andere ihm den Stift führten. Ihm musste klar sein, dass dieses Scheitern mit personellen Konsequenzen verbunden sein wird.
Es ist eine gute Entscheidung des 54-Jährigen, der damit als erster die Konsequenzen aus dem Debakel des DFB in den vergangenen vier Jahren zog. Es ehrt den Mann, der den Strukturwandel 2004 als Teammanager zusammen mit Jürgen Klinsmann eingeleitet hat und der 18 Jahre lang als Manager für die Geschicke der Nationalmannschaft verantwortlich war.
Bierhoff ist für das miese Bild der DFB-Elf verantwortlich
Bierhoff hat nach dem Klinsmann-Abgang Joachim Löw installiert, ihm immer den Rücken freigehalten, er ist mit Weltmeister geworden, auch wenn er am Tor von Mario Götze in Rio ebenso wenig beteiligt war, wie jetzt an den Fehlschüssen von Jamal Musiala und den Patzern in der Abwehr bei dieser WM in Katar. Bierhoffs ist am sportlichen Scheitern nicht schuld, aber beteiligt.
Ihn für die mangelnde Ausbildung der Spezis Mittelstürmer und Abwehrspieler in Deutschland verantwortlich zu machen, wäre unfair, denn für die Ausbildung, waren andere zuständig, unter anderem ein DFB-Sportdirektor namens Hansi Flick. Sehr wohl aber ist Oliver Bierhoff für das miese Bild verantwortlich, das nach dem Weltmeistertitel rund um die Nationalmannschaft entstanden ist.
Der Manager trägt ein gehöriges Maß Schuld an dem öffentlichen Bild dieser Mannschaft, weil ihm Marketing-Maßnahmen offenbar wichtiger waren als der Kontakt zu der Basis. Bierhoff steht als Sinnbild dieser entrückten Nationalmannschaft. Sein Marketingslogan „Die Mannschaft“ stand für eine arrogante, protzige Fußball-Darstellung.
Abschotten, unter sich bleiben, sich seiner elitären Werte bewusst sein. Es sind so Kleinigkeiten, die diese Einschätzung belegen. Da installiert der DFB seine Kommunikationsabteilung neu und weder die Pressesprecherin, noch der Kommunikations-Direktor hielten es für nötig, sich bei den Journalisten neben einer Pressekonferenz zu zeigen, geschweige denn, an einem Medien-Empfang teilzunehmen. Einfach ungeschickt.
Wird ohne Bierhoff alles besser?
Als Krisen-Manager hat Bierhoff schon 2018 in der Affäre um Erdogan/Özil-Gündogan keine gute Rolle gespielt, diesmal hat er ebenfalls nicht geführt, als es wichtig gewesen wäre, die Mannschaft nicht mit den Querelen mit der Fifa zu belasten. Jeden Tag kursieren neue Internas über den Knatsch um die One-Love-Binde im Mannschaftsquartier. Eine gute Spielvorbereitung sieht anders aus.
Wird jetzt alles besser, wenn Bierhoff geht? Mitnichten.
Matthias Sammer, Fredi Bobic, Sami Khedira, das sind jetzt Namen, die in den Schnellschuss-Spekulationen gehandelt werden. Doch für Schnellschüsse ist die Lage zu prekär, wenngleich Sammer als Querdenker eine gute Lösung sein kann. Vor allem: Die Blicke konzentrieren sich jetzt auf Hansi Flick, der verantwortlich ist, für die verpasste Generalprobe im Oman, für die teilweise merkwürdigen Aufstellungen und falsche Auswechslungen.
Wie Bierhoff reiste auch er mit dem Gefühl aus Katar ab, dass er weiterhin Lust auf die Euro 2024 habe. Es wäre nicht das erste Mal, dass Hansi Flick von sich aus einen Schlussstrich zieht: Als Co-Trainer von Jogi Löw, als DFB-Sportdirektor und als Bayern-Trainer ist er jeweils freiwillig gegangen.