3:1 gegen den FC Augsburg, fünfter Sieg im siebten Saisonspiel, mit 15 Punkten Platz drei noch vor Meister Leverkusen – hört sich gut an und ist es auch. Nur einer bleibt ruhig, fast unterkühlt, einige Augenblicke vermittelt sein Gesicht die Freude, die ein Biss in eine Zitrone auslöst – was zum Teufel denkt sich Julian Schuster dabei?
Ja doch, der Trainer des SC Freiburg hat natürlich Emotionen und zeigt sie auch. Etwa dann, wenn der Schiedsrichterassistent an der Linie ein Abseits vergisst anzuzeigen, da kann er für ein paar Sekunden toben, als hieße er eigentlich gar nicht Julian Schuster, sondern Christian Streich. Was nochmal hatte der 39-Jährige gesagt nach seiner Bestellung zum Cheftrainer: „Es steckt sehr viel Christian in mir.“ Ein Schmunzeln ist erlaubt. Jubel nach Toren? Da sieht man schon mal, wie Schuster aus seinen Händen Fäuste werden lässt und den großen dunklen Augen Blitze der Freude entweichen.
Und Jubel nach einem Sieg und weiteren drei Punkten? Ein Lächeln kann man erkennen, in den Umarmungen mit seinen Spielern steckt Dank und Zufriedenheit, aber doch wird der Betrachter das Gefühl nicht los, als habe sich Herr Schuster bereits verabschiedet in die Analyse, was gut gewesen ist und eben nicht.
Schuster lobt Freiburger Geduld
Was gut gewesen ist gegen Augsburg? „Die Geduld“, sagt Schuster, dass seine Kicker in schwierigen ersten 30 Minuten nicht dem Drang erlagen, „mit dem Kopf durch die Wand zu wollen“. Dass sie nach dem 1:0 von Vincenzo Grifo, erzielt mit sattem 18-Meter-Schuss, beherzt nachsetzten und den Gegner binnen zwölf Minuten erlegten.
Das 2:0 durch perfekten Kopfball von Philipp Lienhart nach perfekter Eckballflanke von Grifo, das 3:0 von Christian Günter mit einem sensationellen 30-Meter-Schuss, weshalb der Kapitän ab sofort der „Hammer-Günni“ ist – für den Trainer und Analysten Julian Schuster ein Zeichen von hoher Qualität, nämlich, „dass sie klar, dass sie scharf blieben“. Jedenfalls bis zum Pausenpfiff.
Mit der zweiten Halbzeit ist Schuster weniger glücklich. Da erdreistet sich der Gegner, taktische Änderungen vorzunehmen, und schon kommt sein Team ins Schwimmen. Phillip Tietz erzielt das erste Augsburger Auswärtstor dieser Saison, nur noch 3:1, und hätte SC-Torhüter Atubolu nicht zweimal glänzend pariert, wer weiß, was noch passiert wäre. „Noah hat uns den Zwei-Tore-Vorsprung gehalten“, lobt Schuster den Keeper, während er für einen seiner Besten, Vincenzo Grifo, einen Tadel parat hält. Topform, Superspiel? „In der ersten Halbzeit schon, in der zweiten gab‘s Steigerungspotenzial“, sagt der SC-Trainer. Auf den Hinweis, da habe Grifo aber einige Male gezaubert, meint Schuster trocken: „Brauchen wir nicht.“
Grifo widmet Tor den Töchtern
So ist das in Freiburg, nichts geht gegen das immerwährende Lernen. Deshalb ist nach dem Sieg gegen Augsburg oft vom St. Pauli-Spiel die Rede, bei dem man dem Gegner ins offene Messer gelaufen war. „Komplett gepennt“ habe man da, sagt Noah Atubolu. „Da gab‘s einiges aufzuarbeiten“, erklärt Maximilian Eggestein. „Jede Niederlage ist eine Chance, um zu lernen“, doziert Julian Schuster. Zwischenfazit: Hat geklappt! Und dass Zauberer Grifo sein Tor Tochter Giulia widmet, weil es „der Kleinen gerade nicht so gut geht“ und diese Geste auch auf die größere Tochter Emilia ausweitet, „weil die sonst böse mit mir ist“, dagegen hat niemand etwas auszusetzen. Bestens, denn gute Laune so auszudrücken, hemmt keinen Lernprozess. Eher im Gegenteil.