Vielsprachig und vielfältig – so wollen viele Mannschaften bei dieser EM rüberkommen. Die Schweiz hat deshalb rund um ihr Quartier im Stadtteil Degerloch zahlreiche Transparente gespannt, auf denen Granit Xhaka und Kollegen in den vier Amtssprachen Französisch, Deutsch, Italienisch und Rätoromanisch grüßen. Denn mit dem Synonym „Nati“ können nur die vorrangig Deutsch sprechenden Schweizer etwas anfangen. Viele finden „Rossocrociati“ (Rote Kreuze) passender. Kommt aus dem Italienischsprachigen und bezieht sich auf die Flagge der Schweiz.
Wenn Deutschland nun diese EM 2024 am Freitag eröffnet, ist ihr Markenbegriff „Die Mannschaft“ seit fast zwei Jahren offiziell beerdigt. Zu unnahbar, zu abgehoben – und überdies war die DFB-Elf in jener Phase nicht erfolgreich. Wenn es nun jetzt zuerst gegen Schottland geht, ist der Gegner als „The Tartan Army“ in aller Munde, was aber nicht der Spitzname der Mannschaft ist.
Gemeint sind die schottische Fans. Urheber ist Andy Camerons Lied bei der WM 1978, als „Ally‘s Tartan Army“ besungen wurde: Ally stand für den damaligen Manager Ally MacLeod, und Tartan ist bekanntlich das traditionelle, gemusterte schottische Tuch, das zu den verschiedenen Clans gehört.
Oft sind die Bezeichnungen der Nationalteams direkt mit der (Fußball)-Geschichte verknüpft. Die Belgier werden in mehreren Sprachen als die Roten Teufel bezeichnet, was auf eine fast 120 Jahre alte Begebenheit zurückgeht: Bei einem Derby gegen die Niederlanden im Jahr 1905 berichtete die niederländische Presse, dass einige belgische Spieler „wie Teufel“ zu Werke gehen würde.
In Spanien ist neben dem Begriff „La Roja“ auch von „La Furia Española“ die Rede. Hintergrund: Die spanische Mannschaft, die 1920 bei den Olympischen Spielen in Antwerpen die Silbermedaille gewann, wurde wegen ihres wilden, aggressiven und direkten Stils und ihrer roten Trikots so genannt.
Auch das Tierreich ist in verschiedensten Ausführungen vertreten. Von den drei Löwen („Three Lions“) aus England, über die Falken („Sokoli“) der Slowakei bis hin zu den drei EM-Teams, die sich auf den Adler berufen: Albanien („Shqiponjat“), Serbien („Orlovi“) und Polen (Orly“). Hahnenkämpfe im deutschen EM-Luftraum um die Deutungshoheit nicht ausgeschlossen.
In dieses Machtgehabe passen auch noch die Georgier als EM-Neuling, die sich auch „Jvarosnebi“, Kreuzritter nennen. Weiß und Rot des georgischen Trikots sind eine Anspielung auf die Farben der georgischen Nationalflagge, die auch die Farben des Schutzpatrons des Landes, des Heiligen Georg sind.
Es geht auch aber über die reine Farbenlehre. Gegen „Les Bleus“ (Die Blauen) als Begriff fürs Team der Franzosen ist nichts einzuwenden, weil Blau nun einmal tief in der Geschichte des Landes verwurzelt ist. Und „Oranje“ ist sowieso ein Markenbegriff. Wer es nicht weiß: Die Farbe Orange symbolisiert die königliche Familie der Niederlande, das Haus Oranje, daher auch die farbenfrohen Trikots und der niederländische Spitzname. Sollte ja eigentlich jeder Fußballfan längst kennen.