Nun ist es tatsächlich so weit. Die Bundesligapartie gegen den FC Augsburg am Sonntag (17.30 Uhr) ist das letzte Pflichtspiel des SC Freiburg im Dreisamstadion. Das nächste Bundesliga-Heimspiel gegen RB Leipzig steigt dann am Samstag, 16. Oktober, um 15.30 Uhr im neuen Europa-Park-Stadion. Davor schon findet im Rahmen eines Testspiels gegen den FC St. Pauli am Donnerstag, 7. Oktober, um 18.30 Uhr die offizielle Einweihung statt.

Anlässlich des Auszugs aus dem alten Stadion gibt es sogar ein T-Shirt.
Anlässlich des Auszugs aus dem alten Stadion gibt es sogar ein T-Shirt. | Bild: Mittmann, Ralf

Tschüss Dreisamstadion (der Sportclub hat sogar ein T-Shirt aufgelegt) – das Spiel gegen Augsburg ist das 360. in der Bundesliga, dazu kickte der Sportclub 406 Mal in der Zweiten Liga in seiner guten Stube im Freiburger Osten. Fast fünf Meter zu kurz ist der Platz, von Süd nach Nord gibt es ein Gefälle von gut einem Meter. „Deswegen spielen wir die zweite Hälfte immer bergab in Richtung unserer Fans“, sagt Nils Petersen, der Freiburger Rekordtorjäger.

Das Dreisamstadion im Jahr 1999.
Das Dreisamstadion im Jahr 1999. | Bild: Rolf_Haid

Das Stadion an der Dreisam, über dem von Norden her die Tannenwipfel hereinlugen, als würden sie sich für Fußball interessieren, „unsere Höhle“, wie SC-Trainer Christian Streich die putzige Arena nannte mit ihren vier unterschiedlichen Tribünen, die alle zu unterschiedlichen Zeiten gebaut wurden. Schrullig? Eigenartig? Irgendwie passte hier wohl genau deshalb alles zusammen, weil eigentlich nichts zusammenpasste – ein Unikat eben im deutschen Profifußball. Wenn Steine reden könnten, welche Geschichten würden sie erzählen? Vielleicht diese? Wir versuchen es mit einem subjektiven Rückblick auf die elf besten, spannendsten oder auch verrücktesten Heimspiele des Sportclubs im Dreisamstadion, das in seiner langen Geschichte nicht immer so hieß, sondern aus finanziellen Gründen auch Badenova-, Mage-Solar- und zuletzt Schwarzwaldstadion.

1. Das erste Bundesliga-Spiel

Samstag, 14. August 1993: Im ersten Bundesliga-Heimspiel erwartet der SC Freiburg Wattenscheid 09. Nach dem 1:3-Auftakt beim FC Bayern München will Trainer Volker Finke den ersten Sieg einfahren – seine Kicker erledigen die Aufgabe mit Bravour. Zweimal Altin Rraklli, Christian Simon und Damir Buric besorgen die Tore zum 4:1. Mit Finke lässt sich nach der Begegnung entspannt im Vier-Augen-Gespräch über den fulminanten Auftritt Rrakllis plaudern – undenkbar heute.

2. Ein wahres Pokal-Spektakel

Samstag, 11. September 1993: Das DFB-Pokal-Spiel gegen Eintracht Frankfurt ist Fußball auf höchstem Niveau. Die Freiburger besiegen bärenstark aufgestellte Hessen (u.a. Stein im Tor, Binz als Libero, im Mittelfeld Bein und Gaudino, im Angriff Furtok und Yeboah) mit 5:3 nach Verlängerung. Im SÜDKURIER werden alle Freiburger Spieler erwähnt – weil es ungerecht gewesen wäre, einen hervorzuheben.

Der Freiburger Stefan Müller (dunkles Trikot) hat Schieflage. Der SC Freiburg gewann 1993 ein spektakuläres Pokalspiel gegen Frankfurt ...
Der Freiburger Stefan Müller (dunkles Trikot) hat Schieflage. Der SC Freiburg gewann 1993 ein spektakuläres Pokalspiel gegen Frankfurt mit 5:3. | Bild: Albert_Schmidt

3. Triumph über die Bayern

Dienstag, 23. August 1994: Die Bayern kommen mit breiter Brust und gehen mit gesenkten Häuptern. Schon nach 18 Minuten führt der SC mit 3:0, am Ende heißt es 5:1! Rodolfo Cardoso erzielt zwei Treffer und wird von den Fans musikalisch gefeiert: “Die Sonne scheint bei Tag und Nacht, eviva Ro-dol-fo“. Am 27. November 1993 gab es schon ein 3:1 und danach auch am 9. März 1996. Drei Heimsiege gegen die Bayern in Folge! Der nächste sollte erst wieder 2015 kommen...

4. Der legendäre Golfball-Wurf

Mittwoch, 12. April 2000: Wieder die Münchner zu Gast. In einem hektischen Spiel, in dem Münchens Kuffour schon nach 17 Minuten mit Rot vom Platz muss, steht es nach Toren von Levan Kobiashvili (17.) und Jancker (23.) bis zur 87. Minute 1:1, ehe Schiedsrichter Kemmling einen schmeichelhaften Elfmeter für die Gäste pfeift. Scholl verwandelt zum 2:1, danach ist die Atmosphäre im Stadion vergiftet. Die negativen Schwingungen finden ihren unrühmlichen Höhepunkt in der Schlussminute. Bayern-Torwart Oliver Kahn wird von einem Golfball getroffen, geht zu Boden, spielt dann blutverschmiert zu Ende. Die Polizei erwischt den Täter, es ist ein 16-jähriger SC-Fan. Er habe Kahn nicht verletzen wollen, sagt der Bursche vor Gericht aus – und kommt mit einer Verurteilung zu 30 Stunden gemeinnütziger Arbeit davon.

Ein verletzter Bayern-Torhüter Oliver Kahn, nachdem ihn ein Golfball getroffen hatte.
Ein verletzter Bayern-Torhüter Oliver Kahn, nachdem ihn ein Golfball getroffen hatte. | Bild: Rolf Haid

5. Die Roten Teufel werden demontiert

Sonntag, 22. April 2001: Der SC Freiburg demontiert den 1. FC Kaiserslautern. Nach einer grandiosen ersten Halbzeit steht es 5:0! Die Torschützen sind Vladimir But (2), Adel Sellimi, Zoubaier Baya und Levan Kobiashvili. Am Ende heißt es nur noch 5:2, aber was in Erinnerung bleibt, sind die ersten 45 Minuten!

6. Der erste Streich

Samstag, 21. Januar 2012: Der erste Auftritt von Christian Streich als Sportclub-Trainer. Die Freiburger stehen abgeschlagen am Tabellenende, müssen das erste Rückrundenspiel gegen den FC Augsburg unbedingt gewinnen. In der 70. Minute wechselt Streich das SC-Eigengewächs Matthias Ginter ein – und der Jungspund, der zwei Tage zuvor 18 geworden war, köpft in seinem ersten Bundesligaspiel in der 88. Minute das 1:0-Siegtor. Für Streich „einer der herausragenden Momente im alten Stadion“.

Daumen hoch von Christian Streich in seinem ersten Spiel als Cheftrainer des SC Freiburg. Es sollte in der Folge noch das ein oder ...
Daumen hoch von Christian Streich in seinem ersten Spiel als Cheftrainer des SC Freiburg. Es sollte in der Folge noch das ein oder andere Spiel dazukommen. | Bild: Uli Deck

7. Hier kommt Petersen!

Samstag, 31. Januar 2015: Vorhang auf für Nils Petersen! Zur Halbzeit steht es 0:1 gegen Frankfurt, der von Werder Bremen ausgeliehene Stürmer kommt für Julian Schuster ins Spiel. Nach dem Ausgleich durch Vladimir Darida erzielt Petersen drei Tore zum 4:1-Sieg. Hattrick, sensationell!

8. Tollhaus an der Dreisam

Samstag, 16. Mai 2015: Vorletzter Spieltag, ein Sieg gegen die Bayern könnte der Klassenerhalt für die Freiburger sein. Tatsächlich gewinnen sie 2:1. Petersen erzielt das Siegtor in der 89. Minute, das Stadion ist ein Tollhaus, Christian Streich zeigt Känguru-Hüpfer, “dieser Moment war der lauteste im alten Stadion“, sagt der Trainer im Rückblick. Doch trotz des Sieges steigt der SC nach einem 1:2 in Hannover ab.

Nils Petersen (am Boden) erzielt den späten Siegtreffer gegen Bayern München.
Nils Petersen (am Boden) erzielt den späten Siegtreffer gegen Bayern München. | Bild: Patrick Seeger

9. Winterspiele in Freiburg

Montag, 7. März 2016: Im dichten Schneetreiben gewinnt der SC Freiburg das Gipfeltreffen der 2. Bundesliga gegen Leipzig mit 2:1, die Weichen zum direkten Wiederaufstieg sind gestellt. Christian Streich bezeichnet heute den Gang in die 2. Liga und die gelungene Saison im Unterhaus als „im Nachhinein fast ein Glücksfall“. Nils Petersen steuert 21 Tore zur Bundesliga-Rückkehr bei und ist inzwischen mit 95 Treffern Freiburgs Rekordtorschütze.

10. Last-Minute-Tor von Höler

Samstag, 28. April 2018: Wieder Abstiegskampf. Gegen Schlusslicht Köln führt der SC 2:0, aus dem Nichts gleicht Bittencourt aus (82./87. Minute). Dann fliegt in der Nachspielzeit ein Freistoß von Nicolas Höfler in den Strafraum zu Robin Koch, der köpft den Ball quer durch den Fünfmeterraum, wo ihn Lucas Höler ins Tor bugsiert – 3:2 im letzten Moment. Zwei Wochen später wird mit dem 2:0 gegen Augsburg der Klassenerhalt gefeiert.

11. Skandal an der Seitenlinie

Sonntag, 10. November 2019: Der SC Freiburg besiegt Eintracht Frankfurt durch ein Petersen-Tor mit 1:0, doch das ist Nebensache. Denn in der Nachspielzeit rennt Frankfurts David Abraham dem Ball nach, der ins Seitenaus gerollt ist, und rammt dabei SC-Trainer Christian Streich zu Boden. So etwas hat es in der Bundesliga noch nicht gegeben. Abraham sieht von Schiedsrichter Brych Rot, ebenso Freiburgs Vincenzo Grifo, der auf Abraham losgegangen ist. Und Streich? Der beruhigt die Szene und attestiert Abraham nur “ein besonderes Temperament“.

Christian Streich, niedergestreckt von David Abraham.
Christian Streich, niedergestreckt von David Abraham. | Bild: Patrick Seeger