Signale der Entspannung im Handelsstreit zwischen China und den USA, die Konturen eines geregelten Brexit am Horizont und Bürger, die sich ihre Konsumlaune nicht vermiesen lassen – kurz nach dem Jahreswechsel scheint sich das düstere Bild der Wirtschaft wenigstens etwas aufzuhellen.
Was bringt die Digitalisierung?
Auf dem gemeinsamen Neujahrsempfang der Handwerkskammer Konstanz (HWK) und der Industrie- und Handelskammer Hochrhein-Bodensee (IHK) im Konstanzer Bodenseeforum hat die regionale Wirtschaft die Chancen betont, die das neue Jahr trotz aller Unsicherheiten birgt, allerdings auch nachdenkliche Töne angeschlagen.
Kennzeichen der Zeit sei der Wandel in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft, der sich mit einer ungeheuren Geschwindigkeit vollziehe, sagte IHK-Präsident Thomas Conrady vor rund 1000 versammelten Gästen.

Die „technologischen Wurzeln“ dessen lägen in der Digitalisierung. Den Veränderungen mit „Widerstand, Angst und Beharrungskräften“ zu begegnen, sei aber die falsche Reaktion. „Wer heute weitermacht wie bislang, wird in naher Zukunft einen unaufholbaren Rückstand verkraften müssen“, sagte er.

„Veränderungsintelligenz“ zu zeigen – also die Herausforderungen aufzugreifen und die richtigen Schlüsse daraus zu ziehen – sei das Gebot der Stunde. Dann sei die Digitalisierung, die Branchen wie dem Einzelhandel im Moment schwer zusetzt, keine Gefahr, sondern eine „immense Chance“, sagte er. Hektik sei in jedem Fall fehl am Platz. Ruhe bewahren und klug zu handeln, die richtige Strategie.

Der Gastredner des Abends, Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn, betonte in seiner Rede die Stärken des Standorts. „Dank harter Arbeit, Wissen und Erfindungsreichtum ist Baden-Württemberg zu einer der wirtschaftlich stärksten Regionen Europas geworden“, sagte der Luxemburger.
Zudem verwies er auf die Bedeutung der EU, insbesondere für einen Exportstandort wie den Südwesten. Um die Errungenschaften der Union zu wahren, müsste sich Europa aber „wehrhaft und in gewissem Sinne intolerant“ gegenüber denjenigen zeigen, die an ihrem Fundament rüttelten, sagte er unter Applaus der Gäste mit Blick auf eine sich formierende neue Rechte in Europa.

Die Flüchtlingsfrage bezeichnete er als eine zentrale Herausforderung für Europa. Dass die EU bei der Aufnahme von Flüchtlingen auf Freiwilligkeit gesetzt habe, bezeichnete er als „großen Fehler“.

Zum jahrelangen Streit mit der Schweiz um ein Rahmenabkommen sagte Asselborn, es wäre „fatal“, sollte die Eidgenossenschaft das Abkommen ablehnen. Das Rahmenabkommen müsse gelingen, sonst verlören beide Seiten. Die Auswirkungen wären beispielsweise eine Einschränkung der Personenfreizügigkeit.

Der neue Präsident der Handwerkskammer Konstanz, Werner Rottler, betonte ebenso wie die übrigen Redner die Bedeutung von Klimaschutz und Nachhaltigkeit für die Zukunftsfähigkeit der Unternehmen. „Klimaschutz ist ein riesiges Gemeinschaftsprojekt, in dem wir in Deutschland oft als Vorreiter gesehen werden. Viele warten weltweit auf ein Signal von uns“, sagte Rottler, der das Handwerk hier in einer führenden Position sieht.“

Von Deutschland hänge in Sachen Klimaschutz viel ab. „Die Natur macht uns gerade harte Ansagen“, sagte Conrady. Es gelte schnell zu handeln.

Rottler betonte ebenso wie Conrady die Bedeutung des Mittelstands und der Dualen Ausbildung für die heimische Wirtschaft. Beides sei „in Europa und weltweit etwas Einzigartiges“, hieß es. Man müsse die hegen und pflegen. Mit der teilweisen Wiedereinführung der Meisterpflicht sei ein Schritt in die richtige Richtung gemacht.