Es klingt zu schön, um wahr zu sein: 462 PS, Beschleunigung von null auf 100 in fünf Sekunden, mehr als 250 Sachen Spitze und das Ganze bei einem Kraftstoffverbrauch von gerade mal gut drei Litern.

Kann so etwas sein? Ja – zumindest, wenn man den Angaben von Porsche für seinen neuen Geländewagen Cayenne E-Hybrid glaubt. Für die eindrucksvollen Leistungs- und Verbrauchsdaten gibt es sogar eine ganz offizielle Bestätigung: das deutsche Energieeffizienzlabel. Auf dem Schildchen mit den farbigen Balken, das beim Kauf von Elektrogeräten, aber auch bei Autos, mitgeliefert wird, erhält der 2,4-Tonnen-Riese die Bestnote: A+

Wie wird der Energieverbrauch gemessen?

„Etwas ungewöhnlich“ sei das schon, sagt Marianne Zünd, Sprecherin des Eidgenössischen Bundesamts für Energie (BFE). Zumal die Schweizer Behörden exakt dasselbe Auto mit der sehr schlechten Umwelt-Note G bewerten. Gleiches gilt übrigens auch für andere Fabrikate, etwa den Audi-Geländewagen Q7 Hybrid, den Schwedenrenner Volvo XC 90, sowie die noblen Reiselimousinen Porsche Panamera und BMW 740e.

BMW 740e: Der kleine E-Motor reicht für sehr gute Noten in Deutschland.
BMW 740e: Der kleine E-Motor reicht für sehr gute Noten in Deutschland. | Bild: dpa, Montage: Bernhardt

Bedingung ist immer, dass unter der Motorhaube neben dem Verbrennungsmotor auch ein kleiner E-Motor surrt. Alle diese Fahrzeuge sind in Deutschland beim Spritverbrauch top, in der Schweiz aber flopp.

Viel Speck auf den Rippen, daher schlechte Effizienzwerte in der Schweiz: Volvo XC90 Hybrid.
Viel Speck auf den Rippen, daher schlechte Effizienzwerte in der Schweiz: Volvo XC90 Hybrid. | Bild: dpa, Montage: Bernhardt
In Deutschland erstklassig, in der Schweiz nur mäßig: Panamera-Hybrid von Porsche.
In Deutschland erstklassig, in der Schweiz nur mäßig: Panamera-Hybrid von Porsche. | Bild: Porsche AG, Montage: Bernhardt
Cayenne Hybrid von Porsche: Bestnote hierzulande, durchgefallen in der Schweiz.
Cayenne Hybrid von Porsche: Bestnote hierzulande, durchgefallen in der Schweiz. | Bild: dpa, Montage: Bernhardt

Warum aber stufen die deutschen Behörden die Gefährte als sehr sparsam und umweltfreundlich ein, während die Schweizer ihnen den Stempel des spritschluckenden Klimakillers aufdrücken?

Woher kommen die unterschiedlichen Einschätzungen?

Tatsächlich hat die Schweiz das Energieeffizienzlabel der EU vom Prinzip her zwar übernommen, legt aber ganz andere Maßstäbe für Klimafreundlichkeit zugrunde als das etwa Deutschland tut. Die hiesige Einteilung der Effizienzklassen basiert rein auf dem Gewicht und dem Kraftstoffverbrauch, der gleichbedeutend mit dem CO2-Ausstoß eines Fahrzeugs ist.

Das Schweizer Label ist viel umfassender. Zusätzlich zum Spritdurst rechnen die Eidgenossen mit ein, wie viel Energie für die Herstellung der Treibstoffe anfällt. Dabei wird der Transport des Rohöls aus Saudi-Arabien ebenso betrachtet wie der Energieaufwand durch Raffiniereprozesse. Sogar der Energieaufwand für den Bau der Betonstaumauer bei der Verwendung von Wasserkraftstrom geht ins Schweizer Label mit ein.

Für die Energiebilanz von E-Autos, die immer wichtiger werden, ist das entscheidend. Man halte das für die aussagekräftigere, weil umfassendere Methode, sagt Expertin Zünd vom BFE. Tatsächlich folgen die Schweizer damit einer Forderung von unabhängigen Umweltexperten. Diese kämpfen seit Jahren dafür, Energieverbräuche von Anfang bis Ende durchzurechnen und nicht nur den Spritdurst des Motors zu bewerten.

Auf dem Prüfstand wird gemogelt

In Deutschland erhalten tonnenschwere Boliden aber nicht nur wegen anderer Meßmethoden ein glänzendes Umweltzeugnis, sondern auch, weil bei Messungen auf dem Prüfstand getrickst werden darf. Insbesondere Hybridfahrzeuge mit Verbrennungs- und E-Motor erhalten hier durch die Bank Bestnoten. Der Grund: Bei dem Verbrauchs-Test wird eine fixe Strecke abgefahren. Diese ist allerdings so kurz, dass selbst ein sehr kleiner E-Motor auch große Fahrzeuge ins Ziel bringt, ohne dass der Verbrennungsmotor zugeschaltet werden muss. Dabei wird angenommen, dass hundertprozentiger Ökostrom in die Batterien fließt, obwohl der Kunde natürlich auch billigen Atom- oder Braunkohlestrom tanken kann. Dieses Vorgehen führe zwingend zu „sehr tiefen CO2-Emissionen und einer entsprechend guten Einstufung bei dem Effizienzlabel“, sagt Expertin Zünd.

Beim Verband der deutschen Automobilindustrie (VDA) hält man ebenso wie bei Porsche das deutsche Label für aussagekräftig. Immerhin ermögliche es „klare und nachvollziehbare Eingruppierungen“ von Fahrzeugen.

Pikanterweise sind die Unzulänglichkeiten des bisherigen Testverfahrens seit Langem bekannt, weswegen die Zulassung von Autos seit September 2018 an strengere Kriterien gekoppelt worden ist. Mit dem neuen, sogenannten WLTP-Testzyklus sollen Spritverbrauch und CO2-Ausstoß realitätsnäher dargestellt werden. Paradoxerweise wird das auf das Effizienzlabel aber zunächst keine Auswirkungen haben. Bis weit ins Jahr 2019, werde hier weiter nach den alten, laxen Regeln gerechnet, wie es aus der Branche heißt.

Bis dahin bleibt umweltbewußten Autokäufern aus Deutschland also nichts anderes übrig, als in einem Schweizer Autohaus vorbeizuschauen, um sich über die wahre Öko-Bilanz ihres Wunschautos zu informieren.

In Deutschland top, in der Schweiz flop

Deutsche und Schweizer Behörden messen den Spritverbrauch und damit auch den Klimagas-Ausstoß (CO2) unterschiedlich. Allgemein gilt, dass die Eidgenossen die Klimabilanz viel umfassender bewerten. In Deutschland als top gelabelte Autos (links) sind daher in der Schweiz nur flopp.