Dr. Thomas Domjahn

Frauen verdienen in Deutschland ein Fünftel weniger als Männer. Auf diese Gehaltslücke macht der "Equal Pay Day" (Tag der gleichen Bezahlung) am Samstag aufmerksam. Der Aktionstag markiert symbolisch die Lohnlücke zwischen den Geschlechtern: Die durchschnittliche Entgeltdifferenz von 21 Prozent soll einem Zeitraum von 77 Kalendertagen im Jahr entsprechen. Doch für die Ungleichheit gibt es eine Reihe von Gründen.

  • Berufswahl: Frauen wählen tendenziell eher schlecht bezahlte Berufe im Dienstleistungsbereich. In Industrieberufen, in denen sich richtig gut verdienen lässt, wie beispielsweise als Ingenieur, Informatiker oder Physiker sind Frauen unterrepräsentiert. In schlecht bezahlten Jobs wie als Friseur, Kindergärtner, Grundschullehrer oder Reinigungskraft gibt es dagegen mehr Frauen als Männer.
  • Teilzeitarbeit: Viele Frauen arbeiten nur in Teilzeit. Das macht es schwierig, auf der Karriereleiter nach oben zu klettern. Denn wer richtig Karriere machen will, tut dies in der Regel im Vollzeitmodus. Wer nicht genug Berufserfahrung vorweisen kann, hat es schwerer in eine Führungsposition zu kommen.
  • Erziehungszeiten: Mütter kümmern sich – trotzt Elternzeit auch für Männer – nach wie vor mehr um den Nachwuchs als Väter. Dies ist teilweise biologisch begründet. Denn gerade kurz nach der Geburt haben Frauen einen engeren Kontakt zu ihren Kindern als die Väter.
    Durch die berufliche Auszeit verlieren viele Frauen in der entscheidenden Karrierephase den Anschluss.
  • Verhandlungsgeschick: Viele Frauen scheuen sich, ihre Forderungen offensiv zu stellen. Männer gingen die Verhandlung eher sportlich an, sagt Claudia Kimich, Gehalts-Coach und Buchautorin. Frauen fehle häufig eine konkrete Vorstellung, und sie haben auch meist keinen Wechselwillen, um bei einem anderen Unternehmen mehr Lohn zu bekommen. Wichtig sei deshalb, eine konkrete Planung zu machen, was man in den kommenden Jahren finanziell erreicht haben will, sagt Kimich.
  • Diskriminierung: Wenn man all diese Punkte berücksichtigt, bleibt immer noch ein harter Kern an echter Diskriminierung. Diese liegt allerdings deutlich unter dem von Aktivisten genannten Prozentsatz von 21 Prozent. Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) errechnete eine Lohnlücke von 6,6 Prozent – das sei einer der niedrigsten Werte in der Europäischen Union.
  • Die Lösung: Bis zu einem gewissen Grad wird sich das Problem von alleine erledigen. Denn viele der nach 1980 geborenen Frauen, die der sogenannten Generation Y zugerechnet werden, tragen ihre Interessen offensiver als die Vorgängergeneration vor. Auch in der Karriereplanung, der Selbstvermarktung und der Weiterqualifikation durch Auslandsaufenthalte oder Fremdsprachen sind immer mehr Frauen den Männern ebenbürtig oder sogar erfolgreicher. Darüber hinaus will die Politik die Gehaltslücke aktiv bekämpfen.
    So will Familienministerin Manuela Schwesig ein Gesetz auf den Weg bringen, das einen Auskunftsanspruch für Frauen garantiert. Frauen dürfen demnach in ihrem Unternehmen erfragen, was Kollegen, die das Gleiche machen, im Schnitt verdienen. Dies könnte eine gute Grundlage für Gehaltsverhandlungen sein, so die Idee. Kritiker sprechen von einem Bürokratiemonster. Auch der Soziologe Thomas Hinz von der Universität Konstanz sieht den Gesetzentwurf kritisch. Das Zurschaustellen der schlechteren Bezahlung von Frauen könne dazu führen, dass stereotype Vorstellungen verinnerlicht und damit zementiert würden.
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